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Abschied in Vechigen: Still und stolz

An ihrer letzten Gemeindeversammlung verabschiedete die abgewählte Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli drei Gemeinderäte und den Leiter der Gemeindeversammlung. Und vor allem: Sie nahm selbst offiziell von der Gemeinde Abschied. «Ich habe in meiner Amtszeit viel erreicht, und darauf bin ich stolz», sagte die ruhige Schafferin.

Die letzte Gemeindeversammlung für Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli. Und auch die letzte unter der Leitung von Hans Zoss (am Rednerpult). (Foto: cw)
Hans Zoss überreichte Sibylle Schwegler-Messerli einen Blumenstrauss - in Echt und im übertragenen Sinn: Sie habe die Krisen gut gehändelt, sagte er. (Foto: cw)

Vielleicht war es der strömende Regen, der nicht zu vielen anderen Unternehmungen einlud, vielleicht waren es die bevorstehenden Verabschiedungen: Jedenfalls war die Turnhalle der Schulanlage Utzigen gut gefüllt. 141 Personen von den insgesamt 4405 Stimmberechtigten in Vechigen seien anwesend, verkündete Hans Zoss, Leiter der Gemeindeversammlung. Das entspreche 3,2 Prozent.

 

Grosse Abschiedsrunde…

Gleich für mehrere Personen am langen Tisch auf dem Podest war dies die letzte Gemeindeversammlung, und Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli startete eine Abschiedsrunde: Es seien alle gleich wichtig, sagte sie diplomatisch, daher gehe sie dem Jahrgang nach, in dem die Betreffenden ihr Amt angetreten haben.

 

… zuerst für Hans Moser…

Der langjährigste von ihnen war Hans Moser (SVP), der bereits am 25. Mai 2009 in den Gemeinderat nachrutschte, 2013 das Ressort Umwelt und Tiefbau übernahm und im August nach 15 Jahren an Silvia Jäger übergab. «Diese Themen lagen ihm wirklich», betonte Sibylle Schwegler-Messerli: «Seit Mai 2021 hat er dann als Mitglied der Arbeitsgruppe Energiestadt sein wahres Herzensprojekt gefunden.»

 

…der sich fröhlich bedankte

Hans Moser habe sich enorm für die Gemeinde engagiert, an über 200 Sitzungen teilgenommen und fast nie gefehlt – «und er war immer für einen Umtrunk zu haben». Moser selbst verabschiedete sich von der Gemeinde mit einem fröhlichen Dank, dass er als Gemeinderat am meisten Geld habe ausgeben können. Und mit einer Entschuldigung: «Es tut mir leid, falls ich einige nicht glücklich gemacht habe.»

 

Dann der Abschied von Kaspar Stocker

Der zweite Abschiedskandidat war Kaspar Stocker (SP), der seit 2013 das Ressort Bildung innehatte. Der Lehrer, der sich zum Ingenieur weiterbildete und schliesslich Schulinspektor für den Oberaargau wurde, sei «ein Glücksfall für die Gemeinde» gewesen, sagte die Gemeindepräsidentin: «Er hat die Schullandschaft Vechigen so vorangetrieben, dass wir in der Gemeinde für jedes Schulkind das anbieten können, was es braucht.»

 

«Erfolge hat man zusammen»

Kaspar Stocker seinerseits betonte, wie wichtig es sei, immer wieder den Konsens herzustellen: «Erfolge hat man zusammen!», sagte er. Darum rief er den neuen Gemeinderat auf: «Nützt die gute Ausgangslage, die wir hier haben!»

 

Und noch der Abschied von Raphael Niederhauser

Auch Raphael Niederhauser (FDP), fuhr Gemeindepräsidentin Schwegler fort, habe sich in seinen zwölf Jahren als Leiter Sicherheit und Kultur gut mit seinem Ressort identifiziert und mit der Kulturkommission ein abwechslungsreiches Programm gestaltet und grossen Einsatz gezeigt.

 

«Stürmt miteinander»

Niederhauser selbst stellte fest, die Zeit sei vorbeigeflogen «wie ein Fingerschnipsen», und dankte vor allem jenen, die ihn herausgefordert hätten: «Man lernt viel in politischen Ämtern», fand er. Darum riet er, ein bisschen gegensätzlich zu seinem Vorredner Stocker, doch wohl mit einem ähnlichen Gedanken: «Stürmt miteinander, daraus entsteht etwas Gutes.»

 

Dann auch der Abschied von Hans Zoss

Und schliesslich kam Sibylle Schwegler-Messerlis Rede auf Hans Zoss (FDP), der zwölf Jahre lang als Leiter Gemeindversammlung fungierte: «Er wusste, wie wichtig die Leiterfunktion ist», fasste sie zusammen. Auch als nach Covid viele hässiger zurückgekommen seien und die Versammlungen schwieriger zu leiten waren: «Hans Zoss ist es nie schwergefallen, er war immer die Ruhe selbst.» Nur bei gehässigen Voten sei er deutlich geworden, «das gibt’s bei ihm nicht». Insgesamt: «Danke für deine umsichtige Art, du warst immer fair und gerecht.»

