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FDP Worb: Frontalangriff auf die Führung des Wisleparks

Die Vorwürfe der FDP Worb sind harsch: «Die Intransparenz und Orientierungslosigkeit bei der Führung des Wisleparks überschreitet rote Linien», schreibt sie in einer Mitteilung. Mehr noch: Sie verlangt, dass der Verwaltungsrat in globo zurücktritt. Die Vorwürfe lässt Verwaltungsratspräsident Rolf Nöthiger nicht unbeantwortet auf sich sitzen.

Die FDP Worb unter Präsident Gregory Graf (links) verlangt, dass Rolf Nöthiger, Verwaltungsratspräsident des Wisleparks, zurücktritt. (Foto: Archiv BERN-OST, zvg)

Es ist nicht das erste Mal, dass die FDP Worb die Führung des Wisleparks kritisiert: Schon 2018 hatte sie ein Postulat mit dem Titel «Mehr Transparenz bei der Verwendung unserer Volksbeiträge» eingereicht. Jetzt, einen Monat vor den Wahlen, geht sie einen Schritt weiter und macht mit einer harschen Medienmitteilung Druck auf die Führung.

 

Sie verlange vollständige Transparenz bei der Buchführung und bei der Vergabe von Planungsaufträgen, schreibt die FDP Worb. Und einen Schritt weiter: «Wir wollen einen Neuanfang mit Vorwärtsstrategie und verlangen den Rücktritt des gesamten Verwaltungsrats.»

 

Vielfältige Vorwürfe…

Die Vorwürfe an diesen sind vielfältig: Nichteinhalten von Versprechen, Planlosigkeit, ja sogar unrechtsmässige Verwendung von öffentlichen Geldern werden der Wislepark-Führung zur Last gelegt. Jahrelang seien keine Rückstellungen gemacht und falsche Entscheide punkto Geschäftsführung getroffen worden. Insgesamt: «Die Intransparenz und Orientierungslosigkeit bei der Führung des Wisleparks überschreitet rote Linien.»

 

…und eine spontane Reaktion

Das lässt Verwaltungsratspräsident Rolf Nöthiger nicht auf sich sitzen: «Unter jeder Gürtellinie», lautet seine spontane Reaktion. Zudem seien viele der gegen ihn geäusserten Anschuldigungen schlicht unwahr. Er sei beispielsweise nicht der Architekt des Wisleparks, sondern habe einzig die Bauleitung innegehabt, sagt er, «und in dieser Funktion hatte ich nichts mit der Projektentwicklung und den strategischen Entscheiden zu tun».

 

Zur Rettung eingesprungen

Ausserdem habe er nicht einfach «das Verwaltungsratspräsidium übernommen», korrigiert er: «Vielmehr wurde ich von der Gemeinde als Verwaltungsratspräsident angefragt – zur Rettung der Sportzentrum Worb AG.» Als solcher bade er jetzt Fehlentscheide aus, die teils Jahre zurückliegen. «Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung haben aus der schwierigen Situation immer wieder Optimierungen gesucht, um für die Benutzer beste Möglichkeiten zu schaffen», ergänzt er. Und sie hätten dabei auch die betriebswirtschaftlichen Anforderungen im Auge behalten.

 

Eigenbetrieb: Ein teurer Irrtum…

Von der FDP Worb wird allerdings genau das kritisiert: «Das öffentliche Geld wird nicht rechtmässig eingesetzt und die Sparten Gastro, Wellness, Fitness auf unzulässige Weise quersubventioniert», schreibt sie in ihrem Communiqué. Die Auflage der Gemeinde laute jedoch, dass der jährliche Gemeindebeitrag «nur für die Sparten Eisbahn und Badi verwendet werden dürfen». Und: «Heute ist klar, dass der Eigenbetrieb ein teurer Irrtum war.»

 

…oder Möglichkeit für Synergien?

Darauf antwortet Gemeindepräsident Niklaus Gfeller: «Der Gemeinderat hat sich 2010 nach intensiver Prüfung und auf Empfehlung von Fachpersonen aus dem Sportzentrumbereich für diese Betriebsart entschieden.» Der Eigenbetrieb gewährleiste, dass im personellen Bereich Synergien genutzt werden können. «Der Verwaltungsrat hat nun den klaren Auftrag vom Eigentümer, dies so umzusetzen.»

 

«Veraltete Anlangen holen uns heute ein»

Ursprünglich, ergänzt Verwaltungsratspräsident Rolf Nöthiger, hätten der Ausbau der Sportanlagen und die Erweiterung des Angebots mit Fitness, Wellness und Gastronomie «zum Ziel gehabt, die Badi und die Kunsteisbahn möglichst kostendeckend zu betreiben». Dabei sei aber, «trotz Interventionen von Personen, die die Situation bestens kannten», nicht berücksichtigt worden: Die technischen Anlagen von Bad und Eisbahn seien schon damals veraltet gewesen. «Diese Tatsache holt uns nun ein.»

