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Massive Störung beim RBS: «Das hat es so noch nie gegeben!»

Zwischen Bern und Worblaufen ist es diese Woche zu mehreren Unterbrüchen gekommen. Statt mit der RBS-Bahn müssen die Reisenden bis Sonntagabend auf Busse umsteigen. Der Leiter Infrastruktur des RBS erzählt, wie es dazu kam.

«Wenn eine solche Blockstörung auftritt, wirbelt dies den Fahrplan auf dem gesamten Streckennetz durcheinander», sagt Markus Enzler, Leiter Elektrische Anlagen und Stv. Leiter Infrastruktur beim RBS. (Foto: zvg)
Das Stellwerk im Bahnhof Bern wurde 1965 gebaut. (Foto: zvg)

Auch am Freitag fuhren die Züge zwischen Worblaufen und Bern noch nicht und sie werden bis mindestens Sonntagabend nicht mehr fahren. Der RBS hat entschieden den Zugverkehr auf dieser Strecke bis Sonntagabend einzustellen. Es verkehren Ersatzbusse, ab Worblaufen fahren die Züge gemäss RBS planmässig.

 

Seit Montag kämpft der Regionalverkehr Bern-Solothurn mit technischen Problemen. Zwischendurch fuhren die Züge wieder, doch am Donnerstag kam es erneut zu einem Totalausfall zwischen Bern und Worblaufen. Im Interview erklärt der Leiter Elektrische Anlagen, was passiert ist.

 

Markus Enzler, mehrere Tage am Stück eine ungeplant unterbrochene Bahnlinie zwischen Bern und Worblaufen. Hast du das schon einmal erlebt in deinen zwanzig Jahren beim RBS?

Markus Enzler: Nein, das hat es so noch nie gegeben! Und wir setzen alles daran, dass wir das auch nicht mehr erleben müssen. Unsere Fahrgäste und wir alle haben den Anspruch auf eine pünktliche Reise.

 

Grund für die Störungen waren Probleme mit dem Stellwerk. Bevor wir der Sache näher auf den Grund gehen: Was ist eigentlich ein Stellwerk?

Das Stellwerk ist das Herz des Bahnbetriebs, denn es dient dazu, den sicheren Betrieb von Zügen auf dem Schienennetz zu gewährleisten. Es kontrolliert Signale, Weichen und andere Elemente der Zugsteuerung, so dass die Züge sicher und effizient fahren können. Das Stellwerk im Bahnhof Bern wurde 1965 gebaut, es ist damit das älteste Stellwerk am Streckennetz des RBS.

 

Aufgrund des dichten Bahnverkehrs müssen grössere Arbeiten nachts, wenn keine Züge fahren, erfolgen. Das Zeitfenster ist klein. Tritt eine Störung auf, ist der Bahnverkehr ab dem frühen Morgen beeinträchtigt. So auch in diesem Fall.

 

Was genau ist passiert, warum konnten die Züge denn nicht fahren?

Die Arbeiten in den beiden Nächten verliefen weitgehend planmässig. Sowohl am Montag- wie auch am Dienstagmorgen sah es zunächst gut aus, die Fahrten bei Betriebsbeginn verliefen positiv. Erst mit dem dichteren Fahrplan, als zwei Züge kurz hintereinander aus dem Bahnhof Bern Richtung Worblaufen fuhren, traten Probleme auf. Einzelne Signale konnten nicht mehr «auf Fahrt» gestellt werden, was sich dann auch in Blockstörungen zwischen Bern und Bern-Felsenau äusserte.

 

Du sprichst von Blockstörung. Was muss man sich darunter vorstellen?

Bei der Eisenbahn werden Strecken in Einzelabschnitte und Streckenblöcke aufgeteilt; ein Zug kann nur fahren, wenn der nächste Block frei ist. So werden auf dem Schienennetz Kollisionen verhindert. Beim RBS fahren die Züge – insbesondere auf der Strecke Bern-Worblaufen, auf der alle 90 Sekunden ein Zug unterwegs ist – sehr dicht aufeinander. Wenn eine solche Blockstörung auftritt, wirbelt dies rasch den Fahrplan auf dem gesamten Streckennetz durcheinander.

