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Schwingen und Geld: Wieviele müssen kommen, damit es aufgeht?

Ein Defizit, wie es das letztjährige ESAF in Pratteln einfuhr, das ist am Emmentalischen Schwingfest allein vom Umsatz her nicht möglich. Rote Zahlen schmerzen aber auch, wenn sie kleiner sind. Jakob Aeschbacher, Präsident des Bernisch-Kantonalen Schwingerverbands und Kassier im OK des Emmmentalischen 2023 in Bowil, gibt Einblick in die Finanzen des Fests. "Es gibt kein Defizit", ist er sich sicher.

Jakob Aeschbacher kümmert sich um die Finanzen des Emmentalischen 2023 in Bowil. Hier die Arena von 2019 in Zäziwil. (Bilder: Barbara Loosli, emsf2023)

3,8 Millionen – so gross war das Defizit des Eidgenössischen Schwingfests 2022 in Pratteln. Das ergab zumindest der erste Kassensturz nach dem Fest. Mittlerweile hat das OK das Geld weitgehend zusammengekratzt. Auch das Bernisch Kantonale 2019 in Münsingen schrieb rote Zahlen und sorgte für Unmut unter den beteiligten Vereinen und bis in die Politik (BERN-OST berichtete).

 

Jakob Aeschbacher, seit 2020 Präsident des Bernisch Kantonalen Schwingerverbands BKSV und lange im Vorstand des Schwingklubs Zäziwil, hat schon einige Feste organisiert: Rund 16 Mal den Zäziwiler Frühjahrsschwinget, dreimal war er bisher im OK des Emmentalischen Schwingfests – dieses Jahr erstmals als Finanzverantwortlicher.

 

BERN-OST: Könnte das beim Emmentalischen auch passieren, dass es ein Defizit schreibt?

Jakob Aeschbacher: Kennen Sie das Buch "Der schwarze Schwan"? Dort geht es um den Einfluss von sehr unwahrscheinlichen Ereignissen. Wie zum Beispiel Corona. Das heisst: Wenn wir den Anlass am 10. Mai absagen müssen, wenn die Ausgaben schon getätigt, aber noch keine Einnahmen da sind, oder wenn es ein Jahrhundertunwetter gibt, dann kann es passieren. Aber wenn alles mehr oder weniger normal läuft, dann Nein.

 

Wie gross ist das Budget des Emmentalischen Schwingfests?

Rund eine Million. Ähnlich ist es wahrscheinlich bei den anderen grösseren Gauverbänden*. Bei den kleineren Gauverbänden dürfte das Budget um einiges tiefer liegen.

 

Was sind die grössten Ausgabenposten?

Ein grosser Posten ist die Festwirtschaft, die ist aber variabel. Dann ist es die Infrastruktur mit den Tribünen, Festhütten und allem, was dazugehört und schliesslich die Entschädigungen für Helfer:innen.

 

Die Helfer:innen bekommen Geld? Was macht das aus?

Bei rund 10'000 Stunden zu acht Franken sind das etwa 80'000 Franken. Der Betrag ist aber variabel und hängt vom Ergebnis ab. Wenn das Fest vor einer Helferentschädigung einen grossen Gewinn schreibt, kann es auch mehr geben. Wenn kein Geld da ist, gibt es nichts.

 

Und auf der Einnahmeseite? Was sind da die grössten Posten?

Das wäre wieder die Festwirtschaft. Da reden wir von rund einer halben Million Umsatz. Dann haben wir die Sponsoringbeiträge von 5 bis 6 Hauptsponsoren, die je so 10 bis 15'000 Franken zahlen plus kleinere Sponsoren, da kommen etwa 150'000 Franken rein. Und natürlich die Eintritte. Bei 4000 Plätzen zu 36 Franken gibt das gegen 160'000 Franken.

 

Wie läuft es beim Sponsoring? Ist man auf Kurs?

Wir sind noch dran. Die ganz grossen, wie Migros und Raiffeisen sowie die anderen Hauptsponsoren sind im Boot. Bei anderen sind wir noch am Verhandeln. Wir sind gut unterwegs, aber es ist nicht einfacher geworden in den letzten Jahren.

