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Kanton verzichtet: Konolfinger Firma kauft Münsinger Schwand

Die Gebäude mit Baurecht auf dem Münsinger Schwand wurden am Donnerstag für fünf Millionen Franken von der Firma WBS AG ersteigert. Der Kanton verzichtet auf sein Vorkaufsrecht. Was das für die heutigen Mieter:innen bedeutet, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Der Schwand hat eine neue Besitzerin. (Bild: bioschwand.ch)
Stefan Zihler, WBS AG. (Bild: zihler.org)

Die Versteigerung der Gebäude auf dem Münsinger Schwand ging zügig über die Bühne. Nachdem der Vorsteher des Konkursamtes Roger Schobert den Ablauf erklärt hatte, konnte für die Gebäude und das Baurecht geboten werden.

 

Deutlich unter dem Wert

Im letzten und entscheidenden Aufruf gab es nur einen Bieter. Rechtsanwalt Thomas Gisselbrecht bot im Auftrag der Firma WBS AG fünf Millionen Franken für das Baurecht und bekam den Zuschlag. Das Konkursamt hatte den Wert der Gebäude und des Baurechts mit 8,45 Millionen Franken geschatzt, der Verkaufspreis liegt somit deutlich darunter.

 

Sitz in Konolfingen

Schon wenige Minuten nach dem Unterschreiben der Dokumente verschickte eine Agentur im Namen der Käuferin eine Mitteilung. Über die neu gegründete Firma heisst es darin, sie gehe auf Gründer Stephan Zihler zurück. Dieser leite ein Netzwerk von Organisationen im Bildungs- und Betreuungsbereich und kenne den Schwand als Stiftungspräsident von "Zugang B". Die Stiftung kümmert sich um die rund 50 ukrainischen Kinder, die seit Juli zusammen mit ihren Betreuungspersonen auf dem Schwand untergebracht sind.

 

"Komplexe Beziehung zum Kanton"

Die WBS AG mit Sitz in Konolfingen sei erst letzte Woche gegründet worden mit dem einzigen Zweck, das Baurecht zu ersteigern, sagt Anwalt Thomas Gisselbrecht. Dass Zihler sich von ihm vertrete liess, liege an den "komplexen Beziehungen" von Zihler mit dem Kanton. Zihler habe deshalb nicht namentlich auftreten wollen. Stephan Zihler besitzt bereits die Firma ZSD social development mit Sitz in Freimettigen und wohnt auch in Freimettigen.

 

Die WBS plant laut Mitteilung ein "Wohn- und Bildungszentrum für Menschen mit unterschiedlichem Bedarf". Das sei mit den strengen Zonenvorschriften vereinbar und die Infrastruktur auf dem Schwand biete dafür einen guten Rahmen. Es bestehe bereits eine "Vision" heisst es weiter. Konkretere Informationen folgten Mitte nächstes Jahr. Das für den Kauf nötige Eigenkapital habe Zihler selber und im Freundeskreis zusammengetragen. Er ist auch alleiniger Aktionär der WBS.

 

Gespräche mit Mieter:innen

In den Gebäuden und auf dem Land sind verschiedene Firmen eingemietet, darunter die Saatgutproduzentin Artha Samen, die Gartenbaufirma Vatter AG, Treuhand und Beratung Schwand und diverse kantonale Ämter. Die Vermietungen würden reorganisiert und die Verwaltung professionalisiert, schreibt die WBS. Man werde mit den bestehenden Mieter:innen Gespräche führen, sei aber auch offen für neue Interessenten.

 

Der Schwand ist seit 2012 in den Händen der Bio Schwand AG, die in den Gebäuden der ehemaligen Landwirtschaftsschule ein Zentrum für Biolandwirtschaft einrichten wollte. Sie hatte dem Kanton die Gebäude und das Baurecht zum Preis von 9,4 Millionen abgekauft. Die Bio Schwand AG kämpfte von Anfang an mit finanziellen Problemen und musste im Februar dieses Jahres Konkurs anmelden.

 

Warten auf den Kanton

Sowohl Grundbesitzer und damit Baurechtgeber des Areals, wie auch grösster Mieter ist der Kanton Bern. Als Baurechtgeber hätte er nach dem Konkurs ein Vorkaufsrecht gehabt und wurde im Vorfeld als möglicher Interessent gehandelt. Als das Vorkaufsrecht aufgerufen wurde, meldete sich aber niemand. Bis ein Vertreter des Kantons dem Warten ein Ende setzte und bekanntgab, dass der Kanton verzichte.

 

Den Verzicht begründet der Regierungsrat in einer Mitteilung damit, dass der Bedarf nach einer langfristigen Nutzung durch den Kanton nicht sicher sei, dass die Entwicklung des Areals aus zonenrechtlichen Gründen schwierig sei und mit der angespannten finanziellen Lage des Kantons. "Es besteht kein Spielraum für den Erwerb von Liegenschaften, die nicht unmittelbar und zwingend benötigt werden."

 

Kanton mehrfach betroffen

Betroffen ist der Kanton auch als Gläubiger. Von den 9,4 Millionen Franken, die er 2012 für das Baurecht erhielt, sind nur 6,5 Millionen effektiv geflossen, die restlichen 2,9 Millionen waren ein grundpfandgesichertes Darlehen. Davon wird er beim Verkaufspreis von fünf Millionen wohl nicht alles zurückerhalten.

 

Dass der Kanton auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, hat offenbar nicht nur die anwesenden Schwand-Mieter:innen, sondern laut Anwalt Gisselbracht auch die neue Besitzerin überrascht: "Wir gingen davon aus, dass der Kanton den Schwand kaufen will."


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 08.12.2022
Geändert: 08.12.2022
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