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Von Herbligen an die BEA: Tom Eisenhut bringt «Kühe auf Lehm» mit

Andere transportieren ihre Kühe im Viehanhänger an die BEA. Tom Eisenhut stapelt sie aufeinander: Seine Kühe sind auf Lehm gemalt. Das Malen hat der gelernte Zimmermann nach einem Herzstillstand zu seiner Herzensangelegenheit gemacht. Der Künstler malt auf Edellehmputz, manchmal ganz gross auf Wände, und an der BEA in Bern auch vor Publikum.

Tom Eisenhut in seinem Atelier: Diese Bilder kommen mit an die BEA (Foto: cw)
Es riecht nach altem Eichenfassholz: Daraus schreinert Tom Eisenhut Bilderrahmen. (Foto: cw)
Poesie in Lehm: Tom Eisenhut malt mit Lehmfarbe kraftvolle Kühe und filigrane Gräser. (Foto: zvg)
Skye, der Schottische Hochlandbulle, ist eines seiner persönlichen Lieblingsmotive. (Foto: zvg)

In der Werkstatt im Erdgeschoss des alten Bauernhauses in Herbligen riecht es intensiv nach altem Holz. Und ganz schwach nach Rotwein. Tom Eisenhut lacht, dann hebt er eine dunkelrot gefärbte Eichenholzbohle auf und erklärt: «Das ist eine alte Fassdaube, getränkt mit Wein. Und hier», er zeigt auf die glitzernden Punkte, «glänzt noch ein bisschen Weinstein.»

 

Der Künstler strahlt. Mit solch speziellen Materialien, die schon ein Vorleben hatten, baut er einzigartige Bilderrahmen. Manchmal lässt er auch rostige Fassreifen zu einem Rahmen handschmieden, und zwar von seinem Kollegen Walter Amrhyn von Walter's Wood Idea, der ihn übrigens auch an die BEA begleiten wird: «Das erzielt einen enorm lebendigen Effekt.»

 

Schottische Highlander auf Lehm

Diese lebendigen Rahmen passen perfekt zu Eisenhuts naturverbundenen Gemälden: Er malt mit Vorliebe Kühe – Freiburger, Simmentaler, Braunvieh oder Schottische Hochlandrinder, manchmal auch Ziegen, Esel, Hirsche oder Bäume. Und auf Bestellung auch Porträts. Erdig und harmonisch wirken die Bilder in Naturtönen, Eisenhut malt sie mit eingefärbter Lehmerde und Quarzsand auf Edellehmputz.

 

Die Technik mit dem Lehmputz, den er auf einem Holzbrett aufzieht, hat er selbst ausgetüftelt. Und er wird auch dieses Jahr wieder an der BEA in Bern vorführen, wie sich auf diesem Untergrund malen lässt: Von mittags bis abends wird er mit feinen Pinseln Tierhaare oder mystische, feine Gräser malen. Die Besucher:innen, das hört er immer wieder, lieben es, ihm beim Malen zuzuschauen. «Es wirkt meditativ und berührt die Leute offenbar.»

 

Bulle Skye reist mit an die BEA

In seinem Atelier im Erdgeschoss stehen sechs grosse neue Bilder, die Tom Eisenhut stapeln und an die BEA transportieren wird. Dort wird er sie vor Publikum fertig ausarbeiten. Mit dabei ist ein halbvollendetes Bild von Skye, dem stattlichen Schottischen Highlandbullen. Er ist eines von Eisenhuts Lieblingsmotiven.

 

Ungefähr 50 Bilder stehen momentan auf Eisenhuts Auftragsliste. Es läuft ihm gut mit dem Malen, das er zu seinem zweiten Beruf gemacht hat. Zu einem Beruf, mit dem er seine Familie mit den beiden «einmaligen Töchtern» (11 und 13 Jahre alt) ernähren kann, wie er glücklich sagt. Eisenhut bezeichnet sich selbst als «Kunsthandwerker, der etwas Schönes kreiert, das mir gefällt und andere verzaubert». Er überlegt kurz, dann lächelt er. «Und in Glücksmomenten bin ich ein kleiner Künstler.»  

 

Als Schulbub zeichnete er leidenschaftlich gern

Während viele seiner Kund:innen einen «Original Eisenhut» wünschen, den es garantiert nur einmal so gibt, freuen sich andere, dass sie Motive auswählen und nach Wunsch anpassen können. Viele bestellen ihre eigene Lieblingskuh oder ein anderes Element, manchmal zusammen mit dem Porträt von Familienangehörigen.

 

«Sie freuen sich besonders darüber, weil diese Kompositionen sehr persönlich und daher für sie einzigartig sind», erklärt Eisenhut. Diese Originalbilder signiert er mit «Eisenhut». Wünscht jemand noch weitere Exemplare davon, vielleicht in einem anderen Format oder mit mehr Goldton, heissen die Bilder «Poesie in Lehm».

 

Dann wurde er kreativer Zimmermann

Zum Malen als Beruf, inzwischen seine Herzensangelegenheit, hat er allerdings auf Umwegen gefunden. Ein leidenschaftlicher Zeichner sei er zwar schon als Kind gewesen, erzählt er. «In der Steiner-Schule wird das zum Glück grossgeschrieben, und ich hatte einen sehr inspirierenden Zeichnungslehrer.»