 

Was bekanntlich der Fall war…

Genau. An einen fahrplanmässigen Betrieb wäre also unter diesen Umständen nicht zu denken gewesen. Aus diesem Grund war am Montagvormittag ein Bahnersatz erforderlich. Dies ermöglichte es auch, die gezielte Fehlersuche zu intensivieren. Am Mittag waren die Fehlersuche und Anpassungen so weit fortgeschritten, dass die Züge wieder den Betrieb aufnehmen konnten. So fuhren am Montagnachmittag die Züge auf dem ganzen Streckennetz nach Fahrplan.

 

Bis es zur zweiten Störung kam.

In der Nacht auf Dienstag stand die zweite verlängerte Nachtsperre an, in der die Fehlersuche fortgesetzt wurde. Wie schon am Montag konnten auch am Dienstagmorgen die ersten Zugfahrten problemlos erfolgen. Mit dem dichter werdenden Fahrplan und den aufeinanderfolgenden Zügen stellte sich allerdings erneut das Problem mit dem Streckenblock. Da sich die Fehlersuche nun vermehrt auf den Streckenblock Bern-Bern-Felsenau beschränkte, war auch im Stellwerk Worblaufen technisches Personal erforderlich, d.h. es mussten viele Mitarbeitende eingesetzt werden, um das Problem zu beheben.

 

Warum hat es denn so lange gedauert, bis der Fehler gefunden wurde? Offenbar konnte einigermassen rasch eingegrenzt werden, wo das Problem ist.

Unser Stellwerk in Bern besteht aus unzähligen Relais, die untereinander verbunden sind. Alle diese Relais müssen optimal miteinander funktionieren, damit keine Störung auftritt. Es war in diesem Fall wie die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Am Ende hat sich gezeigt, dass ein Relaissatz zu langsam arbeitete und somit der zeitliche Ablauf in der Fahrstrasseneinstellung bzw. der Blockanmeldung gestört wurde.

 

Für die Fehlersuche mussten während der ganzen Zeit Testfahrten mit zwei Zügen durchgeführt werden. Dadurch entstand vielleicht auch der Anschein, dass die Bahn funktioniert. Nur war dem nicht so. Gewisse Konstellationen liessen sich jedoch nicht anders als mit einem «Schattenbetrieb» herstellen.

 

War damit der Fehler behoben?

Im Laufe der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch konnte der Fehler dann endlich gefunden werden. Es wurden wo nötig Teile ausgetauscht und anschliessend Tests hochgefahren. Am Mittwochmorgen um 4.30 Uhr konnte definitiv das «OK» für die Betriebsaufnahme erteilt werden. Die für den «Worst Case» bereits vorgewarnten Kundenlenker:innen sowie das Fahrpersonal Bus mussten somit glücklicherweise nicht erneut aufgeboten werden.

 

Danach kam es im Verlauf des Donnerstags erneut zu technischen Problemen. Zwischen Bern und Worblaufen verkehren bis Sonntagabend Busse.

 

Der RBS schreibt: «Im Laufe des Freitagnachmittags konnte der Fehler, welche diese technische Störung verursacht hat, weiter eingegrenzt und – Stand Freitagabend – behoben werden. Auch konnte das Gleis, welches seit Mitte Juni aufgrund der Bauarbeiten für den neuen RBS-Bahnhof Bern gesperrt war, wieder in Betrieb genommen werden. Dies ermöglicht es dem RBS, ab sofort intensive Testfahrten durchzuführen, um ab nächstem Montag wieder einen stabilen Bahnbetrieb anbieten zu können.»

 

[i] Von der Störung betroffen sind sämtliche Linien, die zwischen Bern und Worblaufen verkehren, die S7 nach Worb, die S8 nach Jegenstorf sowie die RE5 nach Solothurn.

 

[i] Das Interview mit Markus Enzler wurde vom RBS geführt und am Mittwoch auf ihrer Website veröffentlicht. BERN-OST hat das Interview leicht gekürzt.


Autor:in
pd/rb, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.10.2024
Geändert: 04.10.2024
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