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Konolfingerin Kim Bay in Australien: Weihnachten und Neujahr in Down Under
Kimberley Bay (17) aus Konolfingen ist seit Ende Juli in Australien, wo sie ein Jahr lang die australische Kultur kennenlernt. Für BERN-OST berichtet sie von ihren Erfahrungen aus Down Under.
Australien ist ein wirklich seltsames Land. Ein Beispiel: Weihnachten. Mit meiner Familie feiere ich Weihnachten am 24. Dezember, an „Heiligabend“. Auf Englisch „Christmas-Eve“. Wir kochen ein schönes Abendessen und packen anschliessend die Geschenke aus. Am 25. Dezember feiern wir bei meinen Grosseltern. Essen, singen und danach Geschenke verteilen sind hier eine Tradition.
Dieses Weihnachten verbrachte ich in Skye, einem Städtchen nahe Frankston, bei den Eltern von meinem Gastvater Gary. Es war sehr heiss, trocken und ein bisschen zu grün für Weihnachten, wenn man mich fragt. Ich bin ein wirklich grosser Fan von weissen Weihnachten. Auch wenn hier jeder Radiosender Weihnachtslieder spielt (in welchen sie übrigens von weissen Weihnachten singen), fühlt es sich für mich nicht Weihnachten an. Es ist mehr wie Ostern, mit all der Schokolade die es hier zu essen gibt – welche ich nun bereue... Ein kleiner Tipp an die Australier: Ihr solltet mehr eigene Weihnachtslieder spielen, die von Hitze und Grillfesten handeln.
"Ich sah noch nie soviele Heuschrecken!"
Schon bald nachdem wir von Skye zurückgekehrt sind, bereiteten wir uns auf das Neujahrs-Camping vor. Am Abend vor dem Ausflug hatten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang. Doch ein solch schöner Sonnenuntergang in Australien heisst, dass der nächste Tag ziemlich heiss wird...
Für das Vorbereiten des Neujahrs-Camping war viel Männerarbeit angesagt, daher schickte meine Gastmutter Amanda mich und Millicent, meine Gastschwester, auf einen Spaziergang. Wir waren auf dem Weg zu einem etwa hundert Meter entfernten, sogenannten „Ghost Gum Tree“, einem speziellen Gummi-Baum, der nur in dieser Region wächst. Ich war froh, dass uns Millies Dobermann „Addison“ begleitete. Sie verscheuchte die Schlangen und Heuschrecken auf unserem Weg. Ich habe nie zuvor so viele Heuschrecken auf einem Fleck gesehen. Ekelhaft. Bevor ich weiter erzähle, müsst ihr wissen, dass ich Insekten nicht wirklich mag... Ich meine, ein Schmetterling sieht ja schön aus, aber sobald einer auf mir landet, werde ich hysterisch und erschlage ihn im schlimmsten Fall sogar.
Als wir auf dem Rückweg unseres Spazierganges waren, spürte ich ein Stechen an meinem rechten Oberschenkel. Ich bekam schon Panik und sagte zu Millie: „Wenn das eine Heuschrecke in meinen Hosen ist, fange ich an zu schreien“, ich wollte sie schliesslich nicht zu Tode erschrecken, falls da wirklich eine Heuschrecke in meinen Hosen herumkrabbelt. Ich zog also langsam meine Hose hoch und schon schaut mir eine grosse, braune Heuschrecke ganz frech ins Gesicht. Ich sagte etwas in einer unglaublich hohen Stimme zu Millicent und wurde immer wie panischer, da ich dieses Ding einerseits nicht anfassen wollte, es aber andererseits auch unbedingt loswerden wollte. Als die Heuschrecke sich dann bewegte wurde ich hysterisch und habe sie einfach gepackt und weggeworfen. Ich hoffe, ich habe dieses freche Ding zerquetscht.
Auch wenn ich gerne campen gehe war es einfach viel zu heiss dafür. Ich war jeden Tag kurz vor einem Hitzschlag. Keine Dusche und der Fluss, der zu gefährlich war um schwimmen zu gehen. Das erste mal, als ich umherlief, stiess ich mir meinen Fuss unter Wasser und erlitt eine Schnittwunde, die bis Ende Monat Zeit brauchte, um zu heilen. Zu all dem Übel kam dazu, dass meine Haut wegen dem Schweiss und dem Dreck überall gereizt war.
Wie ihr seht, australisches campen unterscheidet sich ziemlich vom Camping in der Schweiz, wo man auf einem Camping-Platz mit Toiletten, Duschen und ohne Tiere, die einen töten, angreifen, fressen oder vergiften möchten, wohnt.
