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Verkauft: Das geschieht mit dem Hirschen Worb

Seit einem Jahr steht das Restaurant Hirschen im Herzen von Worb leer: Das Wirtepaar Beat und Ruth Fankhauser ging 2023 in Pension und schrieb das Restaurant zum Verkauf aus. Jetzt ist der «Hirschen» verkauft. An die Wilhelm-Stiftung. Sahra Strizzolo vom Stiftungsrat verrät, was diese damit vorhat.

Zukunft des «Hirschen»: Unten für Worb, oben fürs Wohnen. (Foto: cw)

Viele Worber:innen wundern sich seit einem Jahr, was aus dem leerstehenden Restaurant Hirschen an der Bahnhofstrasse 7 wird: Ende März 2023 hatte sich das Wirtepaar Beat und Ruth Fankhauser nach 31 Jahren verabschiedet und das Gebäude zum Verkauf ausgeschrieben. Das Restaurant samt Küche sei modern eingerichtet und in einem guten Zustand, hatte Beat Fankhauser damals gegenüber BERN-OST erklärt: «Theoretisch könnten wir am 31. März den Schlüssel abgeben und das Restaurant könnte am 1. April wieder aufgehen.»

 

Haus. Und Restaurant. Und Wohnraum

Ganz so schnell ging es nicht. Aber jetzt ist endlich klar, was mit dem «Hirschen» passiert – und ebenso klar, dass tatsächlich eintritt, was viele gehofft hatten: Das altehrwürdige, aber nicht denkmalgeschützte Haus mitten im Dorf bleibt so stehen. Und: Im Erdgeschoss soll wieder ein Gastrobetrieb einziehen. Und, aller guten Dinge sind drei: In den oberen Geschossen, in denen früher die Familie Fankhauser mit den drei Töchtern gewohnt hatte, soll künftig erst noch günstiger Wohnraum entstehen.

 

Neue Besitzerin der Liegenschaft ist die kleine und junge Stiftung «In Memoriam Georg und Dorli Wilhelm», kurz Wilhelm-Stiftung, deren Hauptzweck das Zur-Verfügung-Stellen von preisgünstigem Wohnraum ist. Vor wenigen Wochen hat die Stiftung den Kaufvertrag mit der Familie Fankhauser unterschrieben. Jetzt geht es an die Planung.

 

Unterstützung von Familie Fankhauser…

«Wir freuen uns sehr, den Hirschen für das Dorf zu erhalten», sagt Sahra Strizzolo im Namen des Stiftungsrats. Die junge Stiftungsrätin lebt in Worb und fühlt sich mit dem Ort sehr verbunden. «Jedesmal, wenn ich am ‘Hirschen’ vorbeiging, dachte ich, dies wäre ein schönes Haus für uns.» So einfach sei es aber für die Stiftung gar nicht, bezahlbare Immobilien zu finden: «Unsere Mittel sind viel beschränkter als die von grossen Stiftungen oder Investoren.»

 

Der «Hirschen» ist erst die zweite Liegenschaft der Wilhelm-Stiftung, das erste Projekt mit günstigen Wohnungen steht in Biel. Es habe deshalb einen Moment gebraucht, bis sie sich gewagt habe, mit Fankhausers Kontakt aufzunehmen, erzählt Sahra Strizzolo. Glücklicherweise hätten diese sich dann sehr entgegengekommend gezeigt. Über die Höhe des Verkaufspreises spricht sie nicht, aber: «Fankhausers lag offenbar am Herzen, was aus dem Hirschen wird.»

 

…auch punkto Restaurantbetrieb

Wohl deshalb, vermutet sie, hätte sich das pensionierte Wirtepaar auch geduldig gezeigt, als es nicht so schnell vorwärtsging. «Wir fünf vom Stiftungsrat arbeiten nur nebenberuflich für die Stiftung, und wir mussten zuerst noch herausfinden, was wir wie lösen wollen.»

