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Frauenverein Worb: So entstand der professionelle Film

Bald 75 Jahre Frauenverein Worb – das heisst ebenso viele Jahre organisierte gemeinnützige Frauenarbeit. «Ein guter Grund, darüber einen Film zu drehen», fand Edith Müller, Kulturverantwortliche beim Frauenverein. Wie aber packt man einen professionellen Dokumentarfilm an? Ein Einblick in die Dreharbeiten. Das Endergebnis interessierte auch das Schweizer Fernsehen SRF, das für «Schweiz Aktuell» bei der Première mitfilmte.

Die Idee zum Film kam Edith Müller auf einem Kulturausflug des Frauenvereins vor zwei Jahren. (Foto: frauenverein-worb.ch)
Regisseur Christian Knorr (vorne) und Cinematograph David Röthlisberger: Lichtbestimmung bei der Postproduktion. (Foto: zvg)
Edith Müller, Kulturverantwortliche (links) und Barbara Brechbühler, Präsidentin: Sie führten die Interviews für den Film. (Foto: zvg)
Szene aus der Cafeteria Altersbetreuung Worb. (Foto: frauenverein-worb.ch)
Szene aus der Brocki Worb. (Foto: frauenverein-worb.ch)
Szene aus der Kleiderbörse im Bärensaal Worb. (Foto: frauenverein-worb.ch)
Szene vom Robi-Spielplatz Rüfenacht. (Foto: frauenverein-worb.ch)

Die Idee kam Edith Müller vor genau zwei Jahren: Als Vorstandsmitglied und Kulturverantwortliche des Frauenvereins war sie mit der Kulturgruppe unterwegs und kam mit einigen älteren Mitgliedern über die Anfänge des Frauenvereins ins Plaudern. «Wie war das eigentlich damals vor 40 oder vor 60 Jahren?», wollte sie von den Seniorinnen wissen. «Wie sahen damals deine Aufgaben aus?» Oder: «Warum war der Frauenverein schon in diesen Tagen so wichtig?»

 

«Ein Film soll die Geschichten erzählen»

Die Antworten, Edith Müller strahlt, seien dann so reichhaltig und spannend gewesen, dass ihr sofort klar war: «Das muss man festhalten.» Und zwar, sie sah das lebhaft vor sich, nicht als Büchlein, sondern audiovisuell. «Der Film sollte Geschichten erzählen, Einblick in die Freiwilligenarbeit und die vielfältigen Aufgaben des Frauenvereins geben. Und zwar nicht als Werbefilm, sondern mit Interviews und Bildern.» Wie das gehen sollte, wusste sie nicht, «ich habe so etwas noch nie gemacht».

 

Worber Regisseur Christian Knorr...

Das Glück war auf ihrer Seite: Eine der Frauen kennt den Dokumentarfilmer Christian Knorr, der in Worb aufgewachsen ist. Spontan habe sie ihn dann einfach einmal angefragt und mit Fragen gelöchert: «Was müsste man wie machen? Was kostet das? Wie geht man vor?» Er habe sie geduldig beraten. Und am Ende habe er spontan angeboten: «Wenn ihr das wirklich macht, interessiert mich das!»

 

...als absoluter Glücksfall

Das musste er nicht zweimal sagen, die Verantwortlichen waren sich sofort einig – dieses Angebot nahmen sie gerne an. Und es sei richtig schön gewesen, erzählt Müller, Filmemacher Knorr sei echt interessiert an Protagonistinnen und ihre Geschichten herangegangen: «Er ist einfach ein Glücksfall.»

 

Sponsoren finden...

Schnell nahm das Projekt Gestalt an. Edith Müller übernahm die Produktion und machte sich auf die Suche nach Geld: Sie wollten zum Finanzieren nicht Freiwilligengelder des Frauenvereins benützen, sondern Beiträge von Versicherungen, Banken, Gemeinde, Kirchgemeinde organisieren.

 

...mit exaktem Finanzierungsplan

Am Anfang sei es harzig gewesen, erzählt sie. Sie erstellte einen Finanzierungsplan mit Adressen, Ziffer 3 dahinter hiess «möchte ich anfragen», Ziffer 2 bedeutete «ist angefragt». Es habe dann einen Moment gedauert, bis irgendwo Ziffer 1, «hat zugesagt», dahinterstand. Aber inzwischen ist der Betrag beinahe gedeckt, und auch etliche Private liessen sich als Sponsoren gewinnen.

 

Hauptdarstellerinnen teilen ihre Erinnerungen

Schnell gefunden waren die Protagonistinnen für den Film: Fünf Worberinnen im Alter von 86 bis 94 Jahren, langjährige «Frauenvereinfrauen», erklärten sich bereit, in gefilmten Interviews ihre Erinnerungen zu teilen. Vreni Rieder, 86, arbeitet beispielsweise seit vielen Jahren in der Cafeteria des Altersheims mit und ist noch heute sehr aktiv. Ruth Bichsel, 73, war lange im Vorstand, früher auch im Worber Parlament, hilft in der Cafeteria und hat lange Kulturanlässe organisiert.

