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Kontroverse in Grosshöchstetten: Urne oder Hand heben: Wie abstimmen?

Soll Grosshöchstetten die Gemeindeversammlung abschaffen und stattdessen an der Urne abstimmen? Eine Volks-Initiative spaltet die Meinungen: Während die Befürworterinnen auf mehr Mitbestimmung setzen, warnen die Gegner vor einem Verlust demokratischer Traditionen. Schon bald entscheidet das Stimmvolk, wie künftig abgestimmt wird.

An die Gemeindeversammlung kommen im Schnitt nur fünf Prozent der Bevölkerung. (Foto: rb)

Am 9. Februar stimmt Grosshöchstetten ab über die Initiative «Urne statt GV». Die Abstimmung wird Weichen für die demokratischen Abläufe auf lokaler Ebene zu stellen. Die Freie Wählergruppe Grosshöchstetten (FWG) wirbt für ein Ja, während die SVP Grosshöchstetten die Initiative ablehnt.

 

Darum geht’s

Die Initiative fordert, alle Abstimmungen, die derzeit an der Gemeindeversammlung stattfinden, künftig an der Urne durchzuführen. Die Gemeindeversammlung würde abgeschafft und durch Orientierungsversammlungen ersetzt. An diesen würde über Geschäfte informiert und der Dialog zwischen Bevölkerung und Gemeinderat ermöglicht.

 

Argumente der Befürworter

Die Freie Wählergruppe Grosshöchstetten, die hinter der Initiative steht, sieht in der Umstellung einen Weg zu mehr demokratischer Mitbestimmung. «Heute werden wichtige Entscheide oft von einer kleinen Minderheit an der Gemeindeversammlung getroffen», so das Initiativkomitee. Die Stimmbeteiligung an Gemeindeversammlungen liege seit Jahren unter fünf Prozent, während Urnenabstimmungen eine Beteiligung von rund 50 Prozent erreichen.

 

Mehr Mitbestimmung

Ziel der Initiative sei es, Hürden für die Teilnahme an politischen Entscheidungen zu senken. So könnten etwa Schichtarbeit, familiäre Verpflichtungen oder gesundheitliche Einschränkungen Menschen davon abhalten, an einer Gemeindeversammlung teilzunehmen. Mit der Möglichkeit zur brieflichen Stimmabgabe werde die politische Teilnahme erleichtert.

 

Ein zentraler Kritikpunkt an der Gemeindeversammlung ist laut der FWG die zunehmende Komplexität der Gemeindegeschäfte. «Änderungen an Vorlagen sind in der Praxis kaum mehr umsetzbar, da viele Geschäfte auf Vorgaben von Bund und Kanton abgestimmt sein müssen», schreibt das Initiativkomitee. Die FWG setzt stattdessen auf frühzeitige Mitwirkungsverfahren und Orientierungsveranstaltungen, um die Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse einzubinden.

 

Kritik der Gegner

Die SVP Grosshöchstetten spricht sich klar gegen die Initiative aus. Sie sieht in der Abschaffung der Gemeindeversammlung einen Verlust für die lokale Demokratie. «Die Gemeindeversammlung ist ein zentrales Element des politischen Lebens und ermöglicht den Bürgerinnen und Bürgern, direkt Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Gemeinde zu nehmen», schreibt die SVP Grosshöchstetten.

 

Mehr Dialog statt Entfremdung

Die Partei betont, dass die Versammlung nicht nur ein Ort der Abstimmung, sondern auch des Dialogs sei. «Die Abschaffung der Gemeindeversammlung würde die politische Teilhabe der Bevölkerung schwächen und könnte zu einer Entfremdung der Bürger von der Politik führen», so die SVP.

 

Aus Sicht der SVP sei die Gemeindeversammlung ein wichtiges Instrument, um Transparenz und direkten Kontakt zwischen der Bevölkerung und dem Gemeinderat sicherzustellen.

 

Grundsatzentscheid für Grosshöchstetten

Abstimmungen nur noch an der Urne oder weiterhin an der Gemeindeversammlung? Das Stimmvolk entscheidet, abgestimmt wird am 9. Februar.

 

[i] Die Bevölkerung von Beromünster hatte im Februar 2022 mit 56 Prozent Ja-Stimmen die Gemeindeversammlung abgeschafft. Seither wird an der Urne abgestimmt, im Vorfeld der Abstimmung findet eine Orientierungsversammlung statt.

 

In Meggen wurde die SVP-Initiative «Geschäfte an die Urne» mit 50.7 Prozent Ja-Stimmen knapp angenommen. Die Abstimmung fand im Herbst 2022 statt. Die neue Gemeindeordnung trat am 1. Juli 2023 in Kraft. Über alle Geschäfte wird seither an der Urne abgestimmt, im Vorfeld finden Orientierungsversammlungen statt.


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 31.01.2025
Geändert: 31.01.2025
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