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Anton Schmutz: "Eine Fusion mit Konolfingen könnte Thema werden"

Im BERN-OST-Interview spricht Anton Schmutz, Gemeindepräsident von Niederhünigen über höhere Steuern, Tempo 30 innerorts und darüber, wann eine Fusion mit Konolfingen zum Thema wird.

Anton Schmutz: "Niederhünigen ist eine Schlafgemeinde." (Fotos: Rolf Blaser)
Niederhünigen grenzt an Konolfingen, Mirchel, Oberhünigen, Linden und Freimettigen.

Anton Schmutz, 63, verheiratet, ist gelernter Käser und Bauer. Zuletzt arbeitete er als Lebensmittel-Ingenieur. Mitte Jahr liess er sich frühpensionieren. Schmutz ist in Affoltern aufgewachsen. Sein Vater war der damalige Käser in der heutigen Schaukäserei Affoltern.

 

BERN-OST: Anton Schmutz, zurzeit reden alle vom Stromsparen. Ist das in Niederhünigen ein Thema?

Anton Schmutz: Die Strassenbeleuchtung bei uns ist schon auf LED umgerüstet. Zudem ist diese eher bescheiden. Weihnachtsbeleuchtung haben wir keine, das ist also auch kein Thema. Wir haben lediglich zwei gemeindeeigene Gebäude. Die Gemeindeverwaltung und das Schulhaus. Auf dem Schulhaus haben wir bereits Solarpanels, aber die Dachfläche ist vermietet.

 

Sie sind seit zwei Jahren Gemeindepräsident von Niederhünigen, wie geht es der Gemeinde?

Es geht recht gut. Wir sind eine kleine Gemeinde mit 720 Einwohner:innen. Dank den neuen Überbauungen sind wir noch ein wenig gewachsen. Das Bauland ist ausgeschöpft, mehr können wir nicht mehr wachsen, auch einzonen können wir nichts mehr. Die Frage ist, wie wir uns entwickeln.

 

Was meinen Sie mit entwickeln?

Es ist schon eine Herausforderung. Von den Steuereinnahmen her sieht es schlecht aus. Wir haben wenig juristische Personen, also wenig Gewerbe und Industrie. Es sieht danach aus, dass wir in den nächsten Jahren die Steuern erhöhen müssen.

 

Die Steuern gehen rauf? Was ist denn so teuer?

Die allgemeinen Kosten, das sind Kosten, die wir kaum beeinflussen können. Sachen wie die Bildung, die jedes Jahr teurer wird, das Soziale, welches höhere Abgaben fordert. Da leisten wir jedes Jahr höhere Zahlungen an den Kanton und erhalten weniger aus dem Finanzausgleich. Wir haben steigende Kosten und die Steuern wachsen nicht entsprechend. Wir schreiben tendenziell Defizite, deshalb sieht es nach einer Steuererhöhung aus.

 

Was haben Sie als Gemeindepräsident in Niederhünigen erreicht?

Die Strasse im oberen Bereich des Dorfes wurde fertiggestellt und der Bach freigesetzt. Da ist die Gemeinde nicht allein beteiligt und meine Vorgänger haben das eingefädelt. Jetzt wird noch der Feinbelag gelegt, dann ist der Dorfkern fertig. Da wurde ein brachliegendes Landstück in Wohnungen umgebaut. Das hat vor über zehn Jahren begonnen.

 

Welchen Bezug haben Sie zu Niederhünigen?

Ich bin vor 30 Jahren hergezogen, da meine Frau hier aufgewachsen ist. Schon als Kind kam ich nach Niederhünigen zu meinen Grosseltern in die Ferien. Von daher kenne ich es schon lange.

 

Wie hat sich das Dorf in dieser Zeit verändert?

Das Ländliche ist nach wie vor da, das war schon damals prägend. In den letzten Jahren wurde viel gebaut. Die Geissrüti, ein Einfamilienhausquartier, die Überbauung mitten im Dorf und diejenige hinter dem Gemeindehaus. Es sind neue Leute hergezogen. 1980 hatten wir 405 Einwohner:innen, heute sind es 720. Früher kannten sich die Leute, das ist nicht mehr so.

 

Welches sind Niederhünigens Baustellen?

Wie bereits gesagt, die finanzielle Situation ist so, dass wir steuerlich mit einem Satz von 1.70 an der unteren Grenze sind. Weiter stellt sich die Frage, ob wir als Gemeinde selbständig bleiben. Finden wir das notwendige Personal noch? Auch für die Verwaltung ist es schwierig, Personal zu finden. Auf der anderen Seite der Gemeinderat. Wenn man keine Leute mehr findet, die im Gemeinderat mitarbeiten, muss man das schon bedenken.

 

Machen Sie sich Gedanken über eine Fusion mit Konolfingen?

Das wird ein Thema, wenn wir keine Leute mehr finden. Es stellt sich die Frage, kann und will man es sich noch leisten eine selbständige Gemeinde zu sein. Ja, das könnte schon zum Thema werden.

 

Es wurden drei Petitionen eingereicht, die eine Verbesserung der Verkehrssicherheit verlangen. Was läuft da?

Es geht um Tempo 30 im Dorf, einen Zubringerdienst auf der Oberhünigenstrasse und um ein Trottoir auf der Oberhünigenstrasse. Je rund 150 Personen haben unterschrieben, das ist ein Drittel der Stimmberechtigten. An der Gemeindeversammlung im Dezember werden wir das Projekt zum Trottoir vorlegen. Das ist ein grösserer Brocken, zusammen mit der Strassensanierung kostet dies über eine halbe Million Franken. Bei einem Nein machen wir uns Gedanken, wie es mit Tempo 30 weitergeht. Heute gilt Tempo 40, die Polizei beurteilt die Verhältnisse als nicht kritisch. Wir werden Tempo 30 nicht einführen, ohne die Bevölkerung zu befragen.

 

In Niederhünigen gehen noch 56 Kinder zur Schule. Bis zur 6. Klasse besuchen die Kinder die Schule im Dorf, ab der Oberstufe gehen sie nach Konolfingen. In Schlosswil wird die Schule geschlossen, obwohl noch 62 Kinder zur Schule gehen. Wie lange gibt es die Schule noch?

Im Moment funktioniert die Schule sehr gut. Wir haben viele Zuzüger:innen und die schätzen, dass die Unterstufe im Dorf ist und die Kinder zu Fuss in die Schule können. Das gehört zur Identität der Gemeinde. Die Oberstufe in Konolfingen ist eine gute Lösung, aber für die Kleinen ist das schon ein Vorteil.

 

Macht der Kanton keinen Druck, die Schule zu schliessen?

Nein, zurzeit sind wir nicht in einer kritischen Grösse.

 

Ist Niederhünigen noch ein Bauerndorf?

Es ist eine Schlafgemeinde. Ein typisches Bauerndorf ist es nicht mehr, obwohl wir noch ein paar Bauernbetriebe haben. Wir haben eine gute Anbindung an Konolfingen. Auch ohne eigenen öV, ist man schnell in Bern, Thun oder Langnau.

 

[i] Niederhünigen liegt auf 685 Meter über Meer und hat 720 Einwohner:innen. Das Gemeindegebiet wird im Norden von der Emmentalstrasse und im Süden vom Barschwandhubel begrenzt. Niederhünigen grenzt an Konolfingen, Mirchel, Oberhünigen, Linden und Freimettigen.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 09.10.2022
Geändert: 09.10.2022
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