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Fussball: Für Liechtenstein am Ball, von der Schweiz entlöhnt
Mit dem FC Münsingen spielt Sandro Brändle in der 1. Liga, in Diensten des liechtensteinischen Nationalteams tritt der Amateur hingegen gelegentlich auf grosser Bühne auf. Mit der Ländle-Auswahl trifft er morgen in Thun auf die Schweiz – und damit quasi auf seinen Arbeitgeber.
Ein junger Mann posiert vor dem Haus des Schweizer Fussballs. Er trägt ein Trikot des liechtensteinischen Nationalteams, zeigt stolz auf das Wappen, den Fürstenhut, und grinst frech in die Kamera. Was für eine Provokation am Verbandssitz in Muri!, könnte man meinen. Alles halb so schlimm. Beim 23-Jährigen handelt es sich um Daniel Brändle, Mittelfeldspieler des FC Münsingen und Mitglied der Landesauswahl des Fürstentums.
Und: Brändle ist nicht aus Jux ins Bernbiet gereist, nein, er arbeitet doch tatsächlich für den Schweizer Konkurrenten. «Wo gibts sonst so etwas?», fragt der Ländle-Kicker schmunzelnd. Sein Engagement erhält zusätzliche Brisanz, bestreitet er doch morgen (20.15 Uhr) mit Liechtenstein ein Testspiel in Thun – gegen die Schweiz. Klar bleiben da Sprüche und Sticheleien von Arbeitskollegen nicht aus.
1. Liga und Ibrahimovic
Im Haus des Schweizer Fussballs absolviert Daniel Brändle ein halbjähriges Praktikum, er schnuppert in den Bereich Personalmanagement hinein. Seit vier Jahren lebt er in Bern, studiert Sport und Betriebswirtschaftslehre. Zwei Saisons absolvierte er mit dem FC Bern, verliess die Equipe nach dem Aufstieg in die 1. Liga im vergangenen Sommer in Richtung Münsingen. Ein Nationalspieler aus der vierthöchsten Division – gewiss nichts Alltägliches. So durfte sich Brändle etwa in Russland und Schweden schon vor über 20 000 Zuschauern präsentieren.
Zum Duell mit Zlatan Ibrahimovic kam es allerdings nicht, Schwedens Star sass nur auf der Bank. «Als sich unsere Wege beim Warm-up kreuzten, staunte ich nicht schlecht», sagt der Rechtsfüsser. Ein-, zweimal pro Spiel sauge er bewusst einen speziellen Moment auf, «ich will solche Erlebnisse geniessen». Brändle weiss: Er ist privilegiert.
«Ich bin ein Glückspilz. Wäre ich nicht in Liechtenstein geboren worden, dürfte ich vom Nationalteam nicht einmal träumen.» Aufgewachsen ist er in Balzers, wo auch Ex-Skiprofi Marco Büchel lebte. Dank seinem Schweizer Vater besitzt Brändle auch den helvetischen Pass – «ich fühle mich aber schon eher als Liechtensteiner».
Schulkollegen und Nachbarn
Die Ländle-Auswahl besteht aus ein paar Profis und vielen Amateuren. Auf dem Papier scheint die Mannschaft etwas schwächer besetzt zu sein als auch schon, sie liess zuletzt aber mit einem Punktgewinn gegen Montenegro sowie dem Auswärtssieg in Moldawien aufhorchen. Weil Erfolgserlebnisse eher rar seien, würden sie umso intensiver genossen, sagt Daniel Brändle, der für Länderspiele jeweils Ferientage bezieht.
Er bezeichnet den Liechtensteiner als nationalstolzen Staatsbürger, «wir betonen gerne, woher wir kommen». Das ganze Land sei wie eine grosse Familie, «ein paar Nationalspieler gingen gemeinsam zur Schule, einige waren Nachbarn. Und gibts einen offiziellen Teamzusammenzug, braucht keiner länger als zehn Minuten dazu, von zu Hause aus das Stadion zu erreichen.» Vor den Spielen übernachten indes auch die Liechtensteiner im Hotel, Brändle verbrachte die letzten Tage zu Trainingszwecken in der Heimat. «Wer denkt, bei uns herrsche Grümpelturnieratmosphäre, der täuscht sich gewaltig.»
Gegen die Schweiz rechnet sich Brändle gewisse Chancen aus, «zumindest wenn alles passt». Er hofft, möglichst lange mittun zu können, und will sich von seiner besten Seite präsentieren. Ansonsten dürften weitere Sprüche von den Bürokollegen folgen.
Erstellt:
09.06.2015
Geändert: 09.06.2015
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