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Bollpark Süd: Neuer Begegnungsort im Bistro Perron 3
Vechigen hat ein neues Gastroangebot: Im Bistro Perron 3 beim Bahnhof Boll-Utzigen können sich neu Menschen jeden Alters zum Zusammensein treffen. Ende November letztes Jahr fand die Eröffnungsfeier statt, ab diesem Februar soll es mit einem bunten Angebot von Kursen und Anlässen noch geselliger weitergehen.
Gross prangt die Anschrift am Glasfenster, verfehlen kann man das Bistro Perron 3 gegenüber vom Bahnhof Boll-Utzigen nicht. «Trinken – reden – sein» steht neben dem Namen, und das verrät bereits: «Perron 3» ist mehr als ein gewöhnliches Café. Es bietet zwar Kaffee, Gipfeli und kleine Speisen samt «Frühmorgen-Takeaway» für Eilige, aber es soll auch schrittweise zum Treffpunkt für Alt und Jung werden.
Kein Konsumzwang…
«Ein Begegnungsort, an dem man ohne Konsumzwang lesen, andere Leute treffen und Kinder miteinander spielen lassen kann», formuliert es Rahel Jordi, die zusammen mit Renate Bolliger die Betriebsleitung innehat. «Ausserdem kann man hier Kurse und Veranstaltungen bieten oder besuchen – und natürlich Kaffee und Tee geniessen.»
…dafür ein Spielhaus
Der Raum ist hell und freundlich, in der hinteren Ecke der Kinderspielplatz mit dem eigens angefertigten «Alten Bahnhof» als Spielhaus. Um neun Uhr sitzen mehrere Leute an den Tischen, trinken Kaffee, lesen die Zeitung oder plaudern. Andere sind schon wieder weg, auf das Bähnli oder zur Arbeit: Das Bistro liegt ideal, und es ist erst noch ebenerdig zugänglich und geräumig genug für Kinderwagen oder Rollstühle.
Zeit nur von August bis November
Die beiden Betriebsleiterinnen sind von der Kirchgemeinde zu 40 respektive 20 Prozent angestellt. Rahel Jordi, 42, ist Polygrafin und hat das Wirtepatent für den Kanton Bern inne, Renate Bolliger, 26, ist Sozialdiakonin, Katechetin und Gemeindeanimatorin. Viel Zeit hätten sie nicht gehabt, den Begegnungsort zu planen, auszubauen und einzurichten, erzählt Rahel Jordi: «Im Juli vor den Sommerferien wurde der Mietvertrag mit der Kirchgemeinde unterzeichnet, anfangs August konnten wir starten und Ende November musste alles für die Eröffnung bereit sein.»
Trinken, Reden, Sein…
Und so hat das auch die Reformierte Kirchgemeinde Vechigen als Projektleiterin geplant: «Menschen jeden Alters sind eingeladen zum Trinken, Reden oder einfach zum Sein», informierte sie vor der Eröffnung letztes Jahr am 30. November. Diesen Februar geht es mit den ersten zusätzlichen Angeboten los: Lesungen, Vorträge oder Feierabendchor wurden bereits angedacht.
…oder Talente weitergeben
Weitere Angebote sind stets willkommen: «Hast du ein Talent, dass du in einem Kurs weitergeben möchtest? Eine gute Idee, die du mit anderen in die Tat umsetzen willst?», heisst es auf der Perron-3-Website. Rahel Jordi nickt. Ja, sie seien offen für Ideen: Eine Kleidertauschbörse, Spiel- oder Singnachmittage oder ein Trauerkaffee – alles sei denkbar. « Altersnachmittage könnten dereinst stattfinden, Kinderspielnachmittage, an denen die Eltern in Ruhe miteinander Plaudern können, oder Singtreffen und Jugendveranstaltungen – es hat Platz für ganz vieles.»
Kleine Geschenke, Kleininserate...
Auf den Regalen neben dem Tresen stehen gut haltbare Leckereien und andere kleine Geschenkartikel zum Verkauf. Und am Infoboard hängen bereits die ersten Kärtchen «Ich suche» und «Ich biete»: Zwei Kätzchen sind abzugeben, ein Waffeleisen auszuleihen und jemand wird für eine Entrümpelungsfahrt gesucht. So hat sich das Rahel Jordi vorgestellt: Begegnungen aller Art sollen hier möglich sein, «eine Art Marktplatz».