Eine unheimliche Begegnung
Die erste Nach schlief ich draussen in einem „Swag“, ein Mix aus einem Schlafsack und einem Zelt. Ich habe kaum geschlafen und alles um mich um hat mich zu Tode erschreckt. Es klang, als schwimme etwas grosses, massiges im Fluss, welches aus und wieder ins Wasser stieg. Ein Boot mit Scheinwerfer und Musik, das an uns vorbeibrauste, liess mich ein wenig sicherer fühlen, bis ich einen grossen Schatten in Form eines Kängurus etwa sechs Meter vor mir erblickte. Ich schloss meinen „Swag“ so schnell ich konnte und hoffte, die Gestalt mit dem Geräusch verscheucht zu haben.
Ich lernte, dass Wombats (australische Beuteltiere) nachtaktiv sind und wollte meinen „Swag“ auf keinen Fall wieder öffnen. Ich lag nur da und versuchte irgendwie, die Nacht zu überstehen. Um mich ein wenig abzulenken, schrieb ich mit meiner Mutter hin und her, bis ich etwa um vier Uhr morgens endlich einschlief. Aufgrund von Rückenschmerzen und Schweissbaden wachte ich aber bereits um sieben Uhr wieder auf. Nachdem ich meinen Gasteltern von den Geschehnissen der letzten Nacht erzählte, liessen sie mich für den restlichen Ausflug im Wohnwagen schlafen. Es fühlte sich an wie im Himmel.
Eine meiner Schulfreundinnen besuchte uns mit ihren Eltern am Silvesterabend beim Campen und wir tanzten zu alter Musik bis der Countdown im Radio lief. Wegen Buschbrandgefahr hatten wir kein Feuerwerk. Zuhause in der Schweiz gibt es überall Feuerwerk, da wir normalerweise ja auch Schnee und kalte Temperaturen haben. Ich finde, es macht es zu etwas Speziellem und ich freue mich schon darauf, Neujahr wieder zuhause zu verbringen!
Zurück in Yea nahm ich eine lange Dusche und traf einige Freunde. Bei unserem wöchentlichen Zusammentreffen fragten mich einige, wie der Campingausflug war und kamen dann zum Schluss, dass mich ein sogenanntes „Bunyip“ zu jagen versuchte.
Ein „Bunyip“ ist ein Sagenwesen aus den Erzählungen der Aboriginies. Sie lauern in Wasserlöchern, Sümpfen und Flussufern. Das Wort ist auf die Sprache der Aboriginies aus Victoria, Südwest Australien, - „Wemba-Wemba“ oder „Wergaia“ genannt, zurück zu führen.
Panik im Elidon-See
Die zweitletzte Ferienwoche verbrachten wir auf einem Hausboot. Ich freute mich riesig!
So fuhren wir etwa eineinhalb Stunden zum Elidon-See. Ich litt ein wenig unter Reiseübelkeit und als ich aus dem klimatisierten Auto aussteigen wollte, klatschte mir die Hitze direkt ins Gesicht und ich sank zu Boden, erlitt einen Hitzschlag und sass wieder einmal da mit Eis in meinem Nacken und meine Füsse im Wasser.
Auch wenn ich einige heisse Tage auf dem Hausboot verbrachte, traute ich mich nicht wirklich ins Wasser. Wie manche vielleicht wissen, wird die Schweiz „das Wasserschloss von Europa“ genannt, es hat also fast überall saubere Seen und Flüsse.
Australische Gewässer haben eher die Farbe braun und nicht wie Zuhause einen harten Untergrund, auf dem man auch stehen kann. Nun, sagen wir mal Australier bevorzugen eher einen schlammigen Untergrund, der einen bis zu den Knien verschlingt. Sie lachen und sagen: „Sei kein Mädchen, Schlamm ist gut für die Haut!“ Und dann sind da noch die australischen Fische. Die haben keine Angst vor dir. Nein, sie wollen mit dir befreundet sein...
Sam bekam einen neuen Strandball von seiner Mutter, einer von denen, die man noch aufblasen musste. Also pustete er den Ball mit Luft voll und nur kurze Zeit später, wollte der Wind damit spielen. Sam fing beinahe an zu weinen und war schon traurig, deswegen Ärger zu bekommen. Es ging nicht lange bis Millie und ihre Freundin Lauren schrien: „Wir müssen den Ball zurückholen!“
Ich war alleine mit den drei Kids, beziehungsweise vier, wenn man den 16-jährigen Johnny, der sich meist verhält wie ein Sechsjähriger, dazuzählt. Er war mir also auch keine Hilfe und ich hatte somit keine Wahl, als den Ball wieder zurück zu holen, wenn ich wollte, dass die Kids je wieder auf mich hören.
