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Auf einen Kafi mit Rolf Rieder: «Danach rannten sie uns die Bude ein»
Rolf Rieder ist ein Hansdampf – seit Jahren prägt er das Nachtleben der Region. Erst machte er aus dem Metzgerhüsi einen Kultschuppen, später eröffnete er eine Disko in Münsingen. BERN-OST hat mit ihm über seine Zeit im Hüsi und die 15 Jahre im Tanzlokal «Felix» gesprochen.
Rolf Rieder (63) wuchs in der Länggasse und im Bümplizer Kleefeld auf. Nach der Schule absolvierte er eine Kochlehre im Lindenhofspital. Er arbeitete in verschiedenen Coop-Restaurants, betreute das Coop-Käselager und leitete als Geschäftsführer das Mister Pickwick Pub in Langenthal. Später pachtete er das Restaurant Drei Tannen in Solothurn, bevor er das Metzgerhüsi in Walkringen übernahm.
BERN-OST: Rolf Rieder, wie sind Sie damals zum Metzgerhüsi gekommen?
Rolf Rieder: Das war 1997, ich kannte die Besitzerin von früher. Wir sassen eines Abends im Metzgerhüsi und jassten. Dabei fiel uns auf, dass die Bedienung nicht sehr aufmerksam war. Darauf gab eins das andere und ich übernahm bald das Metzgerhüsi.
Was war das Metzgerhüsi damals, Ende der 90er Jahre, für ein Restaurant?
Es war eine normale Beiz mit vielen Stammgästen. Als ich übernahm, passte das denen überhaupt nicht: Ich war nicht der Typ, der sich an den Stammtisch setzt und mittrinkt. (lacht) Mit der Zeit kamen diese Stammgäste dann nicht mehr.
Für viele Leute aus der Region war das Metzgerhüsi etwas Besonderes. Wie kam es dazu?
Wir änderten zuerst die Karte und setzten auf Cordon bleu, Fondue Chinoise, solche Sachen. Und plötzlich kamen die Leute.
Wir nahmen die alte Kegelbahn raus und richteten dort die Hüsi-Bar ein. Dann ging es richtig los – die Leute kamen in Scharen. Es sprach sich rum, dass wir freundliches Barpersonal hatten. (lacht). Heute kann man sich das fast nicht mehr vorstellen, aber damals rannten sie uns die Tür ein.
Wie ging es weiter?
Wir begannen Konzerte zu organisieren. Der Höhepunkt war ein Konzert-Wochenende draussen auf dem Parkplatz. Wir hatten dort ein Festzelt für 4000 Personen aufgebaut. Am Donnerstag spielten Gotthard, am Freitag Züri West, am Samstag Polo Hofer und Philipp Fankhauser und am Sonntag trat Göle auf.
Wie lief das?
Es war das totale Chaos (Rieder muss lachen). Bei Gotthard war das Zelt rammelvoll. Während des Konzerts begann es zu schütten wie aus Kübeln Alle Autos standen auf dem Feld, und nach dem Konzert wollten die Leute nach Hause. Doch sie versanken im Schlamm. Nichts ging mehr. Wir mussten Traktoren holen, um die Autos aus dem Morast zu ziehen. Die Leute wurden ungeduldig, es dauerte ewig, und überall war Matsch. Am Ende machten wir an dem Abend über 3500 Franken Trinkgeld – die Leute wedelten mit 100er-Noten, nur damit sie schneller rausgezogen wurden. Alles war voller Dreck. Das Trinkgeld landete später in der Waschmaschine – und die Noten hingen wir zum Trocknen auf.
Ende 2015 haben Sie nach fast 20 Jahren im Metzgerhüsi aufgehört, warum?
Ich wollte das Hüsi kaufen, wir boten 690'000 Franken, aber das Umfeld der Besitzerin wollte über eine Million Franken. Also liessen wir es sein und brachen unsere Zelte ab.