 

Schwarze Null, aber kein Grundstock

Der aktuelle Verwaltungsrat – er wurde vor zehn Jahren eingesetzt – habe den Betrieb stabilisiert und die Rechnung «auf eine schwarze Null gebracht». Das könne übrigens in den Jahresberichten, die öffentlich seien, nachgelesen werden, betont Nöthiger.  Der Ukraine-Krieg und die horrenden Strompreise hätten dann zu einem massiven Verlust im letzten Jahr geführt. Die AG habe allerdings diesen Verlust mit der bestehenden Substanz auffangen können, betont er. «Und sie hat mit eigenen Mitteln kürzlich die gesamte Kühlanlage erneuert.»  

 

Wasserfilter und Dach der Eishalle

Jetzt aber stehen gemäss Nöthiger auch andere dringende Arbeiten an: Die Badewassertechnik beim Schwimmbad sei von 1985 und habe ihren Lebenszyklus mehr als erreicht. «Wir werden bald die vom Kanton vorgeschriebene Wasserqualität nicht mehr erbringen können.» Und auch das Dach der Eishalle müsse aufgrund neuer Normen verbessert werden. «In einer äussert schneereichen Periode müsste die Halle geschlossen werden.»

 

«Geld nur für Badi und Eisbahn»

Dennoch: Die FDP Worb kritisiert, die bestehende Kostenrechnung sei nicht richtig, das Konzept intransparent und unkorrekt. Sie verlangt, die Betriebe sauber auseinanderzuhalten. Dessen sei sich der Verwaltungsrat allerdings bestens bewusst, antwortet Rolf Nöthiger darauf. Und: «In der Leistungsvereinbarung zwischen Gemeinde und Sportzentrum Worb AG, die der Gemeinderat 2017 genehmigt hat, ist klar aufgezeigt, wie die Kostenrechnung zu führen ist, damit diese Vorgabe eingehalten wird.» Er informiere den Gemeinderat mindestens quartalsweise über den operativen Geschäftsgang und die finanzielle Situation.

 

Der gordische Knoten…

Genau in dieser Kostenrechnung, so scheint es, liegt aber der gordische Knoten. Die FDP Worb weist darauf hin, dass «wegen der fehlenden Transparenz in der Buchführung» die Auflage der Gemeinde untergraben werde. Dazu sagt Verwaltungsratspräsident Nöthiger: «Wir sind derzeit daran, die Kostenrechnung zu überarbeiten.» Die Aufteilung der Personalkosten und der Energiekosten auf die verschiedenen Bereiche werde aktuell überprüft.

 

…und ob er sich lösen lässt

Die grosse Frage ist , wie sich frühere Fehlentscheide heute korrigieren lassen. Ob die FDP Worb diesen gordischen Knoten lösen kann, indem sie den Verwaltungsrat angreift und absetzen will, muss sich zeigen. Offensichtlich sieht man dort aber keinen anderen Weg, als öffentlichen Druck zu machen: «Die Spezialkommission dreht sich im Kreis und es herrscht Unzufriedenheit», heisst es in der Mitteilung. Und: «Die FDP bemüht sich um konstruktive Lösungen.»

 

«Schlag in den Bauch»

Das Schreiben empfindet Gemeindepräsident Niklaus Gfeller nun gerade nicht als konstruktiven Schritt: «Es ist wie ein Schlag in den Bauch», lautet seine Reaktion. Der Gemeinderat habe Rolf Nöthiger 2013 ins marode Boot geholt, als klar wurde, dass Gfeller selbst – der Vertreter der Gemeinde als Hauptaktionärin – nicht gleichzeitig Verwaltungsratspräsident sein kann. Gfeller betont: «Der Verwaltungsrat macht seine Arbeit gut, und dies mit beträchtlichem Aufwand.»

 

Will die Gemeinde sich Badi und Eisbahn leisten?

Überall werde Freiwilligenarbeit gedankt und geschätzt, fügt er hinzu, und jetzt das: «Der Verwaltungsrat erhält für die Mandate keinen Lohn, setzt sich aber mit grossem Aufwand zu Gunsten unseres Sport- und Freizeitangebotes ein – und das soll der Dank sein?» Dass ein Schwimmbad und eine Eisbahn eine Gemeinde etwas kosten, sagt Gfeller, sei eine längst bekannte Tatsache. Für ihn ist daher klar: «Die Gemeinde muss entscheiden, ob sie sich ein Sportzentrum leisten will.»

 

«Karten auf den Tisch legen»

Genau diese Frage steht für Gregory Graf, Präsident FDP Worb, jedoch gar nicht zur Debatte: Die FDP sei nie gegen den Wislepark gewesen, ergänzt er die offizielle Medienmitteilung mit einem persönlichen Statement. Aber: «Der Wislepark muss die Politik ernst nehmen, die Karten auf den Tisch legen und für Vertrauen sorgen, statt zu versuchen, Kritiker einzuschüchtern und mundtot zu machen.»