 

«Erstaunlich locker»

Die Interviews fanden bei Frauen zuhause statt. «Alle waren erstaunlich locker», erzählt Edith Müller: Sie kamen nicht in die Maske und erhielten auch keine Kleideranweisung, sie sassen einfach so vor der Kamera, wie sie waren. Und sie plauderten frei von der Leber weg. «Das funktionierte gut, weil die Frauen immer die Idee im Hinterkopf hatten, dass es nicht um ihre Person ging, sondern um den Frauenverein», erklärt Müller. «Sie redeten freimütig über ihre Arbeit, ihre Erinnerungen und ihre Erlebnisse.» Ein Drehtag pro Person wurde eingerechnet, innert anderthalb Monaten standen alle Interviews.

 

Professioneller Schnitt und pfiffige Musik

Und dann ging es ans Schneiden: «Ganz wichtig, was nimmt man, was lässt man weg?» Edith Müller, die beim Dreh immer dabei gewesen war, machte eine Triage, was sich lohnt: Zusammen mit der jungen Cutterin und Regisseur Christian Knorr seien sie häufig zusammengesessen oder hätten das Material gemeinsam per Mail gesichtet. Dazu kam Musik von Musique Simili, «sehr passende, pfiffige Musik».

 

Bunter Mix von Szenen

Am Ende blieben statt der geplanten 40 Minuten ganze 52 Minuten Film. «Eine gute Dok-Filmlänge», waren sich alle einig. Dazu waren die Interviews mit anderen Sequenzen gemixt worden: Aufnahmen von der Kleiderbörse, vom Alltag im Brockenhaus, von einem Kulturausflug sowie mit alten Film- und anderen Dokumenten. «Wir hatten kein klares Drehbuch, sondern viele Puzzlestücke.»

 

Freiwillige Arbeit für die Freiwilligenarbeit

Finanzierbar sei das Ganze letztlich allerdings nur dank enorm viel Freiwilligenarbeit gewesen, sagt Edith Müller heute: Die Profis für Untertitel, Schnitt oder Filmmusik hätten moderate Honorare verlangt und vieles aus Freude gemacht. Am Ende kosteten Produktion und Postproduktion rund 50'000 Franken. «Im freien Markt hätten wir mit dem Zehnfachen rechnen müssen.»

 

Rohfassung vor Testpublikum

Im Januar kam die Rohfassung im Chino Worb vor ein Testpublikum, ganz verschiedene Leute im Alter von 14 bis 94 Jahren. «Es war spannend zu hören, welche Rückmeldungen kamen.» Das Feedback sei grundsätzlich positiv gewesem, aber doch seien noch einige Anpassungen nötig gewesen. «Daher hiesse es, noch eine ganze Runde zu schieben und zu feilen.»

 

Die Marke «Sonnenblume»...

Sogar die Postproduktion – der Feinschliff mit Lichtbestimmung, Farbabgleich und Toningenieur – habe extrem viel Arbeit bedeutet, erzählt Edith Müller. Und zu guter Letzt habe noch Grafikerin Sonja Kräuliger zu wirken begonnen: Sie sollte dem Film sozusagen die Marke verpassen. Nach etlichen Varianten einigten sich alle auf eine Sonnenblume  Zeichen für einen grossen, starken Verein. Das passe bestens, fand ein Vorstandsmitglied: «Ein solcher Verein ist doch Sonne einer Gemeinde!»

 

...über Worb hinaus

Dieser Tage hat Edith Müller in der Gemeinde Plakate aufgehängt. Und schon bald ist es so weit und der Film wird im Chino Worb ausgestrahlt. Ziel: «Der Film soll die freiwillige Frauenarbeit über Worb hinaustragen, wir sind schon gespannt, wie weit.»

 

Verstorbene Hauptdarstellerin war sehr  zufrieden

Ein schönes Detail zum Film: Protagonistin Yolanda Meier ist inzwischen im Alter von 94 Jahren verstorben. «Aber ihre Ausschnitte hat sie noch gesehen», freut sich Edith Müller. «Sie war sehr angetan vom Projekt – und sehr zufrieden mit dem, was sie sah.» Ab morgen Samstag wird sich nach zwei Jahren intensiver Arbeit zeigen, wie angetan das Worber Filmpublikum ist von diesem besonderen Dokumentarfilm.

 

[i] Bei der Première des Films «Wir Frauen von Worb» war auch das Schweizer Fernsehen SRF dabei: Ein kurzer Beitrag dazu ist für Freitag, 18. Oktober, ab 19 Uhr, auf Schweiz Aktuell geplant.

 

[i] Der Film «Wir Frauen von Worb» wird im chinoworb an folgenden Daten öffentlich ausgestrahlt:

Samstag 19. Oktober, 15 Uhr

Sonntag 20. Oktober, 17 Uhr

Montag 21. Oktober, 18:30 Uhr

Sonntag 27. Oktober, 17 Uhr

Danach zieht der Film weiter: Edith Müller hat organisiert, dass er am 30. November im Kornhausforum Bern im Rahmen der Ausstellung «Vorortschweiz» gezeigt wird. Auch der Frauenverein und das Kino Konolfingen sowie weitere Landkinos haben schon Interesse gezeigt.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 18.10.2024
Geändert: 18.10.2024
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