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Biglen - Diese Malerei gibt es seit 100 Jahren

Martin Müller wollte Hockeyprofi werden. Nach der Juniorenzeit bei Worb und beim SCB machte er eine Lehre als Maler. Im BERN-OST-Interview erzählt er, wie sein Ur-Grossvater vor 100 Jahren die Malerei gründete und wie er nach einem Todesfall die Firma übernahm.

Martin Müllers Ur-Grossvater Johann Müller (zweiter von rechts) gründete die Malerei. Sohn Johann (erster von links) übernahm später die Firma. Daneben Marie Müller und zwei weitere Kinder (Hedwig und Ernst) der Familie Müller. Heutiger Inhaber ist Martin Müller (Kreisbild). (Fotos: zvg/Rolf Blaser)
Martin Müller hat die Malerei 2001 übernommen und führt sie in vierter Generation. (Foto: Rolf Blaser)
Martin Müller bei der Arbeit. (Foto: zvg)
Restaurierter Schrank mit Bauernmalerei, ausgeführt und fotografiert von Urgrossvater und Firmengründer Johann Müller.
Eröffnung des Schwimmbads Biglen im Jahr 1930. (Foto: Johann Müller Sen.)

BERN-OST: Martin Müller, Ihr Ur-Grossvater Johann hat 1922 die Malerei Müller gegründet, was wissen Sie darüber?

Martin Müller: Bei der Eröffnung der Bigla 1909 zog er von Rohrbach nach Biglen und war Betriebsmaler in der Bigla. Er wohnte damals mit seiner Familie im Restaurant Sonne, hatte zwei Söhne und eine Tochter. Erst übernahmen beide Söhne, der eine musste dann gesundheitsbedingt den Beruf wechseln. Danach führte mein Grossvater den Betrieb allein weiter.

 

Die Malerei befand sich damals im sogenannten Schwalbennest an der Rohrstrasse in Biglen. 1948 baute die Familie ein Haus in der Hutmatte und nutzte dies als Wohn- und Geschäftshaus. An der Fassade sieht man noch den Schriftzug. Heute wohne ich dort, und die Werkstatt befindet sich in der ehemaligen Färberei der Ledergerberei Schneider.

 

Von meinem Ur-Grossvater habe ich alte Geschäftsakten von 1919 gefunden, damals hat er für die Fahnenweihe der Musikgesellschaft Biglen einen Schriftzug beigesteuert. Die Malerei Müller gründete er offiziell 1922.

 

Wie hat sich der Malerberuf seither verändert?

Der Beruf war handwerklich anspruchsvoller und vielfältiger. Mein Ur-Grossvater war Bau-, Schriften- und Möbelmaler. Zusätzlich war er noch historischer Fotograf. Sein Wissen eignete er sich durch Bücher an. Früher stellte der Maler die Farben selbst her, unter anderem mit Bindemittel und Pigmenten. Dann kamen Spritzgeräte, die ganze Elektrifizierung. Später wurden die Farben als fertige Produkte verkauft.

 

War es für Sie klar, dass Sie Maler lernen?

Nein, ich wollte Hockeyprofi werden. Mein Leben bestand aus Eishockey, ich war bis 15 bei den Junioren in Worb, ab 16 beim SCB. Den Sprung in die erste Mannschaft zum Profi schaffte ich nicht. Vielleicht fehlte es am Talent, nach einem Kreuzbandriss war fertig. Die Malerlehre machte ich, weil es naheliegend war. In die Lehre ging ich bei Paul Leuenberger in Konolfingen.

 

War es vorgesehen, dass Sie Vaters Betrieb übernehmen?

Nein, das war nicht geplant. Während meiner Lehrabschlussprüfung starb mein Vater. Mein Vater war schon davor krank und musste die Arbeit reduzieren. Meine Mutter, Herta Müller, schaute in der Zeit, dass der Laden weiterlief. Ohne sie könnten wir heute das hundertjährige Jubiläum nicht feiern.

 

Bei mir war es noch nicht sicher, wie es weitergeht. Naadisnaa rutschte ich rein, machte die Meisterprüfung und 2001 entschied ich mich, die Firma zu übernehmen. Als ich mich dafür entschied, setzte ich voll auf die Malerei. Meine Mutter stieg aus, die Firma bestand noch aus mir und meinem ersten Lehrling.

 

Einen Maler braucht es immer. Ist es eine krisensichere Branche?

Jein. Wenn das Dach rinnt, holt man einen Dachdecker. Malen wird in schlechten Zeiten häufig als Luxus wahrgenommen. Viele verschieben beispielsweise eine geplante Fassadenrenovation auf später. Aber klar, unsere Firma hat einen Weltkrieg und Corona überstanden, wir passten uns stets an.

 

Was sind die Hauptarbeiten, die Sie heute verrichten?

Ich konnte mir einen Traumberuf mit einem guten Team kreieren. Wir sind breit aufgestellt, sanieren denkmalgeschützte Objekte. Wir machen exklusive Gipserarbeiten und bieten spezielle Farbkonzepte auf Einrichtungen abgestimmt an. Zudem haben wir einen zweiten Standort in Bern, da wir häufig in der unteren Altstadt Häuser renovieren.

 

[i] Martin Müller ist mit Marianne Müller verheiratet. Sie haben zwei Söhne, Lorenz (20) und Ludowic (16). Lorenz hat Maler gelernt und arbeitet bereits im Betrieb, Ludowic besucht das Gymnasium. Die Chance, dass die Söhne die Firma weiterführen, bestehe.

 

[i] Müller die Malerei.ch AG, Riedhaldeweg 4a, Biglen, Allmendstrasse 29, Bern. Die Firma beschäftigt neun Angestellte und zwei Externe.

 

[i] Das 100-Jahr-Jubiläum wird aus Termingründen erst nächstes Jahr gefeiert. Ur-Grossmutter Marie Müller erreichte das stolze Alter von 105 Jahren.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.11.2022
Geändert: 06.11.2022
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