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Diskussion um Ganztagesschule: «Das tönt nach einer Ausrede, weil Sie keine Lust haben»

Es wird vorläufig keine Ganztagesschule geben in Münsingen. Darüber war sich das Parlament in Münsingen einig. Aber das Projekt anschauen und eine Umfrage dazu machen, das sei möglich.

Thema Ganztagesschule in Münsingen: Erst sah es nach einem Nein aus, am Ende stimmte der Rat einer Umfrage zu. (Foto: Rolf Blaser)

«Es geht lediglich um eine Prüfung, mehr nicht», der Einwand von Henri Bernhard (SVP) zum Ende der Diskussion um eine Tagesschule brachte den Umschwung. Davor sah es aus, als ob das Parlament den Vorschlag der SP ablehnen würde. Sie forderte in einem Postulat, den Bedarf für eine Ganztagesschule in Münsingen zu prüfen. Am Ende stimmte das Parlament dem Postulat teilweise zu.

 

Darum gehts: Schule, Tagesschule und Ganztagesschule

Zuerst eine kurze Einordnung. Es gibt die Schule, wie wir sie alle kennen. Daneben unterhält Münsingen sieben Tagesschulen, dort werden Kinder ausserhalb der Unterrichtszeiten betreut und kriegen Mittagessen. Die Tagesschulen haben von Montag bis Freitag geöffnet, am meisten besucht werden sie Dienstag bis Donnerstag. Eine Ganztagesschule gibt es zurzeit noch nicht, hier würden die normalen Schulen zu einer Ganztagesschule umfunktioniert. Das heisst, die Kinder bekämen dort an drei bis vier Tagen Mittagessen und würden auch tagsüber betreut.

 

Zwei Drittel unterschrieben

Doris Rüger von der SP hatte das SP-Postulat eingereicht, neben ihr hatten den Vorstoss 21 Parlamentarierinnen und Parlamentarier unterzeichnet. Bei einem Parlament mit 30 Mitgliedern sah es nach einer klaren Sache aus, wurde es aber nicht. Gemeinderat Urs Baumann (SVP) sagte gleich zu Beginn, dass das Thema zu vielen Diskussionen geführt habe. Er lehnte den Vorstoss ab: «Wir wollen keine Unsicherheiten bei Eltern und der Lehrerschaft aufkommen lassen. Unser Ziel ist, die bestehenden Tagesschulen zu stärken.»

 

Gemeinderat dagegen

Es sei schwierig, das Thema Ganztagesschulen jetzt anzugehen, «da auch der Kanton nicht von einer flächendeckenden Umsetzung von Ganztagesschulen ausgeht.» Das Kernargument Baumanns gegen die Ganztagesschule war: «Wir wollen weder Lehrpersonen noch Eltern verunsichern.» Baumann erhielt dafür Unterstützung. Für GLP und EVP kam das Thema zu früh, Cornelia Jutzi von den Grünen sagte: «Die Bedingungen sind im Moment nicht gegeben.» Damit schien das Postulat vom Tisch.

 

Der Umschwung

«Das tönt nach einer Ausrede, weil Sie keine Lust haben», leitete Stephanie Balliana von der GLP die Wende in der Diskussion ein. Linus Schärer von der SP doppelte nach: «Essen in der Schule wird zum Standard, das wird kommen. Mit der Digitalisierung sollte eine Umfrage bei Eltern keine Sache sein. Man scheut sich, der Realität ins Auge zu schauen.»

 

Als letzter Befürworter meldete sich Henri Bernhard (SVP): «Es geht nicht darum, ein Modell zu bewerten.» Bernhard stellte einen Antrag, der kürzer ausfiel als das ursprüngliche Postulat der SP: «Es soll lediglich geprüft werden, wie gross der Bedarf für eine Ganztagesschule in Münsingen ist.»

 

Die Umfrage kommt

Bernhards Antrag setzte sich in der Schlussabstimmung mit 18:8 bei 2 Enthaltungen durch. Das Postulat wurde somit als teilweise erheblich angenommen. Der Gemeinderat wird eine Umfrage bei den Eltern und der Lehrerschaft durchführen und der Frage auf den Grund gehen, wie sie zum Angebot einer Ganztagesschule stehen.

 

[i] Im Gemeindeparlament von Münsingen kommt es zu folgenden Wechseln: Doris Rüeger (SP) wird durch Guy Déverin (SP) ersetzt. Markus Troxler (FDP) durch Michael Fahrni (FDP) und Urs Siegenthaler (Grüne) durch Luca Fankhauser (Grüne). Dann gab es noch einen Wechsel in der SVP, dort ersetzt Michael Gerber Peter Wymann.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 25.01.2024
Geändert: 25.01.2024
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