...und ein grosses Bedürfnis
Sie strahlt, als sie sich im Raum umsieht: «Ich freue mich sehr, wie es angelaufen ist – das war ganz offensichtlich ein grosses Bedürfnis.» An der Eröffnung sei das Bistro förmlich überrannt worden, jetzt hat es sich angenehm eingependelt. Einiges soll zwar noch ändern: Die provisorischen Lärmschutzwände beispielsweise sollen durch eine bessere Lösung ersetzt werden, um den Lärmpegel im grossen Raum zu dämpfen. Momentan wird es noch sehr laut, wenn viele Gäste da sind und im Mini-Bahnhofhaus Kinder spielen und auf der Röllelirutschbahn runterhoppeln.
Senior:innentisch
Am grossen Tisch in der Raummitte sitzen gemütlich sechs Seniorinnen und Senioren beim Kaffee und plaudern. Sie nicken bekräftigend, als Rahel Jordi ihnen die Schalldämmung verspricht, ja, das ist willkommen: Allein mit den beiden Kindern, die momentan in der Kinderecke rumpurzeln, wird es ein bisschen laut. Dennoch, es gefalle ihnen hier gut, antworten sie. «Ein schönes neues Angebot und ein angenehmer Raum», findet eine der älteren Damen. Und ihr Vis-à-Vis nickt bekräftigend: «Ja, ich bin heute zum ersten Mal hier, aber ich werde auf jeden Fall wiederkommen!»
Soziale und kulturelle Vielfalt…
Auch der Gemeinderat Vechigen freut sich über das neue Lokal: «Dieser Begegnungsort wird ein Treffpunkt für alle Generationen und ein Ort der sozialen und kulturellen Vielfalt», schrieb er in einer Mitteilung Ende Jahr. «Ziel ist es, mit niederschwelligen Angeboten die Gemeinschaft zu stärken und die Integration von Zugezogenen und Alteingesessenen zu fördern.»
…wird finanziell unterstützt
Der Gemeinderat hat deshalb beschlossen, das soziale Projekt für die Jahre 2024 bis 2026 mit einem jährlichen Beitrag von 6'000 Franken zu unterstützen, «um den Aufbau zu fördern und einen Zustupf an die Betriebskosten zu geben». Weitere kirchliche Organisationen, Stiftungen, Gewerbetreibende und Einzelpersonen unterstützen das Projekt finanziell. Grösstenteils wird der Betrieb des neuen Bistros jedoch durch die Reformierte Kirchgemeinde Vechigen finanziert und dank Freiwilligenarbeit aufrechterhalten.
Nur dank den Freiwilligen
Ohne die rund 30 Freiwilligen, bekräftigt Rahel Jordi, wäre das alles gar nicht machbar. Frühmorgens sind zusätzlich einige Student:innen angestellt, die verschiedene Zusatzaufgaben erledigen. Vormittags und Nachmittags übernehmen dann die Freiwilligen. Diese Freiwilligen, erklärt sie, machen aus Freude mit. Rahel Jordi hofft daher auf Verständnis, wenn es mal ein bisschen länger dauert.
«Wir tun unser Bestes»
«Wir sind keine Profis und brauchen vielleicht länger als Baristas», erklärt sie, «aber wir arbeiten mit viel Herzblut und freuen uns, etwas für die Gemeinschaft zu tun.» Demnächst werden auch Tischsteller darauf hinweisen und die Kundschaft informieren: «Lieber Gast, falls du es eilig hast, lass es uns gerne wissen», wird darauf stehen. «Dann tun wir unser Bestes, um dich schneller zu bedienen.»
Mittags ist geschlossen
Am Mittag ist das Perron 3 geschlossen. «Es wäre viel zu komplex, wenn wir auch noch kochen müssten», erklärt Rahel Jordi. Ausserdem gebe es in Boll schon diverse tolle Mittagsangebote. «Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass das Bistro Perron 3 irgendwann auch beispielsweise für Freitags-Abend-Apéros geöffnet sein wird.»
Quartierförderung und Kreativität
Bisher gingen Ideen ein für Vernissagen, Vorträge und Lesungen, aber auch für Töpfern, Basteln, Singen und Bärndütschkurse. Gemeinsam mit der Kirchgemeinde soll so im Bollpark Süd «ein zentraler Ort für Begegnung, soziale Integration und Quartierförderung» geschaffen werden. Und vielleicht wird daraus mit der Zeit auch ein «Ort von Kreativität und Erfindergeist», wenn viele Leute sich engagieren und ihre Ideen eingeben.
[i] Öffnungszeiten und Infos. Anregungen werden per Mail entgegengenommen. Im Bistro kann man auch Solidaritätskaffees kaufen. Das geht so: Trink einen Kaffee selbst, spendiere einen Kaffee an Leute, die sich sonst keines leisten können. Das laufe gut, sagt Rahel Jordi – aber bisher nur auf der Spender:innenseite. «Die Hemmschwelle, um ein Solidaritätskafi zu bitten, ist hoch.»
Erstellt:
20.01.2025
Geändert: 20.01.2025
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