Seit 15 Jahren betreiben Sie das Tanzlokal Felix in Münsingen. Wie kamen Sie dazu?
Ich wohnte direkt darüber und konnte oft nicht schlafen wegen der lauten Musik. (lacht) Also sprach ich mit dem Inhaber – und plötzlich war ich der neue Mieter dieser Disko. Alle sagten, das gehe nicht, das werde nie laufen. Die ersten drei Jahre waren hart, es lief nicht viel. Dann kam die Tanznacht 40 zu uns – eine Party für Leute über 40.
Ich werde die erste Tanznacht 40 nie vergessen. Als ich morgens um zwei vom Hüsi ins Felix kam, war der Parkplatz brechend voll, der Laden genauso. Ich ging rein – und alle tanzten. Seitdem läuft der Laden.
Ist das Felix ein Selbstläufer?
Nein, überhaupt nicht. Seit Corona hat sich viel verändert. Die Frauen kommen zwar noch, um zu tanzen. Aber uns fehlen die Männer! (lacht) Man kann es kaum glauben. Bei uns ist es zu frauenlastig, die Männer kommen seit Corona nicht mehr. Die liegen zuhause vor dem Fernseher und gehen abends nicht mehr aus.
Dazu kommt, dass die Generation Z fast nicht in den Ausgang geht. Das ist die Generation mit Jahrgang zwischen 1995 und 2010. Sie geben das Geld lieber für Nägel oder Wimpern aus und verabreden sich auf Tinder. Warum sollen die noch in den Ausgang, wenn sie sich übers Handy daten?
Warum kommen die Leute ins Felix?
Im Vordergrund geht es ums Tanzen. Unser Publikum ist zwischen 40 und 50. Uns geht es darum, eine Party zu organisieren, damit die Leute den Alltag vergessen. Einfach mal abschalten. Es passiert immer wieder, dass zwei sich bei uns kennenlernen.
Zu uns kommen auch solche, die sich im Felix kennengelernt haben und heute verheiratet sind und Kinder haben.
Wie anstrengend ist es im Nachtleben zu arbeiten?
Mit dem Alter wird es anstrengend, einen Drink pro Abend gönne ich mir, mehr nicht. Aber wenn ich erst um halb vier morgens zuhause bin, so bin ich am Sonntag groggy. Auf der anderen Seite mache ich es seit 40 Jahren gerne. Was noch dazu kommt: Wenn man immer am Wochenende arbeitet, wird es immer wie schwieriger seine Freunde zu treffen.
Wie lange machen Sie das noch?
(überlegt) Ich denke, fünf Jahre mache ich das schon noch.
Gab es Momente, in denen Sie dachten: «Jetzt höre ich auf»?
Ja, das passiert immer wieder. Wenn die Leute zu mir kommen und reklamieren, sei es wegen dem DJ oder wegen der Lüftung.
Was war der schönste Moment in den all den Jahren als Veranstalter?
Wenn die Leute glücklich sind, wenn die Party-Stimmung gut ist. Manchmal ist die Stimmung so gut, dann geht einfach alles, sie tanzen zu jedem Song und singen mit.
Sind Sie glücklich?
Ja, sehr. Ich bin gesund, habe eine tolle Freundin - was will ich mehr?
Was gibt es zum 15-jährigen Jubiläum im Felix?
Wir haben spezielle DJs, die sonst nicht mehr auflegen. Das sind DJ Daddy, DJ Benno und DaBass. Neben viel Musik querbeet, spendieren wir Hamme und Härdöpfelsalat. Zudem gibt es eine neue Party ab April, die heisst «Mami geit ga tanze», von 20 bis 22:30 Uhr nur für Frauen, danach ist auch für Männer geöffnet.
[i] Tanzlokal Felix, Thunstrasse 64, Münsingen
[i] 15 Jahre Felix, Samstag, 22. März ab 20 Uhr, DJs Daddy, DaBass und Benno
Erstellt:
21.03.2025
Geändert: 24.03.2025
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