 

Und die Gemeinden? Gibt es zum Beispiel Geld von Bowil?

Die Gemeinden beteiligen sich meist vor allem mit Infrastruktur. Dass man etwa die Turnhalle nutzen kann, oder Strom und Wasser bekommt. In Bowil haben wir jetzt die spezielle Situation, dass manchmal nicht klar ist, was sie dürfen oder nicht, weil sie kein Budget haben. [Anmerkung Redaktion: Bowil hat kein rechtsgültiges Budget und darf zurzeit nur zwingende Ausgaben tätigen.] Dadurch gibt es ein paar Verzögerungen. Aber das ist nicht existenzbedrohend. Das Schwingfest gibt es so oder so.

 

Wie sieht die Rechnung für die organisierenden Vereine aus?

Das Ganze ist eine Rechnung, die Festwirtschaft zum Beispiel läuft über die Festrechung. Aber die Vereine erhalten Geld für die geleisteten Helfer:innenstunden.

 

Wieviele Leute müssen ans Schwingfest kommen, damit es finanziell aufgeht? Muss das Fest ausverkauft sein?

Das kann man so nicht sagen. Es kann ausverkauft sein aber kalt und die Leute konsumieren wenig, dann hat man wenig Einnahmen. Bei super Wetter, wenn die Leute auch abends noch bleiben und etwas trinken, muss es nicht ausverkauft sein und es geht trotzdem auf.

 

Wer würde ein allfälliges Defizit tragen?

Es gibt keines.

 

Und wenn doch?

Es gibt keines. Wenn wir merken, das etwas nicht gut läuft, suchen wir eine Lösung.

 

Was ist finanziell gesehen die Rolle der Schwingerverbände?

Das Schwingfest zahlt Abgaben an den Verband. Die sind aber variabel und an die verkauften Eintrittstickets gekoppelt.

 

Wer alles bekommt Abgaben? Der Eidgenössische Verband, der Bernisch-Kantonale, der Emmentalische?

Das läuft stufengerecht. Das Eidgenössische zahlt an den Eidgenössischen Verband, das Bernisch-Kantonale dem Bernisch-Kantonalen und die Gauverbandsschwingfeste dem Gauerband. Das heisst, das Emmentalische zahlt an den Emmentalischen Verband.

 

Sie haben lange selber geschwungen. Wie fest vermissen Sie das?

Das ist schon so lange her, das ist bald nicht mehr wahr. Mittlerweile vermisse ich es nicht mehr.

 

Wann standen Sie das letzte Mal im Sägemehl?

Das war vor etwa vier Jahren, als der Junior sich überlegte, ob das Schwingen etwas sein könnte für ihn. Da habe ich eine Weile beim Training geholfen.

 

Es hat ihn aber nicht gepackt? Schwingt keines Ihrer Kinder?

Nein. Der Sohn spielt jetzt Eishockey. Die Mädchen reiten und spielen Schwyzerörgeli.

 

*Gauverband: Der Bernisch-Kantonale Schwingerverband (BKSV) ist einer der fünf Teilverbände und gliedert sich in sechs regionale Gauverbände: Oberland, Mittelland, Emmental, Oberaargau, Seeland und Berner Jura. Einen Überblick der Strukturen gibt es zum Beispiel unter esv.ch/verband/ (PDF Organigramm klicken)

 

[i] Jakob Aeschbacher holte in seiner Aktiven-Karriere 30 Kränze, darunter einen Teilverbandskranz am Südwestschweizerischen 2006 in Bernex. Den ersten Kranz gewann er 1996 am Emmentalischen in Linden, 2011 gab er seinen Rücktritt.

 

 [i] Das Emmentalische Schwingfest 2023 ist vom 12. bis am 14. Mai in Bowil. Hier geht es zur Website des Schwingfests. Auch die Suche nach Helfer:innen hat mittlerweile begonnen. Infos und Einschreibemöglichkeit hier.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.02.2023
Geändert: 19.02.2023
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