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Kiesen - Ritter im digitalen Zeitalter

Quelle
Thuner Tagblatt

Zurück in die Vergangenheit: Ritter und Hofdamen leben auf im Mittelalterverein Bern. Vereinspräsident Rolf Gottier liebt und lebt das Mittelalter als sein Hobby.

Schatzmeisterin Sandra Gottier (links) und Vereinspräsident Rolf Gottier lieben das Mittelalter. (Bild: PD)

«Es ist ein sehr breit gefächertes Hobby», sagt Vereinspräsident Rolf Gottier zu seinen Freizeitaktivitäten im Mittelalterverein Bern. Der Verein besteht aus verschiedenen Gruppen, die zum Beispiel Tanz, Feuershow oder Schaukampf praktizieren. Der in Kiesen tagende Verein zählt an die 140 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren.

 

Während andere solche Vereine sich auf ein bestimmtes Zeitalter beschränken, ist der Mittelalterverein Bern offen für alle Epochen zwischen 500 und 1500 nach Christus. Sowohl das Früh-, Hoch- wie auch das Spätmittelalter werden vom Verein seit 2011, dem Gründungsjahr, vertreten.

 

Rolf Gottier selbst ist bereits seit dem vierten Monat nach der Gründung mit dabei. Er interessiert sich, seit er denken kann, für das Mittelalter – Rittergeschichten mochte er schon immer ganz besonders. In der Schule sei er zudem in Geschichte immer schon gut gewesen. Der 45-Jährige aus Brenzikofen hat einst Schreiner gelernt und ist nun seit mehr als 20 Jahren Informatiker.

 

Der Vereinspräsident, oder auch 1. Ritter, ist aber nicht der Einzige in seiner Familie, der vom Mittelalter fasziniert ist: Seine Frau Sandra Gottier ist Schatzmeisterin des Vereins, und seine Tochter Jana Gottier ist Leiterin der ­Feuershowgruppe.

 

«Das Mittelalter leben und erleben»

Die Vereinsmitglieder seien teilweise in allen Gruppen oder aber in keiner davon engagiert. Dies spiele jedoch keine Rolle: «Das Interesse am Mittelalter zählt», meint Vereinspräsident Gottier. Die Devise des Vereins ist simpel: «Das Mittelalter leben und erleben».

 

Erleben kann man das von Rittern geprägte Zeitalter an Vereinsanlässen oder in Schlössern, welche die einzelnen Vereinsgruppen immer häufiger für Anlässe engagieren. Bei solchen Mittelalterveranstaltungen sind die Schaukämpfe meistens der Höhepunkt. Ein Schaukampf könne man sich wie eine Filmszene vorstellen, die auf einer Choreografie basiert. Wenn solch ein Kampf echt aussehen soll, müsse die Gruppe bis zu einem Jahr wöchentlich proben, sagt Gottier.

 

Anders als im echten Mittelalter, sieht man bei den Kämpfen des Vereins nahezu genauso viele Frauen wie Männer mit Schild, Schwert und Rüstung. Ob aufgrund des Schaukampfs oder des Mittelalters im Allgemeinen – bei den Veranstaltungen sei die Faszination immer gross, und das Volk habe viele Fragen parat, sagt der 1. Ritter.

 

Ein Hauch von Mittelalter im 21. Jahrhundert

Das Mittelalter wurde geprägt von Krankheiten, mangelnder Hygiene und schlechter medizinischer Versorgung. Laut Gottier war dieses Zeitalter aber nicht so dunkel, wie viele Leute denken: «Viele Dinge sind Klischees, wie zum Beispiel, dass die Leute immer schmutzig waren. Das stimmt nicht. Die Menschen haben sich genauso gewaschen.»

 

Er ist der Ansicht, dass es bis heute viele wichtige Entwicklungen gegeben hat, zu welchen er aber nicht immer stehen könne: «Wenn ich in die Stadt gehe, sehe ich, wie 80 Prozent der Leute ihr Handy anstarren.» Auch Gottier ist angewiesen auf sein Handy. Er sei jedoch kein Freund der Social-Media-Branche und verzichte teilweise gezielt auf sein Mobiltelefon. Für Mittelalter-Anlässe bleibt Rolf Gottiers Handy sogar ganze Wochenenden ausgeschaltet. «Entwicklung ist gut, aber die Frage ist, wie man sie nutzt», meint der Informatiker.


Autor:in
Gabriela Sterchi, Thuner Tagblatt
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Erstellt: 09.11.2019
Geändert: 09.11.2019
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