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Lara Egli: «Dass Frauen Militärdienst leisten, ist nach wie vor nicht selbstverständlich»

Lara Egli aus Utzigen ist Stabschefin des Flugplatzkommandos Emmen und Major im Generalstab. Wir wollten von ihr wissen, warum Sie beim Militär gelandet ist, und wie das ist als Frau in der Armee.

Lara Egli: "Wir leben an einem sicheren Ort, das ist nicht selbstverständlich." (Foto: VBS)
Lara Egli: "Aus meiner Sicht gilt Gleichberechtigung, da gehört es für mich dazu, dass man überall gleichberechtigt ist." (Foto: Rolf Blaser)

Lara Egli (35) wohnt in Utzigen, sie hat einen Abschluss als Maschinenbauingenieurin ETH, ist Privatpilotin, Cellistin und Major im Generalstab.

 

BERN-OST: Lara Egli, wie sagt man korrekt: Major oder Majorin?

Lara Egli: Beim Grad gibt es keine Unterscheidung. Es hiess davor Frau Hauptmann und jetzt Frau Major. Bei der Funktion allerdings schon, da sagt man Offizierin.

 

Sie haben vor 15 Jahren die Rekrutenschule gemacht, was hat Sie damals dazu bewogen?

Ich war dannzumal Militärpilotenanwärterin. Ich habe mit 14 mit Segelfliegen angefangen und bin so in die Fliegerei gerutscht. Mein Plan war immer Militärpilotin zu werden, der erste Teil der Selektion beginnt vor 18. Wenn man weiterkommen will, muss man die RS absolvieren. Es hat dann am Ende nicht ganz gereicht.

 

Bei welcher Truppe haben Sie die RS gemacht?

Bei der Luftwaffe, bei der Führungsunterstützung Luftwaffe. In der RS waren wir drei Frauen, ab der Unteroffiziersschule war ich allein.

 

Wie war das als einzige Frau?

Es ist eine Frage, die ich mir nie stellte – es ist einfach. Als ich den Math-Gymer gemacht habe, waren wir auch nur vier Frauen in der Klasse. Für mich ist das nicht aussergewöhnlich, das war auch in der Fliegerei so. Es blieb so, auch als ich Kommandantin war, war ich die einzige Frau.

 

Haben sich die Jungs in der RS oder später als Sie Leutnant waren, nie doof verhalten, mussten Sie sich keine dummen Sprüche anhören?

(Lacht) Sie haben sich mir gegenüber nicht doofer verhalten als anderen gegenüber auch. Die schwarzen Schafe gibt es überall. Diejenigen, die nicht gehorchen wollen, die wollen nicht, egal ob eine Frau oder ein Mann vorne steht.

 

Wie kamen Sie zum Entscheid Berufsoffizierin zu werden?

Das bin ich nicht, beim Flugplatzkommando Emmen bin ich zivil angestellt. Ich habe davor in Bern im Armeestab gearbeitet und vor einem Jahr zur Luftwaffe gewechselt. Mein Chef ist Berufsmilitär, aber ich bin zivil angestellt. Nur selten arbeite ich in der Uniform, beispielsweise während der Bürgenstock-Konferenz.

 

Was war dort Ihre Aufgabe?

Dazu kann ich keine Details sagen.

 

Heute sind Sie Major, Stabschefin des Flugplatzkommandos in Emmen. Was ist Ihre Aufgabe?

Der Grad Major hat nichts mit dem Beruf der Stabschefin zu tun. Wie gesagt, bin ich zivil angestellt, ich führe dort den Berufsstab des Kommandos Emmen. Ein Teil der Angestellten auf dem Flugplatz sind Berufsmilitär und ein Teil Zivilangestellte. Im Berufsstab bin ich verantwortlich für die Geschäftsführung, für Infrastrukturbelange, Sicherheitsbelange, den Einkauf und die Finanzen. Mit dem Fliegen selbst habe ich nicht viel zu tun, das sind allenfalls Koordinationsaufgaben. Dazu kommt noch die Kommunikation gegen aussen.

 

Seit diesem Jahr sind Sie Major im Generalstab - das sind die mit den dicken schwarzen Balken auf der Hose - wie kann man sich das vorstellen? Was machen Sie im Generalstab?