 

An eine Kunstgewerbeschule wagte er sich dennoch nicht, stattdessen liess er sich zum Zimmermann ausbilden: Auch das ein kreativer Beruf mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten.

 

Mit Timbertom baute er Blockhäuser …

Als junger Berufsmann gründete Tom Eisenhut die Firma Timbertom GmbH und baute mit seinem Team viele Jahre lang Blockhäuser, Massivholzmöbel und Holztreppen.

 

Vor 14 Jahren kaufte Eisenhut, der ursprünglich aus dem Appenzellerland kommt, in Herbligen für sich und seine Frau Monika ein altes Bauernhaus, das er grossteils selbst renovierte. Er entwickelte einen besonderen Lehmputz, der die Räume heimelig und warm wirken lässt, und verputzte die Wände damit. Der Effekt überraschte sogar ihn, und Gäste der Familie reagierten begeistert: Viele bestellten ebenfalls einen «Putz à la Tom», das Geschäft mit Holz und Lehmwänden lief rasant.

 

… bis auf einmal sein Herz still stand

Dann, vor zehn Jahren, der dramatische Einschnitt in seinem Leben: Tom Eisenhut erlitt einen schweren Herzinfarkt, sein Herz stand während mehreren Minuten still. Und auch sein bisheriges Leben, die vielen Aufträge, die Verantwortung für drei Angestellte, stoppte abrupt. «Ich musste wieder lernen, auf mein Herz zu hören», erzählt er nachdenklich. Drei Jahre lang sei er neben der Spur gewesen, habe gesucht, wie er sein «Leben danach» sinnvoll füllen kann. 

 

2017 nahm er erstmals an der Gartenbaumesse Giardina teil. «Damit fing vor sieben Jahren alles an», erzählt Eisenhut, und schmunzelt: Ja, die Siebnerzahlen liegen ihm gut, und dieses Jahr ist er 49 Jahre alt, die Sieben im Quadrat. Bei den Vorbereitungen für die Giardina habe er dann plötzlich gezögert: «Ich kann doch nicht einfach nackte Lehmwände hinstellen», ging ihm durch den Kopf. «Da laufen die Leute ja bloss vorbei.»

 

Vor sieben Jahren der Start als Maler

Kurzentschlossen packte Eisenhut deshalb seine Malutensilien ein, stellte sich an der Giardina vor die Lehmwand und pinselte zarte Magnolienblätter darauf. «Voll pionierhaft», schmunzelt er. Und das habe überraschend gut eingeschlagen. «Jedenfalls die Frauen waren sofort begeistert, während die Männer zehn Meter vorausgingen.» Aber ihn hatte es gepackt: Was eigentlich nur seine Lehmwände etwas dekorativer verkaufen sollte, wurde zu seiner Herzensangelegenheit. Und zum Verkaufshit.

 

2018 verkaufte er an der Herbstmesse in Zug sein allererstes Bild, eine Kuh in Schwarz/Weiss. «Und danach fing es an zu ‘räble’.» Gegenwärtig baut er in seinem Bauernhaus den Oberstock aus: In ein, zwei Jahren wird er dort nebst der Galerie, die er schon vor Coronazeiten im Appenzellischen eröffnet hatte, auch in Herbligen einen Galerieraum eröffnen.

 

Bei Dire Straits gerät er in den Flow

So sei eigentlich alles Schritt für Schritt gewachsen. Aber seine Aufträge kämen nicht von selbst, sagt er nachdrücklich. Um fünf Uhr aufstehen, malen, mit der Familie zu Mittag essen, bei einer Siesta auftanken und dann wieder bis in die Nacht hinein malen: «Ich arbeite viel.» Aber er geniesst auch die Freiheit, die er dabei hat, und die ihm erlaubt, dazwischen eine Runde zu joggen oder einfach aus dem Fenster ins Grüne zu schauen.

 

Oft hört er Musik beim Malen. «Dabei gerate ich total in den Flow», schwärmt er. Dire Straits und Mark Knopfler vor allem, «da geht es mit mir ab», dann vergisst er alles um sich. Aber er geniesst auch das Unterwegssein und ist gerne bei den Leuten. Deshalb bringt er seine fertigen Kunstwerke jeweils persönlich vorbei, platziert sie zusammen mit den glücklichen neuen Besitzer:innen  an der Wand und stösst mit ihnen darauf an. «Das ist etwas sehr Persönliches.»

 

Herzensglück in Atelier und Werkstatt

Tom Eisenhut trinkt seinen Kaffee aus, dann zieht es ihn wieder ins Erdgeschoss: In sein Atelier voller Farben, wo die neuen Lehmputz-Bilder darauf warten, dass er sie an der BEA fertigmalt. Und in die Werkstatt, in der er aus alten Weinfassdauben die neuen Rahmen dafür schreinert. Sie riechen intensiv nach Eichenholz und ganz leise nach Rotwein. Das bedeutet für ihn Herzensglück.

 

[i] Tom Eisenhut ist an der BEA anzutreffen, und zwar in der Halle 13 am Stand A011.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 03.05.2024
Geändert: 03.05.2024
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