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Münsingen - "Ohrfeige fürs Parlament" - aber das Bedauern ist klein

Quelle
Der Bund

Auch viele Münsinger Politiker wollten den Verwaltungsneubau nicht.

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Die Bäume auf dem Schlossareal müssen keinem Neubau weichen. (Bild: Adrian Moser)
Ein Gemeinderat, der geschlossen hinter der Vorlage steht, ein Parlamentsentscheid von bloss 3 Nein- gegen 24 Ja-Stimmen, ein lauer Abstimmungskampf und nur eine einzige Partei – die BDP – die sich offen gegen das Projekt aussprach: Alles deutete im Vorfeld des vergangenen Abstimmungswochenendes darauf hin, dass sich die Münsingerinnen und Münsinger für den Bau eines zentralen Verwaltungsgebäudes aussprechen würden. Doch das Resultat sieht anders aus: 65 Prozent der Stimmenden schickten die Vorlage deutlich bachab.

SVP und FDP sind nicht erstaunt

Am Tag eins nach der zweiten Abfuhr für eine zentrale Münsinger Gemeindeverwaltung geben sich die Präsidentinnen und Präsidenten der lokalen Parteien indes wenig überrascht: «Für mich kommt der Entscheid nicht unerwartet», sagte Monika Heinis (SVP) auf Anfrage. Sie selber hätte als Parlamentspräsidentin 2011 im Falle eines Stichentscheids gegen das Verwaltungsgebäude entschieden – auch gegen die drei Stimmen ihrer Fraktionskollegen. «Wer mit dem Volk in Kontakt war, wusste, dass es das Projekt nicht wollte.» Die Münsinger hätten weder die Lage des geplanten Gebäudes auf dem Schlossareal noch die Kosten von gut 17 Millionen Franken für «ein solches Haus» goutiert. Nun gelte es, mit einem Mitwirkungsverfahren herauszufinden, was sich die Gemeindebürger wünschten: «Beim Bahnhofplatz hat das auch geklappt.»

Sie gehe trotz des nach 2008 nunmehr zweiten Neins zu einem Verwaltungsneubau davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht grundsätzlich gegen eine zentralisierte Gemeindeverwaltung wären, sagte Monika Heinis. «Die Mitwirkung muss aber vor der Sanierung der bestehenden Gebäude durchgeführt werden.»

Auch Markus Troxler, Münsingens FDP-Präsident, hat mit der Abfuhr gerechnet: «Es ist zwar eine Ohrfeige fürs Parlament, aber grundsätzlich war das Nein zu erwarten.» Die Freisinnige Fraktion hatte sich im Parlament für die Miete, nicht aber den Kauf eines neuen Verwaltungsgebäudes ausgesprochen: «Für uns von der FDP war es der falsche Weg. Mit dem Neubauprojekt nimmt man nicht Rücksicht auf die bestehende Infrastruktur.» Jetzt sei es an der Zeit Alternativen zu prüfen, so etwa das Fischer-Gebäude und insbesondere auch den Umbau und die Erweiterungsmöglichkeiten der bestehenden Verwaltungsgebäude. Dabei müssten die Kosten genau beachtet werden: «Wir haben das Gefühl, es müsste günstiger zu machen sein als mit den veranschlagten 8 Millionen Franken.»

«Schade um das viele Geld»

Erfreut über den Volksentscheid ist Irene Wernli, Präsidentin der Münsinger Grünen. «Uns freut besonders, dass der Entscheid ganz eindeutig ausgefallen ist, was zeigt, dass es der falsche Ort war.» Ihre Partei verzichtete im Vorfeld der Abstimmung auf eine eigentliche Parole; an ihrer Mitgliederversammlung sagten die Grünen deutlich Nein zu dem vorgelegten Projekt – allerdings gab es auch Befürworter. «Die Analyse der vorherigen Abstimmung war ungenau; das knappe Nein damals hätte anders gedeutet werden müssen», sagte Wernli. «Schade um das viele verplante Geld – das hätte man besser gebraucht, um mögliche Alternativen zu prüfen».

Das Problem bleibt bestehen

Wirklich betrübt über den Ausgang der Gemeindeabstimmung ist man bei der Münsinger SP: «Wir sind sehr enttäuscht, aber wir müssen es zur Kenntnis nehmen», sagte SP-Präsidentin Elisabeth Striffeler. Nun müsse man analysieren, was falsch gelaufen sei, «und aus diesen Schlüssen etwas Positives ziehen.» Denn mit dem Nein durch das Stimmvolk seien ja die Probleme der Münsinger Gemeindeverwaltung nicht gelöst: «Der Platzmangel bleibt bestehen, aus den alten Häusern kann man keine Minergie-Gebäude machen, die Gemeindeverwaltung ist nicht behindertengerecht und bleibt ein Flickwerk.» Für die SP Münsigen sei, so Elisabeth Striffeler, darum klar: «Wir bleiben dran.»

Reizwort «Glaspalast»

«Wir sind enttäuscht, aber wir respektieren das demokratische System – der Souverän hat immer recht», sagte Werner Fuchser, Präsident der lokalen EVP. Es sei sehr schade, dass sich die Stimmenden durch den Ausdruck «Glaspalast» beeindrucken liessen. «Das Wort Palast weckt Assoziationen von Luxus und Überfluss, den wir uns nicht leisten können.» Die Befürworter hätten diesen Ausdruck nie verwendet: «Für uns ist es ein Zweckbau.» Klar, so Fuchser weiter, seien 17 Millionen Franken viel Geld, «aber billiger wird es in Zukunft wohl nicht.» Weiter hätten sich viele Stimmberechtigte am Standort des geplanten Gebäudes im Schlossareal gestört: «Vielleicht sollte man bei einer neuen Planung den Standort überdenken.»

Autor:in
Renate Bühler, "Der Bund"
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Erstellt: 13.03.2012
Geändert: 13.03.2012
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