Den Generalstab per se gibt es nicht mehr. Die Generalstabsoffiziere sind z.B. in verschiedenen Funktionen in Stäben, wir leisten dort Stabsarbeit wie jeder andere auch. Aufgrund unserer Ausbildung sind wir Generalisten, das heisst, wir haben den grossen Blick aufs Ganze. Wir können gewisse Sachen gesamtheitlicher betrachten und erkennen die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fachgebieten. Wir sind Offiziere mit einer besonderen Funktion aufgrund unserer Ausbildung.

 

Wie kommt man in den Generalstab?

Das ist eine sehr enge Selektion. Der Wille muss da sein, die vorgesetzten Stellen müssen einen empfehlen. Weiter muss man drei Jahre lang eine Kompanie geführt haben. Man wird inspiziert, es gibt eine militärische und eine psychologische Eignungsprüfung sowie noch ein Assessment. Am Ende entscheidet der Chef der Armee, wer zur Eintrittsprüfung antreten darf. Danach folgen weitere Prüfungen, taktische Fähigkeiten und Führungsqualitäten werden geprüft, man muss die Reglemente kennen. Dafür habe ich etwa 250 Stunden gelernt. Nur etwa drei Prozent der Offiziere sind im Generalstab, rund 1.8 Prozent  davon sind Frauen.

 

Wenn wir schon bei den Zahlen sind, heute beträgt der Anteil der Frauen in der Armee unter zwei Prozent – sollten mehr Frauen Militärdienst leisten?

(Überlegt) Aus meiner Sicht gilt Gleichberechtigung, da gehört es für mich dazu, dass man überall gleichberechtigt ist. Wenn Frauen Dienst leisten, ist es für die Durchmischung gut, aber es muss nicht sein. Eine Quote lehne ich ab, das dient niemandem. Das andere ist, dass geschlechtergemischte Gruppen in der Regel komplettere Lösungen hinbringen, weil Männer und Frauen unterschiedlich denken.

 

Gibt es für Frauen Toiletten in einer Kaserne?

Ich glaube teilweise gibt es das, ich weiss es nicht mehr. Mir war das damals in der RS egal, wenn ich aufs WC musste, ging ich. Es wird von extern ein grösseres Theater gemacht, als es ist. Wenn man die Dienstpflicht für Frauen einführen würde, wäre die Infrastruktur nicht bereit und müsste ausgebaut werden. Getrennte Duschen, WCs und vieles mehr.

 

Was klar ist, wir sind heute noch meilenweit davon entfernt, dass es normal ist, dass Frauen Militärdienst leisten. Ich wurde neulich gefragt, ob es mir geholfen habe, dass ich eine Frau bin, um zu meiner Funktion zu kommen. Ich bin zu meiner Funktion gekommen, weil ich dafür geeignet bin, nicht weil ich eine Frau bin.

 

Was gefällt Ihnen am Militär?

Wir leben an einem schönen und vor allem sicheren Ort, das ist nicht selbstverständlich. Wenn ich einen Beitrag zur Sicherheit leisten kann, dann finde ich das fair, dass ich das mache. Ich profitiere schliesslich auch davon, dass wir hier so leben können. Das ist mein kleiner Beitrag. Das andere ist, ich war knapp 30, als ich eine Kompanie von 180 Leuten führen durfte. Wo kann ich sonst eine solche Erfahrung machen? Auch ausbildungsmässig konnte ich von der Armee enorm profitieren.

 

Wie ist der Zustand der Armee? Der Chef der Armee sagte vor ein paar Monaten, dass die Armee Geld braucht. Wie spürt man das?

Das ist eine heikle Frage; sagen wir es so: Wir arbeiten mit Systemen, die teilweise älter sind als ich. Das sagt schon viel aus. Solche Systeme geraten an ihr Lebensende. Das ist dann betreffend Technik und Wirksamkeit nicht mehr State-of-the-art. Es ist ein Fakt, dass nicht mehr alle Panzer-, Infanterie- und Artillerieverbände gleichzeitig ausgerüstet werden können, weil wir das Material dazu nicht haben.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 14.07.2024
Geändert: 14.07.2024
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