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"150 Jahre Eisenbahn Konolfingen" Teil 9: Knochenmehl, Strom und Forellen aus Stalden

Am 31. Mai und 1. Juni 2014 feiert die Gemeinde Konolfingen mit einem grossen Fest "150 Jahre Eisenbahn Konolfingen". Die lange Geschichte wird mit einer Sonderausstellung, sie ist jeden ersten Sonntag und Mittwoch sowie jeden dritten Sonntag im Monat geöffnet, im Dorfmuseum nachgezeichnet. BERN-OST blickt in einer Serie auf die Geschichte zurück - und auf das Bahnhoffest voraus.

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Bahnhof Stalden. (Bilder: zvg)
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Knochenstampfe.
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Ehemalige Brückenwaage.
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Fischzucht.
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Lastwagen Fischzucht.
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Stalden war zur Eröffnung der Burgdorf-Thun-Bahn (BTB) ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. 1899 feierte die Bevölkerung ihren Bahnhof Stalden-Dorf. Erst 1911 wurden an der Südseite Fenster eingebaut.

 

Die Burgdorf‒Thun‒Bahn kannte zwei Bahnhofstypen. Der „grosse“ und der „kleine“ Typ. Die Aufnahmegebäude vom kleinen Typ „Stalden“ stehen auch in Schafhausen, Bigenthal und Brenzikofen.

 

Bei der Eröffnung prangten drei Sprüche am Bahnhofgebäude und einer am Güterschuppen. Mit dem Spruch am Güterschuppen wurde eine Waage gefordert. Diese Brückenwaage, auf der ganze Güterwagen gewogen werden konnten kam 1902. Die Waage wurde mit der Einstellung des Einzelwagenladungsverkehrs um 2005 entfernt. Bis 1923 wurde jede Weiche an Ort und Stelle von Hand bedient. Erst dann wurden Abschlusssignale, verbunden mit einer Weichenzentralanlage (Kurbelstellwerk) durch die Stellwerkfabrik Signum AG in Wallisellen eingerichtet. Von Anfang an hatten die BTB-Stationen elektrisch betriebene Signalglocken, sogenannte Rasselwerke.
 

Mit dem Neubau des Bahnhofs Konolfingen 1985, wurde Stalden zur unbedienten Haltestelle. Die Wagenzufuhr zu den Anschlussgleisen der damaligen Kistenfabrik (heute Hobelwerk Stalden AG) und der ehemaligen Landwirtschaftlichen Genossenschaft (Landi) geschah von Konolfingen aus. 2011 wurden die Gleisanschlüsse zur Kistenfabrik Stalden und Landi zurückgebaut. 1971 erhielt Stalden einen gedeckten Vorplatz und ein Perrondach. Das Aborthäuschen wurde entfernt und im Stationsgebäude wurde eine Toilettenanlage eingerichtet.

 

Knochenstampfe und Kraftwerk

 

Gustav von May, der Schlossherr von Hünigen, liess ende des 19. Jahrhunderts eine Knochenstampfe bauen und in Betrieb nehmen. Die angelieferten Knochen wurden zu Knochenmehl zerstampft und zerrieben. Das daraus entstandene Knochenmehl diente den Bauern zur Düngung. Um diese Knochenstampfe zu betreiben, wurde ein Wasserkraftwerk errichtet. Da die Stampfe nur tagsüber in Betrieb war, konnte schon damals über Nacht Strom abgegeben werden. Davon profitierten Stalden, Freimettigen und vor allem Oberdiessbach, als im Oktober 1897 das elektrische Licht eingeführt wurde. Betrieben wurden in Oberdiessbach vorerst 250 Lampen, davon 15 für die Dorfbeleuchtung.

 

Erst 1903, nachdem Gustav von May die damalige Kanderleitung zur Stromversorgung beigezogen hatte, konnte das Werk in der Niedermatt auch tagsüber Strom abgeben. Die Umstellung von der Knochenstampfe auf den Betrieb der Fischzucht änderte an der Leistung des Kraftwerks wenig. Das Kraftwerk lieferte bis zur Aufgabe des Fischzuchtbetriebes seinen Strom.

 

Fischzucht Stalden i. E.

