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Auf einen Kafi mit Daniel Schläppi: Unterwegs zwischen New York und Worb

Daniel Schläppi steht schon fast sein ganzes Leben auf der Bühne. Er hat schon in New York, Leipzig oder Lausanne gespielt. Ende Monat tritt er in Worb auf. BERN-OST hat er erzählt, was seine erste Erinnerung an Musik ist und warum er am liebsten auf der Bühne steht.

Daniel Schläppi: «Wir sind zwei Typen, die Musik spielen.» (Foto: Rolf Blaser)

Daniel Schläppi (56) hat eine beeindruckende Reise hinter sich: Aufgewachsen an der Lenk, später lebte er in Bern, Berlin und New York. Seit 2011 wohnt er in Worb: «Uns ist es sehr wohl hier, wir haben Ausblick auf Blüemlisalp, Niesen und Stockhorn, das ist toll», sagt er zum Umzug von der Stadt aufs Land. Schläppi ist auf einen Kaffee bei BERN-OST vorbeigekommen; als Musiker hat er schon auf der ganzen Welt gespielt hat, Ende Januar tritt er in Worb auf.

 

Der Onkel und das Klavier

«Musik hat mich schon immer berührt. Ein Onkel von mir hat jeweils auf dem Klavier Boogie-Woogie gespielt, als er bei uns zu Besuch war», so Schläppi über seine früheste Erinnerung an Musik. «Er spielte und ich fand das toll. Zwei Onkel von mir spielten Kontrabass, wir hatten etliche Musikanten in der Familie, die ohne Noten spielten.» Als Kind zog es den jungen Daniel aber noch nicht zum Bass, als erstes ging er in die Klavierstunde.

 

Über Kassettli Bass gelernt

Sein ganzes Musikerleben hat Schläppi Bass gespielt, zu Beginn E-Bass, unterdessen fast ausschliesslich Kontrabass. Sein älterer Bruder spielte E-Bass, also versuchte es auch der junge Daniel. «Ich war immer Autodidakt und habe mir das Spielen über das Gehör beigebracht. Damals gab es noch keine Youtube-Anleitungen, ich hörte Musik ab Kassette und habe versucht, das nachzuspielen.» Später nahm er etwa ein Dutzend Stunden Unterricht, um die technischen Grundlagen für den Kontrabass zu lernen.

 

Über 300 Konzerte gespielt

In seiner Jugend besuchte er viele Konzerte in Bern, verbrachte Nachmittage in Plattenläden, hörte sich Alben von Bands aus der weiten Welt an. «Die erste Platte, die ich kaufte, war von John Scofield, danach kam Miles Davis und es war passiert.» Daniel Schläppi war vom Jazzvirus infiziert, eine Musik, die ihn bis heute nicht mehr loslässt. Schon bald spielte er E-Bass bei der Thuner Band «Twice A Week», sie spielten Funk Fusion, tourten durch Europa, traten über 300-mal auf. «Rückblickend ist das ein Teil meiner Entwicklung, ich wusste damals nicht, wo das hinführen würde.»

 

Die Ochsentour beginnt

Danach spulte Schläppi - wie er heute sagt - die Ochsentour ab. Wir kennen dies aus der Politik: Gemeinderat, Grossrat, Nationalrat. Auch für Musiker gibt es eine solche Ochsentour. Schläppi spielte hier und da in Bands, Mal dudelten sie Pop-Hits rauf und runter, er spielte Worldmusic, trat auf Hochzeiten auf, spielte in Session Bands oder half als Bassist aus, wenn ein internationaler Star am Jazz Festival auftrat.

 

Er trat oft auf und sammelte Erfahrungen. Nebenbei studierte er Geschichte an der Uni Bern und doktorierte. Eines Tages landete er bei einem Bassisten in einer Masterklasse. «Er vermittelte mir, dass ich von der Rolle des Bassisten wegkommen muss. Ich soll mich nicht bloss als Instrumentalist sehen, sondern meine eigenen Projekte realisieren.»

