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Ende einer Ära: Hotel Appenberg wird verkauft

Nach 42 Jahren machen Marlis und Jakob Mosimann Schluss und gehen in Rente. Was aus dem Seminarhotel Appenberg in Mirchel wird, ist noch unklar.

Marlis und Jakob Mosimann gehen in Rente. (Bild: Adrian Kammer)

Der Entscheid kam nicht von heute auf morgen. Aber öffentlich kommunizierten Marlis und Jakob Mosimann noch nicht, dass sie demnächst ihren Betrieb abgeben werden. Schon vor fünf Jahren haben die Besitzer des Seminarhotels mit den Vorbereitungen für die Übergabe ihres Betriebs begonnen. Auch wenn noch kein Käufer beziehungsweise Nachfolger gefunden wurde, rückt der Abschied unweigerlich näher. Seit Dezember ist das Hotel Appenberg zum Verkauf ausgeschrieben.

 

Der Grund für den Verkauf ist einfach und naheliegend: Mosimanns haben das Pensionsalter erreicht. Trotzdem ist es für sie kein einfacher Schritt - und auch ein emotionaler. Schliesslich begann das Paar seine Arbeit auf dem Appenberg vor 42 Jahren, als das Hotel noch den Eltern von Jakob Mosimann gehörte. Er und seine Frau übernahmen den Betrieb 1996.

 

Abschiedsschmerz und Erleichterung

Beide haben viel Energie und Zeit in das Hotel gesteckt. "Es ist mittlerweile fast wie ein viertes Kind für uns", sagt Marlis Mosimann. Und weiter: "Einige Stammgäste wurden in den Jahren auch zu Freunden." Auch Jakob Mosimann gibt zu, etwas wehmütig zu sein: "Klar tut es auch ein bisschen weh. Wir haben hier alles aufgebaut. Und ich habe sehr viel mit den eigenen Händen gemacht."

 

Aber nicht nur mit einem weinenden, sondern auch mit einem lachenden Auge schaut das Ehepaar der hotellosen Zukunft entgegen. Eine gewisse Erleicherung ist spürbar, wenn Jakob Mosimann sagt: "Wir sind schliesslich auch nicht mehr die Jüngsten." Und seine Frau ergänzt: "Es war nicht einfach, und wir mussten uns immer durchbeissen." Der Aufbau und die Führung des aufwändigen Betriebs ist seit jeher mit viel Arbeit verbunden. Für so einen Job braucht es viel Herzblut und Leidenschaft. Das bestätigen die Mosimanns.

 

"Man muss loslassen können"

Auf die Frage nach einem besonderen Moment in der Appenberger Geschichte fallen Jakob Mosimann neben der Übernahme des Betriebs die Erdrutsche von 2013 ein. Ein Teil der Hotelanlage wurde damals zerstört und es entstand ein Schaden von rund einer dreiviertel Million Franken. Trotz guter Versicherung sah sich die Familie damals kurz in einem finanziellen Engpass. Da entschied die Gebäudeversicherung dem Hotel mit einem Hilfsfond wieder auf die Beine zu helfen. "Das war sehr schön", sagt Jakob Mosimann. "Unsere Tochter hat hier geheiratet und ihre Trauung abgehalten. Das war ein schöner Moment und ein Höhepunkt hier oben", fügt Marlis Mosimann an.

 

Mit so einer langen Geschichte und engen Bindung an den Betrieb will man nicht an eine beliebige Person verkaufen. "Es wäre schön, wenn unser Nachfolger das Hotel in einer ähnlichen Form weiterführen würde, sprich als Seminarhotel", sagt Jakob Mosimann, und Marlis Mosimann ergänzt: "Dafür ist es konzipiert und danach ausgerichtet." Dreinreden wollen sie aber den zukünftigen Besitzern nicht. Man müsse loslassen können, sind sich die beiden einig.

 

Kinder wollen nicht übernehmen

Vor zehn Jahren sah die Situation noch anders aus. Damals gingen Mosimanns noch davon aus, dass das Hotel in Familienhänden bleiben würde. Der älteste Sohn, der gelernter Gastronom ist, und die eine Tochter, die als diplomierte Hoteliere bis heute noch im Appenberg hilft, sollten gemeinsam mit dem jüngsten Sohn, einem Elektromonteur, den Betrieb übernehmen. Lange Gespräche seien geführt worden. Schliesslich haben sich die Geschwister umentschieden und blieben dabei.

 

"Klar waren wir anfangs enttäuscht, aber wir akzeptieren den Entscheid", sagt der Vater. Die Gründe der Kinder waren vielfältig. Unter anderem machten die Erdrutsche von 2013 den beiden Eindruck. Zudem ergatterte der Sohn einen guten Job im Aargauischen. Christoph Mosimann ist Betriebsleiter in der Löwenscheune im Kloster Wettingen.

 

Der Verkauf des Hotels Appenberg könnte bald erfolgen oder sich noch über ein bis zwei Jahre hinauszögern, je nachdem, wann sich ein Käufer mit einem Profil findet, das den Vorstellungen von Mosimanns entspricht. Sie haben es nicht eilig, oder anders gesagt: "Das Warten auf die Richtigen lohnt sich."

 

Nicht in ein Loch fallen

Wie es mit den Mosimanns nach dem Verkauf weitergehen wird, damit beschäftigen sich die beiden noch nicht konkret. Und doch machen sie sich hin und wieder Gedanken. "Wichtig ist es, nicht plötzlich in ein Loch zu fallen. Die Gefahr besteht, wenn man soviel arbeitet wie wir und plötzlich auf einen Schlag nichts mehr tun muss", sagt Marlis Mosimann. Deswegen gedenken sie und ihr Mann auch in Zukunft noch gelegentlichen Jobs nachzugehen.

 

In erster Linie haben sie aber schon vor, die bevorstehende Freiheit zu geniessen und Dinge zu tun, wofür sie bis anhin nie die Zeit und die Gelegenheit hatten, wie zum Beispiel Reisen. "Wir haben Einladungen von Gästen fast auf der ganzen Welt, die wir wahrnehmen könnten", sagt Marlis Mosimann. Fest steht auch, dass das Paar in der ländlichen Umgebung bleiben  möchte. "Ich könnte mir ein kleines Häuschen mit Garten vorstellen. Ganz sicher möchte ich nicht in einer engen Blockwohnung leben", meint Jakob Mosimann.

 

Hauch von Freilichtmuseum

Das Appenberg Hotel ist keine gewöhnliche Unterkunft. Es ist ein idyllisch gelegenes Seminarhotel mit einem Hauch von Freilichtmuseum. Das einfache "Tagelöhnerheimetli" wurde in den 60er Jahren mit dem Spycher und einem Stöckli ergänzt und ab 1977 intensiv erweitert. Inzwischen umfasst das Hotel 12 Häuser und wirkt wie ein kleines Dorf. Die meisten Gebäude sind keine Neubauten, sondern Abbruchhäuser aus der Region, die hier wieder aufgebaut wurden.

 

Das Hotel beschäftigt 40 Mitarbeiter, die sich 25 Vollzeitstellen teilen. Hauptstandbein des Betriebs sind die Seminare. Das zweite sind die Bankette. Den kleinsten Teil macht der À-la-carte-Betrieb aus.


Autor:in
Adrian Kammer, adrian.kammer@bern-ost.ch
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Erstellt: 18.02.2019
Geändert: 18.02.2019
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