Ich zog mir eine Schwimmweste an und stand am Rand des Hausboots als ich realisierte, dass der Ball bereits 100 Meter entfernt war. „Keine Angst Kim, seit du sieben bist schwimmst du jeden Sommer beim Schwimmrennen mit und hast beinahe jedes mal gewonnen. Ausserdem sind da keine Haie, bloss Fische, die mit dir befreundet sein wollen. Du kannst das, auch wenn es windig und wolkig ist und das Wasser ziemlich dunkel aus-„. Ein grosser Wasserspritzer unterbrach meine ermutigenden Gedanken. Die Kids sprangen ins Wasser, um den Ball zu retten, ohne Schwimmweste. Ich schaute ihnen kurz hinterher und schon fingen sie an, panisch zu werden. Ich sprang ins Wasser und schwamm so schnell ich mit meiner Schwimmweste schwimmen konnte, sodass man meinen konnte, ich schwimme um mein Leben.
Ich war etwa zehn Meter vom Ball entfernt als ich sah, dass er in einem Ast, der aus dem Wasser ragte, feststeckte. Ich vergass beinahe alles um mich herum und war nicht mehr ängstlich, nachdem ich etwa 150 Meter gegen den Wind schwamm. „Nicht aufhören, schwimm, schneller, komm schon, nur noch fünf weitere Meter, du bist fast da, du kannst d-„ und meine selbstaufbauenden Gedanken wurden wieder unterbrochen. Diesmal aber von den Kindern, die mich fast ertränkten. Sie kletterten buchstäblich auf mich hinauf und versuchten, sich an meiner Schwimmweste fest zu halten.
Johnny, wie er nun mal ist, stand immer noch am Rand des Hausboots und sagte immer und immer wieder, dass die Kinder mich sicher bald ertränken. Ist er nicht ein Genie?
Jedes mal, wenn mein Kopf aus dem Wasser ragte, versuchte ich zu schreien: „Schwimmt zu dem Baumstämmen, Kids!“ Nach etwa 30 Versuchen erreichten sie endlich den Stamm und ich war froh, nicht in letzter Minute untergegangen zu sein.
Als ich das ganze Wasser aus meinen Ohren hatte und ich endlich wieder denken konnte, befiel ich Sam und Millie zum naheliegenden Ast zu schwimmen. Als sie dort ankamen, machte ich das gleiche, nur hatte ich Lauren mit ihrer Fisch-Phobie auf meinem Rücken.
Zurück auf dem Boot, die Kids in Badetüchern eingerollt, gab ich jedem von ihnen ein Erfrischungsgetränk, was ihnen den Tag rettete. Denn eigentlich dürfen sie bloss eine Dose am Tag trinken... Bin ich nicht eine gute Gastschwester?
"Ich freue mich nach Hause zu kommen"
Zuhause in Yea versuchte ich nach einer langen Dusche mich ein wenig zu entspannen. Nach all den Abenteuern bin ich froh, dass ich noch am Leben bin und kann nun mit Sicherheit sagen, dass ich Ski- und Snowboarden klar vor dem Wassersport bevorzuge.
Wie ich schon in meinem ersten Bericht schrieb, unterscheidet sich das australische Schulsystem sehr von unserem in der Schweiz. Irgendwie geniesse ich es, weniger Schule zu haben. Aber ich denke, ich bin einfach zu sehr an die langen Schultage gewöhnt, sodass ich sie manchmal tatsächlich ein wenig vermisse. Vorallem wie das Fach Geografie im Vergleich unterrichtet wird.
Ich bin nun seit fast sieben Monaten hier. Das ist eine lange Zeit. Dies wird wahrscheinlich mein zweitletzter Bericht sein, also ist es schon mal an der Zeit, meiner wunderbaren Familie zu danken. Sie muntern mich auf wenn ich Heimweh habe, auch wenn sie am anderen Ende der Welt sind. Ich freue mich, nach Hause zu gehen.
Danke auch an meine Beraterin Ann Drysdale, die eine wirklich gute Freundin geworden ist. Danke an meine wunderschöne Aussie-Freundin Kendall Richards und meine liebevolle Freundin Clarisse Stefanello. Danke für eure treue Freundschaft während meiner Zeit in „Down Under“.
Erstellt:
03.04.2019
Geändert: 03.04.2019
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