 

Die alte Knochenstampfe hatte ausgedient und wurde demontiert. 1908 wurde eine Fischzuchtanstalt in Betrieb genommen. Die Fischzucht Stalden versandte frische, lebende Fische in grossen Holzkübeln. Die Kübel, mit Sauerstofflaschen zur Belüftung ausgerüstet, waren entweder roh oder die älteren Kübel grün gestrichen. Der Transport von der Fischzucht zum Bahnhof geschah mit dem firmeneigenen Lastwagen. Fischzucht Stalden i. E., die schwarze Aufschrift war auf zwei Seiten angebracht. Die lebenden Fische wurden im Gepäckwagen der Personenzüge transportiert. Die schweren Behälter mussten oft von drei Mann von der Rampe auf den Wagen gehievt werden. Häufig war die Rampe in Stalden gefüllt mit diesen Gefässen. Die meisten Fische wurden am Morgen mit dem ersten Zug (Zug 151) abtransportiert.
 
Neben den Lebendtransporten gab es auch Transporte von geschlachteten Fischen. Diese Fische wurden in Körben mit Holzboden transportiert, wobei die Fische kleeblattförmig in den Korb gelegt und mit einer Lage Eis zugedeckt wurden. Der Korb wurde mit einem Jutetuch zugedeckt, das Tuch zusätzlich mit dem Korb vernäht (wie die Fleischkörbe im Bahnhof Konolfingen). Diese Körbe mussten alle express transportiert werden. Ende 1939 hatten die Kanalelemente des „Schifflibaches der Landi 1939“ den Weg nach Stalden/Freimettigen gefunden. Hier dienten sie zur verbesserten Zuleitung des Chisewassers zu den Fischteichen und dem Kraftwerk.
 
Etwas weniger appetitlich waren die Transporte von Fischfutter. Das Fischfutter bestand aus Schlachtabfällen. Diese wurden in Eisenfässern angeliefert und hatten die Form wie Mostfässer. Ein unangenehmer Geruch gehörte hier dazu und es ist klar, dass die Transporte in Güterzügen durchgeführt wurden. Nachdem der Betrieb immer schwieriger geworden war, musste die Fischzucht 1962 aufgegeben werden. Erst 1979 wurden die Kraftwerkseinrichtungen demontiert, nachdem seit den 60er Jahren die Stromproduktion eingestellt war. Die Turbine war noch während mehreren Jahren auf einem Sockel in der ARA aufgestellt.

 

Kistenfabrik, Sägerei und Landi

 

Die damalige Kistenfabrik wurde bis ins Jahr 2000 täglich mit Holztransporten bedient. Früher wurden die Holzwagen mit Güterzügen angeliefert. Der Rangierverkehr in Stalden wurde direkt abgewickelt. Mit dem neuen Stellwerk (1985) in Konolfingen wurden die Wagen in Konolfingen abgestellt und von da durch die Mitarbeiter des Bahnhofs mit dem  Traktor Te III geliefert oder abgeholt.

 

Auch die Sägerei am Standort der heutigen „Sägematte“ nutzte die Wasserkraft der „Chise“. Die Sägerei hatte kaum Transporte mit der Bahn. Für das neue Lagerhaus der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Stalden-Oberdiessbach wurde 1938 Land abgetreten. Die Landwirtschaftliche Genossenschaft wurde 2001 liquidiert und 2011 wurde der Gleisanschluss zur ehemaligen Landi zurückgebaut.


Wollen Sie wissen, was für Häuser durch die Bahnen in und um Konolfingen gebaut wurden und wie sie heute genutzt werden, dann lesen Sie nächste Woche hier in dieser Serie weiter...

 

[i] Auf der neuen Homepage www.museum-alter-baeren.ch finden Sie noch mehr neue Infos...

 

[i] Sonderausstellung „150 Jahre Eisenbahn Konolfingen“

[i] Bahnhoffest „150 Jahre Eisenbahn Konolfingen“

[i] Konolfingen

[i] Sonderseite der BLS AG

[i] Nostalgisch ans Bahnhoffest fahren

[i] Zum ersten Teil der BERN-OST Serie "150 Jahre Eisenbahn Konolfingen" mit Links auf alle bisherigen Artikel...


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Erstellt: 14.04.2014
Geändert: 14.04.2014
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