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Adrian Walther: "Im Sägemehl gehen wir voll aufeinander los"
Adrian Walther aus Habstetten hat am Wochenende das Bernisch-Kantonale Schwingfest gewonnen. Im Interview erzählt der 21-Jährige wie er mit mühsamen Gegnern umgeht und was er anstelle des Munis erhalten hat.
Adrian Walther (21) ist zwei Meter gross und 112 Kilo schwer. Er hat Hochbauzeichner in einem Architekturbüro in Ittigen gelernt. Die Lehre hat er im letzten Jahr abgeschlossen und diesen Sommer hat er die Berufsmatur erfolgreich beendet. Walther wohnt im Haus der Eltern in Habstetten zusammen mit seinem Bruder Reto (19), der auch schwingt.
BERN-OST: Gratulation zum zweiten Kantonalen Kranz und zum ersten Festsieg – wie fühlt es sich an?
Adrian Walther: Es ist schon was Besonderes. Nach dem Schlussgang und der Rangverkündigung war ich wie in einem Film, aber jetzt kann ich es einordnen. Es war wunderschön. Wenn ich am Sonntagmorgen von einem Sieg am Kantonalen gesprochen hätte, wäre es eine Träumerei gewesen.
Was hattest du dir fürs Bernisch-Kantonale vorgenommen?
Das Minimalziel war ein Kranz, alles weitere eine Zugabe.
Spürtest du während dem Wettkampf, dass du einen Lauf hattest?
Wichtig ist immer der erste Gang, viele gehen gestellt aus. Wenn man aber den ersten Gang gewinnt, hat man schon ein Pölsterchen. Im zweiten Gang war Gustav Steffen ein unbequemer Gegner. Als ich ihn nehmen konnte, dachte ich, es passt. Danach dachte ich, dass ein Gestellter kein Problem sei und konnte frei drauflosschwingen.
In den ersten drei Gängen wollte ich gewinnen und versuchte den Gegnern meine Schwingweise aufzudrücken. Im vierten Gang gegen Thomas Sempach, dachte ich je länger der Gang geht, umso grösser der Vorteil für mich, und so war es dann auch.
Wer war der härteste Brocken am Kantonalen – Thomas Sempach oder Kilian Wenger?
Jeder ist hart, aber Kilian Wenger ist schon ein starker Schwinger.
Am oberländischen Schwingfest in Oey hast du gegen Kilian Wenger noch verloren – was war am Sonntag anders?
Ich musste im Kopf das Gefühl von Oey ausblenden und denken, dass ich es besser machen kann. Ich war überzeugt, dass es klappen könnte. Ich habe schon oft mit ihm trainiert, aber das ist nicht dasselbe. Ich wusste, dass er im vierten Gang gegen Samir Leuppi gestellt hatte und er gegen mich einen Sieg brauchte. Ich dachte, dass er angreifen wird und musste schneller sein als er. Es hat geklappt.
Wie ist das Verhältnis untereinander?
Im Berner Team ist es sehr, sehr gut. Jeder mag dem anderen den Erfolg gönnen. Im Sägemehl hört das aber auf. Da geht man voll aufeinander los. Jetzt hatten wir das letzte Fest untereinander, nun kommen zwei Feste (Weissenstein- und Brünig-Schwinget), wo wir miteinander kämpfen.
Letztes Jahr wurdest du zweiter am Bernisch Kantonalen, jetzt erster. In den Medien wurdest du teilweise als Überraschungssieger bezeichnet – wie siehst du das?
Es war auch für mich überraschend, dass ich gegen die Eidgenossen so aufschwingen konnte. Ich habe schon häufig mit Eidgenossen trainiert und man merkt schon, dass man langsam eine Chance hat. Aber dass es grad so läuft…
Du hast 18 Kränze gewonnen, davon zwei Kantonale. Letztes Jahr der 6. Rang am Kilchberger Schwinget, da müssen wir die Frage stellen, welche Ziele du dir für das Eidgenössische im August steckst?
Das Ziel am Eidgenössischen ist ein Kranz zu holen. Alles darüberein ist schön, träumen darf man.
Wie und wann hast du mit Schwingen begonnen?
Mein Vater, Götti und Grossvater haben schon geschwungen. Das waren alles Eidgenossen. Es war kein Druck da, mit fünf oder sechs Jahren ging ich erstmals in ein Training. Das passte mir. Zu Beginn war das eher spielerisch. Mit acht kamen die ersten Jungschwingertage. Ich schwang gegen Söhne, deren Väter schon gegen meinen Vater geschwungen hatten.
Wir waren auch als Kinder immer bei Schwingfesten dabei. Meinen Vater habe ich nie schwingen gesehen, er hat 1998 aufgehört.
Gehörtest du damals schon zu den Besseren?
Zu Beginn nicht. Ich gewann als Jungschwinger über 30 Zweige, es gibt auch solche die 150 Zweige holten. Dann kam ein Durchhänger mit vierzehn. Ich trainierte dann mehr und so ab 16 konnte ich die ersten Jungschwingertage gewinnen. Dann kam der Abschluss mit dem Sieg beim eidgenössischen Nachwuchsschwingertag. Den ersten Kranz bei den Aktiven gewann ich im gleichen Jahr beim Seeländischen Schwingfest in Dotzigen.
Wie wichtig ist die Grösse beim Schwingen?
Der moderne Schwinger ist athletisch und gross. An der Spitze ist kaum einer unter 1.90. Wenn einer knapp 1.80 ist und einem die Schuhbändel fressen will, dann ist das nicht "gäbig".
Was machst du gegen einen solchen Schwinger?
Schwierig. Es kommt immer wieder vor, dass ich kein Rezept finde. Man muss ihn halt immer wieder bearbeiten, bis er einen Fehler macht und plötzlich geht’s dann.
Wie oft trainierst du pro Woche?
An der Spitze kann man schon von Halbprofis sprechen, der Sport hat sich gewandelt. Wir müssen nicht mehr an einem Bild wie vor 50 Jahren festhalten. Ein Schwinger schwingt nur am Sonntag wie früher, diese Zeit ist vorbei. Ich trainiere jeden Tag, man muss sich auch genug erholen können, die Saison ist schliesslich lang.
Was hast du für den Sieg erhalten?
Am Fest gab es einen Muni, aber ich nahm den Gegenwert in Geld entgegen. Gegen aussen wird der Muni gespendet, aber das ist symbolisch. Es ist ein schöner Betrag, aber wir sprechen nicht über die Höhe. Wir kriegen keinen Lohn vom Verband oder Klub.
Klopfen bei dir jetzt die Sponsoren an?
Bis jetzt war es noch ruhig. Ich kriege ein Auto von Gerber Utzigen. Das ist sehr praktisch, Anfang Saison gab es ein Neues. Die Migros Aare unterstützt mich finanziell.
Am Wochenende trittst du am Weissenstein-Schwinget an.
Für mich hat sich da nichts verändert. Mein Ziel ist, ein Kranz zu gewinnen, ich war noch nie dort und freue mich sehr.
Erstellt:
21.07.2022
Geändert: 21.07.2022
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