 

Am schnellsten loslegen will die Stiftung mit dem Restaurantbetrieb. «Das Gebäude soll nicht mehr lange leerstehen», verspricht Sahra Strizzolo. Fankhausers hätten bereits zugesichert, dass sie die Wilhelm-Stiftung auch mit ihrer Erfahrung punkto Restauration aus dem Hintergrund unterstützen werden. Das sei sehr hilfreich: «Wir sind enorm froh, dass sie da sind und ihr Wissen mit uns teilen.»

 

Gastroangebot: «Mit Herzblut und Leidenschaft»

Wer mit welchem gastronomischen Angebot in die Lokalitäten einziehen soll, ist momentan noch ungewiss. Dieser Tage geht die Suche los. Aber sicher ist jetzt schon: «Es muss jemand sein, der oder die flexibel ist und sich auch darauf einlässt, dass noch nicht alles ganz fix geplant ist, sondern sich rollend entwickelt», erklärt Sahra Strizzolo. Und vor allem: «Es muss jemand sein mit viel Herzblut und Leidenschaft.»

 

Klar sei so viel: Worb brauche Räume, die Leute zusammenbringen und dem Ort eine Identität geben. «Es wird nicht der ‘Hirschen’ sein wie in den letzten 31 Jahren», fasst sie zusammen. Vielleicht werde das neue Konzept auch nicht allen gefallen. Aber: «Den Namen behalten wir, ‘Hirschen’ bleibt ‘Hirschen’.»

 

Unten für Worb, oben fürs Wohnen

Vor allem soll das neue Gastroangebot vielen Leuten Freude machen, alt und jung zusammenbringen, «als Ort der Zusammenkunft und des Austauschs zur Verfügung stehen», und auch den Vereinen wieder ein Lokal in der Kernzone bieten. «Raum für Worb», wie Strizzolo sagt.

 

Für das obere Stockwerk überlegt die Stiftung noch, wie sie den Ausbau gestalten will: «Es hat dort beispielsweise im Moment keine Küche, und wir wollen genau planen, was Sinn macht.» Vielleicht werden die Räume zu kleineren Studiowohnungen umgestaltet, vielleicht macht ein Clusterwohnen mit privaten und gemeinschaftlich genutzten Räumen Sinn. «Aber das sind wir noch am Abklären.»

 

Handwerksbetriebe aus der Region

Wahrscheinlich, sagt sie, wird das Projekt in der nächsten Zeit geplant, und es soll ein «günstiger, aber dennoch qualitativ hochwertiger» Ausbau werden. Ganz wichtig sei der Stiftung ausserdem, Handwerksbetriebe und Architekturbüros aus der Region einzubeziehen.

 

Sahra Strizzolo ist besonders gespannt, welche architektonischen Vorschläge dann eingereicht werden. Und mit ihr werden wohl viele Worber:innen gespannt zusehen, was aus dem «Hirschen» noch so wird.

 

[i] Fragen zur Stiftung und zur Zukunft des Gasthofs Hirschen beantwortet Stiftungsrätin Sahra Strizzolo: s.strizzolo@bluewin.ch. Für Fragen zur Restaurationsfläche ist Michael Werner, von Graffenried Liegenschaften, zuständig: michael.werner@graffenried-liegenschaften.ch

 

[i] Die Stiftung «In Memoriam Georg und Dorli Wilhelm» wurde 2021 mit dem Zweck gegründet, Wohnraum für Menschen zu ermöglichen, deren eigene Mittel nicht ausreichen, um eine marktübliche Miete zu bezahlen. «Wir setzen uns dafür ein, dass qualitativ guter Wohnraum zu fairen und gut bezahlbaren Mieten zur Verfügung gestellt wird», schreibt die Wilhelm-Stiftung. «Die Stiftung ist gemeinnützig und arbeitet nicht gewinnorientiert.» Die Website ist erst noch in Bearbeitung.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 29.05.2024
Geändert: 30.05.2024
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