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Chantal Wyss: «Ich lebe meinen Traum»

Sie ist in Worb aufgewachsen und verbringt seit ein paar Jahren den Winter auf Bali. Ihr Traum war, von irgendwo auf der Welt zu arbeiten. Sie wollte keinen Bürojob, sondern ihr eigene Chefin sein. Im BERN-OST-Interview erzählt Chantal Wyss, was sie in Bali vermisst und wie viele Stunden sie täglich auf Instagram verbringt.

Chantal Wyss: "Ich wollte keinen geregelten Büro-Job." (Foto: Rolf Blaser)
Chantal Wyss vor neun Jahren, als sie zur Miss Bern-Ost gekürt wurde. (Foto: Res Reinhard)
Zur Wahl erhielt sie diesen Kia Rio, der jetzt zum Verkauf steht. (Foto: Rolf Blaser)

Chantal Wyss (28), wurde vor neun Jahren zur Miss BERN-OST gewählt. Damals steckte sie in ihrer Ausbildung zur Modeberaterin, welche sie noch mit einer Ausbildung zur Visagistin ergänzte. Es gelang ihr, in der Modewelt Fuss zu fassen. Vor drei Jahren hat sie ihre eigene Mode-Marke ins Leben gerufen.

 

Diese vertreibt sie von Bali aus, wo sie die Hälfte des Jahres lebt. Sie habe viel Arbeit in das Projekt investiert, dafür ist sie heute ihre eigene Chefin. Bis jetzt sei ihre Marke aber immer noch ein Ein-Frauen-Marke. Das bedeute, dass sie die bestellten Kleider immer noch selbst verschickt.

 

BERN-OST: Chantal, du bist 2014 zur Miss BERN-OST gewählt worden – welche Erinnerungen hast du daran?

Chantal Wyss: Sehr gute. Ich habe damals mitgemacht, weil ich die Vor-Miss kannte. Es brauchte Mut sich zu bewerben und von sich zu behaupten, dass man sich schön findet. Ich habe von diesem Anlass profitiert, lernte viele Leute kennen, vom Automech bis zur Couture Mitarbeiterin. Mir wurden Kleider zur Verfügung gestellt, wir hatten ein Tanztraining und Foto-Shootings. Bei Gerber Utzigen nahmen alle Teilnehmerinnen an der Ausstellung teil, was sehr lustig war.

 

Nahmst du danach noch an der Miss Bern-Wahl teil?

Ja, dort kam ich ins Finale und wurde Miss Fotogen und Vize-Miss-Bern. Es wurde damals berichtet, dass unter den Teilnehmerinnen ein Zicken-Krieg laufe, aber das stimmte nicht, die Stimmung war super.

 

Haben dir diese Wahlen Türen geöffnet?

Klar, nach der BERN-OST-Wahl begann ich zu modeln und hatte Einsätze als Hostess an Messen. Ich konnte an Foto-Shootings und Mode-Schauen teilnehmen. Aber für eine Model-Karriere auf dem Laufsteg bin ich mit meinen 1 Meter 70 zu klein.

 

Dieses Interview hat sich ergeben, weil du dein Auto, welches du bei der Miss BERN-OST-Wahl gewonnen hast, verkaufen willst.

(Lacht) Ja, wir brauchen ein grösseres Auto. Der Kia Rio war mein erstes und einziges Auto, da stecken viele Erinnerungen drin. Jetzt steht es zum Verkauf, geprüft, für 4900 Franken.

 

Du wohnst in Kerzers und lebst auch in Bali?

Von November bis April leben mein Partner und ich in Bali. Wir waren 2016 dort in den Ferien und haben uns in die Insel verliebt. Wir suchten ein unabhängigeres Leben und dachten, es wäre toll, dort zu leben. Wir waren auf der Suche nach einem Job mit viel Freiheit. Wir suchten etwas, bei dem wir vom Strand aus arbeiten können. Mein Verlobter surft und arbeitet als Videograf.

 

Und das hat funktioniert?

Ja, heute vertreibe ich meine Kleidermarke auch von Bali aus.

 

2020 hast du deine eigene Kleidermarke Kaimana-Wear gegründet. Wie schwierig ist es, eine Marke aufzubauen?

Das ist in Bali entstanden, ich bin damals viel ins Gym ins Fitness-Training. Für mich strahlten die Frauen dort viel Selbstbewusstsein aus, sahen super aus und trugen schöne Kleider. Ich fragte eine, woher sie ihr Outfit hatte. Ich rief darauf die Herstellerin, eine Frau in Bali an und sprach mit ihr. Sie kam zu mir nach Hause und zeigte mir ihre Kleider. Ich kaufte ein und postete dies auf meinem Instagram-Profil. Die Resonanz aus der Schweiz war gross, viele wollten das auch.

 

Wie ging es weiter?