 

«Jetzt gebe ich gerne weiter»

Hans Zoss seinerseits gab zu, dass er sein Amt beim ersten Mal gar nicht so gern ausgeübt habe: «Ich sorgte mich sehr, ob ich an alles gedacht habe», erinnerte er sich. Erst mit der Zeit sei er darin sicher geworden. Nachdem er ja eigentlich sein Amt vor vier Jahren schon einmal habe abgeben wollen, sei er froh, es jetzt an seine Nachfolgerin Sibylle Plüss-Zürcher weiterzugeben.

 

Und last but not least: Sibylle Schwegler-Messerli

Und dann leitete Hans Zoss zum grössten Abschied des Nachmittags über: Dem unfreiwilligen Rücktritt von Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli. «Eine spezielle Situation», fasste er zusammen.

 

«Vier Jahre Krisen gemeistert»

In ihren vier Jahren Amtszeit habe sie eigentlich auch vier Jahre Krisen durchgemacht, fasste er zusammen: «Zuerst die Pandemie – ihr habt quasi zusammen angefangen –, dann der Ukrainekrieg und schliesslich das Finanzdebakel.» Dreimal habe sie als Gemeindepräsidentin einen Krisenstab aufbauen und Lösungen finden müssen. «Das ist dir gut gelungen und du hast alles sauber aufgegleist.»

 

«Alle Aufgaben für die Gemeinde erledigt»

Ausserdem habe sie als Juristin auch sämtliche Reglemente an das übergeordnete Recht angepasst. «Wasserbauplan, Schulhaus Vechigen, Projekterweiterung Lindenbachtal, Steuern senken – du hast alle Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen für die Gemeinde erledigt», fasste Zoss zusammen.

 

«Wir haben alle Ziele erreicht»

Sie habe rund 30 Jahre für die Gemeinde gearbeitet und diese von einer mittelstark verschuldeten zu einer finanziell stabilen Gemeinde gebracht, ergänzte daraufhin die Gemeindepräsidentin in ihrem Schlusswort mit ruhigem Selbstbewusstsein: «Ich bin sorgfältig mit Ressourcen umgegangen und vor allem: Wir haben alle Legislaturziele erreicht – darauf bin ich fast am stolzesten.»

 

«Pendenzenliste reduziert»

Sie habe eine jahrelange Pendenzenliste bis auf eine halbe Seite reduziert und erreicht, dass man auf Vechigen zählen könne. «Viele Erfolge werden erst in den kommenden Jahren sichtbar, wie der Wasserbauplan Lindental oder die Erhöhung der Verkehrssicherheit beim Park & Ride mit der neuen BKW Trafostation – die Profile stehen, es geht vorwärts.» Ende Jahr werde sie mit gutem Gefühl die politische Tätigkeit beenden, schloss sie, und wünschte: «Häbets guet!»

 

Die neue Gemeindepräsidentin ist startbereit

Die künftige Gemeindepräsidentin Nadia Lützelschwab sass an diesem Nachmittag auf ihrem üblichen Stuhl – zum letzten Mal als Gemeinderätin. In wenigen Wochen tritt sie ihr Amt als neue Gemeindepräsidentin an. Nach dem offiziellen Teil wurde sie sofort von Vechiger:innen in Gespräche verwickelt. Ob sie vor ihrem Amtsantritt schon ein bisschen nervös ist? Nadia Lützelschwab strahlte. «Nein, ein bisschen nervös werde ich wahrscheinlich vor meiner ersten Gemeindeversammlung sein», sagte sie. «Aber auf mein Amt freue ich mich, ich bin schon richtig motiviert loszulegen und ganz viel anzupacken.»

 

Die alte Gemeindepräsidentin packte ruhig zusammen

Sibylle Schwegler-Messerli packte derweil ihre Unterlagen zusammen. Ob das für sie ein emotionaler Moment war? «Es ist, wie es ist», antwortete sie ruhig. Verabschiedungen habe sie schon öfter vorgenommen, und genau genommen sei es auch ihr zweiter Abschied, nachdem sie schon einmal aus dem Gemeinderat zurückgetreten sei – «also eigentlich nichts Neues für mich».

 

Stille Schafferin, stolz auf das Erreichte

Sie sei zufrieden mit allem Erreichten, sagte sie, und wie sie vorhin in ihrem Schlusswort bereits erklärt habe: «Ich übergebe die Gemeinde in einem Topzustand – vieles von dem, was ich erreicht habe, wird seine Früchte erst in den kommenden Jahren tragen.» Dann legte sie ihre Unterlagen in die Tasche, der schöne Abschiedsblumenstrauss lag daneben. Nach dem Apero mit der Gemeinde würde Sibylle Schwegler-Messerli nach Hause gehen – eine stille Schafferin, stolz auf alles, was sie erreicht hat.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 09.12.2024
Geändert: 11.12.2024
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