 

Ein ganz persönlicher Wunsch

Die FDP fühle sich deshalb den Wähler:innen gegenüber verpflichtet, auf Unregelmässigkeiten in der Rechnungslegung hinzuweisen. «Der Wislepark gehört zu Worb und muss erhalten bleiben», bringt es Graf auf den Punkt. «Genau deshalb müssen wir nun handeln.» Denn, und das sei sein ganz persönlicher Wunsch:  «Ich möchte auch noch in zehn Jahren in der Badi ein Eis essen können.»

 

 

[i] Die Chronologie der Sportzentrum Worb AG:

1936 Eröffnung Freibad, Führung durch die Genossenschaft Schwimmbad und Sportplatz Worb,

1977 Eröffnung Kunsteisbahn, Führung durch die Genossenschaft Kunsteisbahn Worb

1983–85 Sanierung Freibad

2005 Motion Hansueli Born: Zusammenlegen der Genossenschaften Badi und Eisbahn und Übernahme durch die Gemeinde.

2006 Analyse der Situation rund um Genossenschaften und Anlagen durch INOVA AG.

2007 Konzeptstudie Inova AG. Fazit: «Der Verzicht auf die Abschreibungen in der GKW (Genossenschaft Kunsteisbahn Worb) und in der SSW (Genossenschaft Schwimmbad und Sportplatz Worb) hat der Gemeinde Worb jahrelang ein relativ kostengünstiges Angebot ermöglicht.  Damit fehlt aber das Geld für die zukünftige Erneuerung der bestehenden Anlagen. Gemäss Projektvariante 3 von INOVA (Maxi > Mit den zusätzlichen Angeboten Wellness, Fitness und Gastro) sollen die nötigen Mittel durch Erträge aus den zusätzlichen Angeboten erwirtschaftet und für zukünftige Investitionen zurückgelegt werden.»

2009 Abstimmung: Total einmalige Kosten 10.5 Millionen Franken. Plus: Jährliche Belastung der Gemeinde rund 760'000 Franken.

Juni 2010 Entscheid im Gemeinderat: Gastro, Wellness und Fitness werden im Eigenbetrieb von der SZW AG geführt und nicht verpachtet.

Juni 2010 Gründung der Sportzentrum Worb AG (SZW AG) Im Verwaltungsrat: Niklaus Gfeller (Verwaltungsratspräsident), Jonathan Gimmel, Matthias Spycher (Präsident EHC Worb), Martin Strupler (Inhaber und Geschäftsführer der «Strupler Sport Consulting»); Geschäftsführer: Marco Thoma

März 2012 Die Aufsichtskommission (ASK) stellt keine Verfehlungen am Geschäft fest und attestiert den Projektbeteiligten, sie seien sehr darauf bedacht, «… dass alles bestmöglich vonstatten geht».

12. Mai 2012 Eröffnung Wislepark

September 2013 Der Gemeinderat erkennt, dass sich die bisherige Besetzung des Verwaltungsrats nicht bewährt. Der Verwaltungsrat muss klar die Interessen des Wislepark vertreten. Vertreter der Vereine und der Gemeinde nehmen vorab ihre eigenen Interessen wahr. 

Oktober 2013 Wahl von Rolf Nöthiger als neuer Verwaltungsratspräsident. Weitere Mitglieder: Ernst Mosimann, Fritz Jenzer (Finanzen), Martin Hügli (Marketing).

Dezember 2013 Entscheid: Der Wislepark betreibt mindestens ein Freibad im Sommer, eine Kunsteisbahn (ohne Curling) im Winter und ein Restaurant während der Sommer- und der Wintersaison. Die Gemeinde richtet einen jährlichen Beitrag von maximal 400’000 Franken aus. Der Gemeindebeitrag dient ab dem Jahr 2016 ausschliesslich zur Finanzierung des Betriebs und des Unterhalts der defizitären Anlagen Kunsteisbahn und Freibad. Die übrigen Anlagen müssen sich spätestens ab dem Jahr 2016 gesamthaft selber finanzieren. 

Abstimmung 2017 Zur Sanierung der SZW AG werden 2.26 Millionen Franken an bereits gewährten Darlehen in Beteiligungskapital umgewandelt. Die übrigen bereits gewährten Darlehen werden zinslos gewährt. Die Gemeinde übernimmt die resultierenden Betriebsdefizite von Freibad und Kunsteisbahn. Die Gemeinde legt die finanziellen Mittel für die Abschreibungen auf den Anlagen von Freibad und Kunsteisbahn zweckgebunden zurück.

2021 Anpassung Verwaltungsrat Rolf Nöthiger (Verwaltungsratspräsident), Martin Hügli, NEU: Simon Stüssi, Marcel Grisenti.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 28.08.2024
Geändert: 28.08.2024
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