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Traumberuf beim Zirkus: Andrina Hauri tritt in die Fussstapfen Dimitris

Andrina Hauri (26) würde am liebsten mit einem Zirkus umherziehen und im Wohnwagen leben. Diesem Allerweltstraum ist sie wohl näher als die meisten, die sich das wünschen: Sie studiert Theater an der Dimitri-Theaterschule im Tessin. BERN-OST hat seine einstige Praktikantin in ihrer – wie sie es nennt – "kleinen Welt" in der Nähe von Locarno besucht.

"Ich bin sehr glücklich hier": Die Worberin Andrina Hauri studiert an der Scuola die Teatro Dimitri in Verscio (TI) Theater. (Bilder: Tobias Kühn / Konstantin Demeter / Nikoline Schoch)
Hier treten auch die Student:innen auf: Andrina Hauri vor dem Teatro Dimitri in Verscio. (Bilder: Tobias Kühn)
Zu Besuch in Verscio: Andrina Hauri (rechts ) im Interview mit BERN-OST-Redaktorin Isabelle Berger in der urchigen Osteria Croce Federale.
Vielseitige Künstlerin: Andrina Hauri kann in ihrem Studium ihre vielen Begabungen ausleben. (Bild: Konstantin Demeter)
Ohne Mimik, dafür umso bewusster mit dem Rest des Körpers: Das Spiel mit der weissen Maske ist eine Disziplin, die im Studium geübt wird. (Bild: Nikoline Schoch)
Erste Erfahrungen auf einem professionellen Filmset: Für die Expo in Dubai konnte Andrina Hauri mit der bekannten Schweizer Regisseurin Stina Werenfels drehen. (Videos: zvg)
Die Kurztheaterszenen stellen die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) dar.

Als Andrina Hauri vor sechs Jahren den berühmten Schweizer Clown Dimitri im Worber Bärensaal auf der Bühne sah, dachte sie noch nicht, dass sie später an der von ihm gegründeten Scuola di Teatro Dimitri in Verscio (TI) studieren würde. "Der Auftritt war wahnsinnig schön, fein und sehr berührend", erinnert sie sich zurück. Noch im selben Jahr starb Dimitri im Alter von 80 Jahren. "Es war für mich sehr wichtig, dass ich ihn noch live sehen konnte", sagt Hauri. "Ein Zwinkern des Universums."

 

Zuerst führte sie ihr Weg aber an die Pädagogische Hochschule. Eine gewisse Zeit arbeitete sie danach auch als Lehrerin. Dabei konnte sie etwas Geld auf die Seite legen, um ihr eigentliches Berufsziel zu erreichen. Mittlerweile studiert sie im dritten Jahr Theater. Nächsten Herbst schliesst sie ihr Bachelor-Studium ab. Danach möchte sie als freischaffende Künstlerin arbeiten. "Ich habe mein Leben lang das Ziel verfolgt in die darstellenden Künste einzutauchen", sagt Hauri.

 

"Vielseitigkeit ist mein Ding"

Dabei interessieren sie verschiedene Sparten: Tanz, Stimmarbeit und Gesang, zeitgenössischer Zirkus, Musical, Theater, Operette sowie auch Film. Die Ausbildung sei sehr breit, was ihr später ermögliche, verschiedene Projekte zu machen. "Das ist ganz mein Ding", sagt sie. Sie sei sowohl Bewegungsmensch sowie auch sehr musikalisch. "Vielseitigkeit ist hier gefragt. Dabei auch im Einzelnen sehr gut zu sein, ist die Forderung und zugleich Herausforderung." In der Ausbildung stehe das eigene Körperbewusstsein besonders im Vordergrund. "Wir lernen verschiedene Ausdrucksformen, welche nicht in erster Linie dem Wort entsprechen." So stehen zum Beispiel Pantomime oder Ein-Ball-Jonglage auf dem Stundenplan.

 

Letzterer ist sehr voll. Vormittags gibt es Lektionen in Tanz und Akrobatik, am Nachmittag Blockkurse – derzeit in Improvisation – und abends nochmals Unterricht. Zudem finden auch am Wochenende zweitweise Proben statt. Daneben arbeiten die Studierenden an eigenen Projekten, erledigen Hausaufgaben oder gehen einem Brotjob nach. Und natürlich gehören auch Auftritte vor Publikum zum Programm. Das Ganze sei sehr zeitaufwändig, aber in Ordnung für sie, sagt Hauri. "Ich bin dankbar, dass ich 150 Prozent meiner Energie hier reinstecken darf."

 

"Gärtele" als Ausgleich

Das bedeutet auch, dass sie Verscio und ihren nebenangelegenen Wohnort Cavigliano nur selten verlässt. Zudem ist sie immer mit denselben Leuten zusammen. Nur rund 50 Studierende hat die Schule. "Ich fühle mich wohl und verbunden hier und der Dimitri-Familie zugehörig", sagt Hauri. "Es ist eine kleine Welt." Das und die Tatsache, dass sich das Studium nur um sie selbst drehe, erzeuge aber auch hohen Druck. Man müsse sich darum Inseln schaffen. Dabei helfe es ihr, dass sie alleine wohne. Sie zieht sie sich gerne in ihr kleines Rustico zurück. Dieses bietet auf zwei Stöcken gerade mal Platz für Küche, Bad und Schlafzimmer. Es hat aber auch einen Balkon und ein Gärtchen. Dieses pflegt Hauri in ihrer Freizeit als Ausgleich. Oder sie liest, geht in die Natur, schreibt Gedichte, malt oder zeichnet. Ohne Druck etwas Kreatives zu machen, tue ihr gut.

 

Ab und zu besucht sie ihre Familie in Worb, wo sie, seit sie anderthalb Jahre alt war, aufgewachsen ist. Das Zusammenkommen sei für alle Familienmitglieder besonders wichtig geworden, da ihre Schwester ebenfalls weit weg von Worb – in den USA – studiere. "Ich gehe sehr gerne heim", sagt Hauri. Aber auch wenn sie in Worb daheim sei, sei der Begriff Heimat für sie nicht an einen Ort gebunden. "Es ist etwas Tieferes und hat mit Verbundenheit und mit den Mitmenschen zu tun." Sie sehe sich eher in einem Wohnwagen. Ein Kindheitstraum. Darum würde sie in Zukunft gerne bei umherziehenden Produktionen mitwirken. "Einfachheit ist mein Lebensstil", sagt sie. Sie habe nicht Lust auf viel Geld, sondern darauf, Menschen zu begegnen und Kunst zu schaffen. "Darin sehe ich den Luxus."


Autor:in
Isabelle Berger, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.12.2022
Geändert: 21.12.2022
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