Ich rief sie nochmals an und dachte, ich kaufe zehn Stück um diese meinen Freundinnen mitzubringen. Als ich sie anrief, fragte sie, warum ich nicht eine eigene Marke möchte. Sie habe eine eigene Manufaktur, ich könne bei ihr bestellen und sie würde mich beim Aufbau der Marke unterstützen. So entstand die Idee.

 

Ich überlegte mir einen Namen für die Kollektion, wie ich das aufziehen könnte und bestellte 30 Stück, die sie designte. Ich fragte einen Fotografen für ein Shooting. Dieser meinte, für 30 Stück lohne es sich nicht. Also bestellte ich 120 Stück, meine Mutter unterstützte mich finanziell. Noch vor dem Launch erstellten wir einen Instagram-Kanal, die Resonanz war riesig. Innert 24 Stunden waren 120 Stück verkauft.

 

Da dachte ich, wow, das könnte etwas sein. Das meiste ist handgemacht, wir setzen stets auf kleine Produktionen, bauen das auf, lancieren und verkaufen es. Heute verkaufen wir etwa vier Mal so viel wie vor drei Jahren.

 

Was ist deine Funktion? Wo wird es produziert?

Ich beziehe immer noch alles über diese Manufaktur in Bali. 60 Prozent werden in Bali hergestellt. Da wir auch nahtlose (seamless) Leggins produzieren, mussten wir dafür nach Hongkong ausweichen. Aber das meiste wird in Bali von Frauen zuhause produziert. Sie nähen beispielsweise Bikinis und können dadurch ihre Kinder ernähren.

 

Kannst du davon leben?

Ja, 80 Prozent meines Einkommens kommt davon, der Rest durch Network-Marketing.

 

Ein Schneeball-System?

Nein, dies ist ein modernes Geschäftsmodell, welches im Schweizer Gesetz verankert ist. Es geht um Gesundheits- und Schönheitsprodukte. Die Leute bestellen direkt über eine Firma und ich zahle brav meine Steuern.

 

Was vermisst du in Bali von zuhause?

Hmm, ich vermisse hier eher Sachen aus Bali. Die natürliche Art der Leute. Sie haben sehr wenig, leben vielleicht von 200 Dollar im Monat, aber sie kommen damit klar und sind glücklich. Sie lachen und nehmen sich Zeit. In der Schweiz hat man den Eindruck, alles müsse immer schnell gehen. Sei es beim Einkaufen oder im Verkehr. Dem Negativen wird hier mehr Gewicht gegeben. Die Leute dort scheinen zufriedener, obschon sie von der Hand in den Mund leben.

 

Was ich vermisse, wenn ich in Bali bin, ist die frische Schweizer Luft. Dort ist die Luftfeuchtigkeit hoch, ein kühle Brise würde oft guttun. Auch sauberes Wasser aus dem Hahn vermisse ich. Aber sonst nichts, weder essen noch trinken.

 

Bali gehört zu Indonesien, wie spricht man dort?

Man spricht Balinesisch. Die Grammatik ist einfach, aber die Aussprache schwierig. Wir lernen die Sprache noch, im Alltag können wir uns schon ein bisschen verständigen.

 

Du bist sehr aktiv auf Social Media. Bist du eine Influencerin?

Ja, ich verdiene auch Geld mit Kollaborationen. Ich teile verschiedene Produkte auf meinen Kanälen.

 

Wie funktioniert das?

Beispielsweise hat uns der Reiseveranstalter Helvetic Tours für eine Woche nach Madeira eingeladen. Mein Partner und ich lieferten von dort Content (Inhalt). Wir machen Fotos und Videos und posten dies auf Instagram, Youtube und TikTok. Ich habe 6000 Follower auf Instagram, die dies sehen. Etwa 2500 verfolgen meine täglichen Storys aus meinem Alltag.

 

Wie viel Zeit verwendest du für die sozialen Medien?

Schwierig zu sagen, ich mache das einfach, wie andere ein Glas Wasser trinken. Es sind schon etwa drei Stunden pro Tag. Es ist nicht nur Spass, sondern hat schon mit Arbeit zu tun.

 

Welche Kanäle nutzt du?

Ich habe einen Instagram-Kanal für mich und einen für meine Kleidermarke Kaimana. Tiktok habe ich auch, dort bin ich aber eher Konsumentin und hole mir Inspiration. Mein Freund hat auf Youtube eine beachtliche Präsenz, er ist Videograf, produziert Videos und postet diese dort. Facebook habe ich noch, aber geschäftlich nutze ich es nicht mehr. Instagram ist der Kanal, der am besten läuft. Wenn man gerne etwas über sich erzählt, dann passt das.

 

[i] Chantal Wyss privat gibt es hier.

Chantals Kleidermarke Kaimana-Wear: https://www.kaimanastore.com/ 


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 29.07.2023
Geändert: 29.07.2023
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