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Brächete Zäziwil: «Man muss dafür ein Gspüri erhalten»

Zäziwil ist nächste Woche aus dem Hüsli. Weil: Am letzten Mittwoch im September ist Brächete. BERN-OST hat Peter Schär besucht, er hilft seit Jahren bei der Brächete mit. Er erzählt, wie das Fest entstanden ist und ob man den Flachs rauchen kann.

Am Mittwoch ist in Zäziwil das gesamte Dorf auf den Beinen, es ist wieder Brächete. (Foto: Rolf Blaser)
Peter Schär hilft seit etwa 15 Jahren aktiv bei der Brächete mit. (Foto: Rolf Blaser)
Peter Schär und Sohn David gönnen sich eine Verschnaufpause am Bock. (Foto: zvg)

1954 fand die erste Brächete in Zäziwil statt. Damals organisierte die Handweberei aus Zäziwil dieses Fest. Nachdem die Weberei schloss, übernahm die Gemeinde die Organisation. An der Brächete wird gezeigt, wie bis ins letzte Jahrhundert Flachs zu Garn verarbeitet wurde. Dabei wird der Flachs gebrochen, daher der Name Brächete. Aus Flachs wird Leinen hergestellt, dieser gab dem Leintuch, dem Leinsamen und dem Leinenhemd den Namen.

 

Peter Schär (68) ist in Aeschau in der Gemeinde Eggiwil aufgewachsen und lebt seit 1984 mit seiner Frau in Zäziwil.

 

BERN-OST: Peter Schär, was ist das Besondere an der Brächete?

Peter Schär: Ich habe schon immer gerne alte Sachen gehabt. Die Brächete ist eine alte Sache, die aber lebt. Die steht nicht nur rum, es ist eine gelebte Tradition. Anders als in einem Museum kommt das Können und Wissen der Leute dazu, die etwas machen.

 

Als ich vor vielen Jahren anfing, waren im Bereich des Röstens zwei alte Männer beschäftigt, ich war damals der Jüngere. Heute sind beide gestorben, jetzt bin ich der alte Mann und zwei Jüngere helfen aus. Die Brächete ist nicht nur ein Fest, wir geben auch unser Wissen weiter.

 

Hat die Brächete keine Mühe junge Leute zu finden die mithelfen?

Soviel ich weiss, finden sich immer Leute, das ist kein Problem. Es ist auch eine gewisse Ehre oder Anerkennung, wenn man dort mitmachen kann. Auch bei denen, die brechen, hat es heute viele Junge dabei. Rösten und Vorbrechen sind eher eine Männerdomäne, fürs Brechen und Hecheln sind fast nur Frauen beschäftigt. Bis auf letztes Jahr, da hat ein Schuljunge dort mitgemacht.

 

Wissen Sie, wie die Brächete entstanden ist?

Neben meinem Nachbar hier in Zäziwil war früher eine Handweberei. Deren Inhaber hatte zusammen mit dem alten Rössliwirt die Idee, so ein Fest zu organisieren. Über die Jahre hat sich die Brächete verändert, ist gewachsen, der Markt kam dazu. Wobei auch immer darauf geachtet wird, dass traditionelle Produkte verkauft werden, die passen.

 

Wie sind Sie zur Brächete gekommen?

Als ich in die Gemeinde zog, fand ich es wichtig, mitzuhelfen, damit das Dorf funktioniert. Ich war im Männerchor, war während acht Jahren im Gemeinderat, danach auch noch im Kirchgemeinderat. Zudem war ich Präsident der Elektra Zäziwil. Damals unterhielt Zäziwil noch ein eigenes Stromnetz. Als ich von der Brächete angefragt wurde, sagte ich zu.

 

Was ist Ihre Aufgabe an der Brächete?

Ich bin im Team, das für das Rösten und Vorbrechen zuständig ist. Die Garben werden über dem Feuer verteilt, man muss das «Gspüri» erhalten, wann sie dürr genug sind, um sie zu brechen. Weiter muss man schauen, dass die Garben nicht Feuer fangen. Danach kommen sie auf einen Vorbrechbock, wo sie durchgedreht werden, damit der Stängel im Innern gebrochen wird.

 

Früher, als der Flachsanbau im Emmental noch verbreitet war, wurden diese Garben im September geerntet, gerottet und im darauffolgenden Winter verarbeitet. Die Brächete fand damals also nicht im September, sondern im Winter statt.

 

Was bedeutet es für Sie an der Brächete mitzumachen?

Es ist ein schönes Fest, welches das Dorf zusammenhält. Ich freue mich sehr und hoffe, das Wetter spielt mit. Lustig ist auch, wenn man alte Kleider trägt, haben die Leute das Gefühl, man sei eine Fachperson.

 

Tragen Sie an der Brächete eine Tracht?

Nein, ich trage alte Hosen aus Halbleinen und ein Gilet mit einer Sackuhr von meinem Vater. Dazu ein Hemd, welches zu hundert Prozent aus Schweizer Leinen besteht. Es gibt keinen Kleiderzwang, viele tragen eine Tracht oder einen Burgunder.

 

Wie reagieren die Besucher an der Brächete?

Viele erzählen, dass sie dies noch von früher kennen oder dass sie zuhause auch noch so ein Gerät rumstehen haben. Manche verwechseln Flachs mit Hanf und fragen, ob man den Abfall - der beim Brechen zu Boden fällt - rauchen könne. (Lacht) Ich sage dann jeweils: «Klar kann man das rauchen.»

 

Woher stammt der Flachs, der an der Brächete verarbeitet wird?

Es sind Leute aus dem Dorf, die ein paar Quadratmeter anpflanzen. Der diesjährige ist Flachs ist sehr schön gekommen, der Regen im Frühling hat ihm scheinbar gutgetan.

 

[i] Die Brächete findet am Mittwoch, 25. September ab 9:00 bis 17:00 Uhr in Zäziwil statt. Anreise mit der Bahn nach Zäziwil empfiehlt sich, da die Thunstrasse gesperrt ist und kaum Parkplätze vorhanden sind.  

 

[i] Flachs, eine der ältesten Kulturpflanzen wurde bereits vor 30’000 Jahren verwendet, um Fasern zu gewinnen. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war Leinen in Europa eine bedeutende Textilfaser.

 

Leinen, gewonnen aus den Fasern der Flachspflanze, ist für seine Reissfestigkeit, Saugfähigkeit und Langlebigkeit bekannt. Es wurde für Kleidung, Bettwäsche und Segeltücher verwendet. Heute ist Flachs vor allem für Leinsamen und Leinöl in der Ernährung sowie als nachhaltiges Material in der Mode von Bedeutung. Durch seine ökologischen Vorteile und die erneute Wertschätzung natürlicher Textilien erlebt Leinen eine leichte Renaissance. (Quelle: Chat-GPT)


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.09.2024
Geändert: 20.09.2024
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