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Arni - Von der grossen Chilbi bleibt «e gmüetleche Tag» übrig

Quelle
Berner Zeitung BZ

Von der Hammegg-Chilbi zum Hammegg-Tag: Ein Verein hat das grosse Sommerfest gerettet und macht sich nun daran, die Erinnerung an den Mundartdichter Karl Grunder wachzuhalten.

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Die Ruhebank und der Gedenkstein erinnern an den Mundartdichter Karl Grunder: Vereinspräsident Hans Peter Bracher auf der Hammegg. Bild: Urs Baumann, BZ)

«Die Leute kamen immer zahlreicher, irgendwann gab es eine Chilbi.» Nach wie vor ist Hans Peter Bracher das grosse Fest gegenwärtig, das über 70 Jahre lang fixer Bestandteil des Sommers auf der Hammegg im Grenzgebiet von Arni, Landiswil und Walkringen war. Hammegg-Chilbi hiess der sonntägliche Anlass, zu dem am Morgen eine Predigt mit Jodelgesang unter freiem Himmel, am Mittag das Erbsenmus mit Gnagi und am Nachmittag das Wettsingen der Kinder sowie das Zwirbeln um Heimberger Chacheligeschirr gehörten.


Besonders beliebt war die Chilbi in der Stadt Bern, von wo aus sogar Carfahrten auf die Hammegg organisiert wurden. In den Glanzzeiten um 1990 kamen so jeweils über 2000 Leute zusammen, die Veranstalter berichteten von grossen Umsätzen, hie und da «aber auch von grossen Verkehrsproblemen» – und doch: «Wir sind glücklich und stolz.» Umso grösser bei vielen die Ernüchterung, als 20 Jahre später das Aus kam. Wenigstens hatten sich Hans Peter Bracher und ein paar Gleichgesinnte bereits Gedanken über die Zukunft des Festes im kleineren Rahmen gemacht. Sie gründeten den Karl-Grunder-Verein und konnten schon im Jahr 2010, dem ersten ohne die Chilbi, zum Hammegg-Tag einladen. Morgen Sonntag tun sie das zum dritten Mal.

Nach wie vor gern gespielt

Karl Grunder. Allein der Name macht deutlich, dass es dem neuen Verein nicht nur um das Fest auf der Hammegg, sondern genauso um Karl Grunder geht. Der weitherum bekannte Mundartdichter lebte von 1880 bis 1963, wuchs in einfachsten Verhältnissen auf der Hammegg auf und war später Lehrer in Lütiwil bei Arni, in Grosshöchstetten und in der Stadt Bern.

Einen Namen gemacht hat sich Karl Grunder mit seinen Erzählbänden, in denen er seine Kindheit («Hammegg-Lüt») und seine Zeit als Lehrer in Lütiwil («Göttiwyl») verarbeitet und dabei urchig-ländliche Charaktere lebendig werden lässt. Noch bekannter ist er als Autor zahlreicher Theaterstücke und Singspiele, die von den Vereinen nach wie vor gern gespielt werden. Zu ihnen gehören «D’Waldmarch», ein Drama um zwei Bauern, die den Grenzstein im Wald eigenmächtig verschieben. Oder «D’Wysseburgere», die Geschichte einer armen Simmentalerin, die zum Ährenlesen ins Emmental reist.

Ein Fest aus Dankbarkeit

Mit dem Vereinstheater fing auch alles an. Karl Grunder war Lehrer in Grosshöchstetten und leitete dort den Männerchor. Die Stücke, die damals gespielt wurden, gefielen ihm nicht, und so griff er selber zur Feder. Es war die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in der tirolerisch angehauchte Volkskultur in Mode war. Und in der Figuren wie Otto von Greyerz oder Oskar Schmalz pointiert für die Pflege der eigenen schweizerischen Werte eintraten – dieser stark vom Dialekt geprägten Gegenbewegung fühlte sich Karl Grunder verbunden.

Das blieb auch nach seinem Umzug in die Stadt Bern so. Besonders engen Kontakt pflegte er hier mit dem Männer- und Jodlerchörli «Daheim». Als er seinen 50. Geburtstag feierte, schenkte er jedem Sänger ein signiertes Buch. Das Chörli dankte es ihm mit einem Fest auf der Hammegg, und weil es so schön war, traf man sich Jahr für Jahr wieder – die Hammegg-Chilbi war geboren.

Mehr Gewicht auf die Kultur

«Am Fest trafen sich Stadt und Land, genau so, wie es Karl Grunder wollte.» Noch einmal lässt Hans Peter Bracher den Chilbibetrieb Revue passieren, erzählt davon, wie die Leute im Gedränge kaum zu ihrem Zwirbeli-Los kamen, und davon, wie die Liedvorträge der Kinder zu Tränen rührten. Er sagt aber auch offen, dass das Ende nicht unangekündigt kam. Mit der Rezession der 1990er-Jahre gingen die Besucherzahlen zurück, mit dem Walkringer Bären-Wirt stieg ein wichtiger Partner altershalber aus – das definitive Aus kam, als das Chörli mit einem anderen Chor fusionierte. Kurzerhand beschloss der neue Verein, ab 2010 auf die Chilbi zu verzichten.

«Uns geht es auch um die Kultur», sagt Hans Peter Bracher für die Nachfolger. Der Präsident des Karl-Grunder-Vereins betont, dass die Predigt mit Jodelgesang und das gemeinsame Essen weiterhin zum, so der offizielle Titel, «gmüetleche Hammegg-Tag mit Predig» gehören. Dazu kommt neu eine Lesung aus Karl Grunders Werk. In diese Richtung will der Verein nun auch übers Jahr hinweg aktiv werden. Das Ziel ist klar: «Wir wollen erreichen, dass der Autor Karl Grunder weitherum in lebendiger Erinnerung bleibt.»

[i] Hammegg-Tag, morgen ab 9.30 Uhr auf der Hammegg ob Arnisäge.

Autor:in
Stephan Künzi / BZ
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Erstellt: 04.08.2012
Geändert: 04.08.2012
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