 

Ab nach New York

Dank eines Kunststipendiums lebte er eine Zeit lang in New York. «Das war extrem jazzig, ich besuchte in der Zeit sicher um die 60 Jazz-Konzerte.» Sein Ziel war, eine CD mit Musikern aufzunehmen, die in der U-Bahn spielten. «Aber das funktionierte nicht, weil es fast nur Saxspieler mit einem Ghettoblaster hatte.» Schläppi begrub die Idee und suchte einen anderen Weg, um eine CD aufzunehmen.

 

Eines Abends sah er den Jazz Pianisten Marc Copland im legendären Club Birdland spielen. «Ich fand aber, dass sein Spiel in der Band zu wenig zur Geltung kam. Ich schickte ihm eine Anfrage per Mail. Und man schickt viele Anfragen als Musiker und hört nie etwas.» Doch plötzlich antwortete er und schrieb: «Lass uns spielen.» Sie trafen sich bei Copland zuhause und jammten zusammen. Ein paar Monate später nahmen sie die erste von mittlerweile drei CDs zusammen auf. Der Rest ist Geschichte.

 

Tournee durch Europa

In den letzten Jahren tourte Schläppi zusammen mit Copland neun Mal durch Europa. Sie spielten in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Belgien und Österreich. Copland lud ihn auch nach Manhattan ein, um zusammen zu spielen. «Es war super.» Copland spielt Klavier, Schläppi Bass, auf ihr Zusammenspiel angesprochen gerät er ins Schwärmen: «Die Musik passiert einfach. Marc hätte es nicht nötig mit einem No-Name-Bassisten wie mir zu spielen. Ich operiere in einer anderen Liga aber wir verkehren dennoch auf Augenhöhe. Wir proben selten, reden viel, auf der Bühne improvisieren wir. Die Musik entsteht im Moment.»

 

Live in Worb

Am 28. Januar treten Schläppi und Copland im Worber Bärensaal auf. Das ist weder der «Blue Note Jazz Club» in New York noch sonst ein Jazzkeller. Das Konzert in Worb, kostet keinen Eintritt, am Ende wird eine Kollekte rumgehen. Warum dieses Understatement? «Wichtig ist, dass die Leute kommen, wir halten das so niederschwellig wie möglich. Wenn die Leute uns gehört haben, geben sie oft mehr als sie an der Abendkasse bezahlt hätten.»

 

Jazz, die wilde Musik, die in den 20er Jahren entstanden ist, fristet immer noch ein Nischendasein. Es gebe ein paar grosse Namen, die gebucht werden, um Säle zu füllen. Aber die meisten Musiker spielten oft vor überblickbarem Publikum, so Schläppi. «Das Publikum ist eigentlich seit Jahren immer gleich. Ab 40, 50, aufwärts, mehrheitlich männlich. Daran hat sich nichts geändert. Zudem ging seit Corona ein Drittel des Stammpublikums verloren, das sagen alle Clubbesitzer.»

 

Zwei auf der Bühne

Dennoch lebt Schläppi für seine grosse Liebe, den Bass zu spielen, ohne den Normen zu entsprechen. «Wir sind zwei Typen, die Musik spielen. Es geht um Klang und Schönheit.»

 

[i] Marc Copland & Daniel Schläppi, Music beyond limits
Dienstag, 28. Januar, Bärensaal Worb, Beginn um 20 Uhr, Eintritt frei, Kollekte

29. Januar, Biel, LitCafe (20 Uhr, Eintritt frei, Kollekte)
30. Januar, Basel, Radiostudio (17 Uhr, Eintritt frei)
31. Januar, Stäfa, Rössli (20 Uhr)

 

[i] Auf Youtube: Daniel Schläppi / Marc Copland


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.01.2025
Geändert: 20.01.2025
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