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Elise-Darstellerin Käthi Schaffer: "Es erfordert Stärke, die Böse zu sein"

Im Freilichtspiel auf der Moosegg spielt Käthi Schaffer (54) ab Anfang Juli mit Elise Reist eine verbitterte Frau. Etwas, das ihr schwerfällt?

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"Zum Spannendsten gehört, mich mit Charakteren zu befassen, die möglichst weit von mir weg sind", beschreibt Käthi Schaffer - hier im Garten ihres Zuhauses - ihre Leidenschaft fürs Theaterspielen. (Bild: Eva Tschannen)

BERN-OST: In «Schwarmgeist» spielen Sie mit Elise Reist eine sehr gläubige Frau, die mehr auf Gott als auf die Medizin vertraut. Eine Sichtweise, die Sie nachvollziehen können?


Käthi Schaffer: Aus der Sicht von Elise ja. Zur damaligen Zeit waren solche Ansichten viel häufiger. Elise haben verschiedene Schicksalsschläge hart werden lassen und dazu bewogen, das Heil im Glauben zu suchen. Übertrage ich es auf die heutige Zeit – nein. Da bin ich Käthi Schaffer und nicht Elise.

Wie werden Sie zur Elise?

Indem ich mir ihre Biographie vorstelle. Ich male mir aus was sie erlebt hat, woher sie kommt und wie die Leute aus ihrer Umgebung auf sie wirken. Daraus baue ich mir eine Geschichte auf. Sobald wir zu spielen beginnen, kristallisieren sich gewisse Sachen noch heraus. Dabei kommt es natürlich auch darauf an, was der Regisseur möchte.

Und wie war dies bei Elise?

Bei Elise hatte ich mir vorgestellt, dass ich viel mehr liebenswürdige Szenen spielen kann. Nun stellt sich heraus, dass sie so verbittert ist, dass nicht mehr viel Liebenswürdiges an ihr ist. Sie ist verbittert und im Tunnel dieser Glaubensgeschichte drin. Damit beeinflusst sie auch ihr Umfeld. Sie auferlegt diesem, so zu leben wie sie selber – das ist auch hart für ihre Umgebung. (lacht)

Inwiefern war dies für Sie schwierig?

Es erfordert Stärke, ein ganzes Theater lang die Böse zu sein. Meine Rolle in «Die zwölf Geschworenen» dieses Jahr in Ittigen war in Hinblick darauf sehr wichtig. Ich spielte diejenige Geschworene, die bis am Schluss darauf beharrt, dass der Angeklagte schuldig gesprochen und hingerichtet werden muss. Eine ganz intensive, spannende Rolle – und auch textlich sehr gross. Zudem erforderte sie viel Kondition, da wir das ganze Stück über anwesend waren und immer spielen mussten. Das war eine gute Vorbereitung für die Moosegg.

Als Elise haben Sie ebenfalls viel zu erzählen. Wie bleibt all der Text hängen?

Es gibt verschiedene Phasen. Ganz am Anfang sitze ich meist zu Hause vor dem Textbuch und versuche, mir beim Lesen Bilder dazu zu machen. Diese Bilder sind in diesem Jahr besonders wichtig, da ich als Elise in den Monologen Träume beschreibe, die ich hatte. Sobald wir die Szene geprobt haben, verbinde ich die Textstellen zudem mit dem was ich dazu machen muss. Und ich nehme den Text mit in den Garten, in den Wald oder ins Bähndli. Wenn ich irgendwo stillstehe heisst es «fürenäh u lehrä.»

Sie spielen erstmals unter freiem Himmel. Inwiefern ist dies anders, als auf einer normalen Theaterbühne zu stehen?

Für mich ist es wie Heimkommen. Ich bin in einem kleinen Weiler ob Stettlen aufgewachsen. Die Sprache und die Umgebung sind mir deshalb vertraut. Auch ist es unglaublich schön, draussen in der Natur, umgeben von Wald, zu spielen. Bei schönem Wetter sieht man bis nach Langnau und wenn es geregnet hat, zieht der Nebel hinauf. Dann in dieser Kulisse zu stehen – das ist wunderbar, «das verjagt mi mängisch fasch vor Wöhli.»

[i] Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums von Simon Gfeller wird auf der Moosegg mit «Schwarmgeist» ein Stück nach Vorlage des Emmentaler Schriftstellers aufgeführt. Im Zentrum steht Stüdi, eine junge Bäuerin, deren Ehemann während des Ersten Weltkriegs an der Front weilt. Als eines ihrer Kinder erkrankt, will sie den Arzt beiziehen, um es zu retten. Mit Elise schaltet sich jedoch die Tante der Familie ein und erklärt, das Kind sei alleine durch Gebet und Handauflegen zu heilen. Stüdi gerät dadurch mit sich und ihrem Glauben in Konflikt.

„Die Zuschauer bekommen alles, was es an Stimmungen gibt. Es wird fröhlich werden, es wird lustig werden und es wird tragisch werden – es kommt die ganze Bandbreite an Gefühlen zum Zug“, freut sich Käthi Schaffer auf die kommenden Vorstellungen.

Neben dem Freilichttheater «Schwarmgeist» (6. Juli bis 18. August) wird diesen Sommer analog dem Vorjahr mit der Operette «Der Vetter aus Dingsda» (20. Juni bis 1. Juli) eine weitere Produktion auf der Moosegg aufgeführt.

 

www.freilichtspielemoosegg.ch


Autor:in
Eva Tschannen, eva.tschannen@bern-ost.ch
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Erstellt: 03.06.2018
Geändert: 03.06.2018
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