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Musikgesellschaft Utzigen: Eine Reise durch 175 Jahre
Mit ihren stolzen 175 Jahren ist die Musikgesellschaft Utzigen eine der ältesten im Kanton Bern. Grund genug, mit einer musikalischen Zeitreise auf die Anfangsjahre zurückzublicken. Und dabei vielleicht sogar ein paar neue Mitglieder zu gewinnen, damit der Verein noch viele weitere Jubiläen feiern kann.
Wer gerne Geschichte(n) hat, kann sich freuen: «Eine musikalische Zeitreise» verspricht das Programm der Musikgesellschaft Utzigen für ihr Jubiläumskonzert. Und es ist eine eindrückliche Reise, die sie hinter sich hat.
Damals wurde auch der Schweizer Franken eingeführt
Man schrieb das Jahr 1850, als sich eine gute Handvoll blasmusikbegeisterter Männer aus der Gemeinde Vechigen zusammentaten und stillschweigend einen Verein gründeten – die Sinneringenmusik. Erst zwei Jahre zuvor war die Bundesverfassung verabschiedet und damit die heutige Schweiz gegründet worden. Und in diesem Jahr wurde auch der Schweizer Franken als Einheitswährung eingeführt.
Rückblick auf die Anfangsjahre
An diese Anfangszeiten wolle sich die heutige Musikgesellschaft an ihrem Jubiläumsanlass zurückerinnern, sagt Präsidentin Monika Brand: «Wir zeigen, wie die Musikgesellschaft wohl seinerzeit angefangen hat.» Es werde eine unterhaltsame Reise für Ohren und Augen, verspricht sie mit einem Schmunzeln, denn die Geschichte werde auch optisch dargestellt.
Repertoire von früher …
Für die Reise hat die Musikgesellschaft das Repertoire aus dieser Zeit hervorgeholt: Sie startet mit «Orphehus in der Unterwelt» und zeigt von Polka über Volkslied bis Musical, welche Musik in all den Jahren angesagt war. Obwohl, Monika Brand lächelt, «die damalige Truppe war mit zehn Mann eigentlich zu klein, um das Klangspektrum des ersten Stücks zu füllen». Heute, mit 35 Mitgliedern, klingen alle Stücke um einiges runder. «Aber es soll zeigen, wie sich das Repertoire gewandelt hat.»
… bis in die Moderne
Die Reise quer durch die Musikepochen passt zur Musikgesellschaft Utzigen: Immerhin, sagt die Präsidentin stolz, sei sie die älteste Musikgesellschaft im Amt Konolfingen, seit die Musikgesellschaft Worb nicht mehr aktiv sei. Und eine der ältesten im Kanton Bern. Das Programm – ausgeschmückt mit Geschichten aus der entsprechenden Zeit – führt bis in die Moderne und landet schliesslich bei einer aufgepeppten Beach-Boys-Komposition.
Für Jung und Alt
Das soll zeigen, dass die Musikgesellschaft altehrwürdig, aber keineswegs veraltet ist: Das älteste Mitglied ist zwar über siebzig Jahre alt und schon seit mehr als fünf Jahrzehnten dabei. Aber das jüngste ist frische Fünfzehn und mit jugendlichem Schwung dabei, zwei «Kandidaten» spielen auch bereits aktiv mit. Und die Musikgesellschaft, früher eine reine Männerbastion, hat seit 1966 auch Frauen im Verein – und heute mit Monika Brand eine Frau als Präsidentin.
Als Teenager angefangen ...
Die 44-Jährige ist seit drei Jahrzehnten dabei. Sie ist seit langem im Vorstand aktiv, und vor zehn Jahren wurde sie ins Präsidenten-Amt gewählt – als erste Frau. Sie erinnert sich noch gut daran, wie sie als Teenager zusammen mit ihrem jüngeren Bruder in die Musikgesellschaft eintrat, die Klarinette im Arm und Aufregung im Herzen.
... und ein wirbelndes Musikfest erlebt
Kurz nach ihrem Start seien die beiden Geschwister schon an das eidgenössische Musikfest Interlaken mitgereist, erzählt Monika Brand. «Ich war erst frisch angekommen und eigentlich noch ein bisschen überfordert.» An das Musikfest erinnert sie sich nur noch als wilden Wirbel von Eindrücken – gross, einschüchternd, und sie als Jugendliche unter all diesen Erwachsenen.
Vertrautes Zusammensein …
Sie lacht: «Zum Glück ist meine halbe Familie in der Musikgesellschaft dabei, so war ich wenigstens unter vertrauten Gesichtern.» Genau das ist es, was sie persönlich so schätzt: Diese Vertrautheit, das Zusammenspiel von Alt und Jung, das gemeinsame Musizieren, aber auch das Miteinanderfeiern an Festen, bei Jahresausflügen, an Wochenenden, «ein Miteinander fast wie in einer grossen Familie», sie strahlt.
… und trotzdem Mitgliederschwund
Dann wird sie nachdenklich: «Das ist es aber auch, was es so schwierig macht, neue Mitglieder zu gewinnen und die bisherigen zu behalten.» Zu viel Arbeit, zu vielfältige andere Angebote und zu wenig Lust, sich fix für die regelmässigen Proben und Anlässe zu verpflichten – bei der altehrwürdigen Musikgesellschaft Utzigen sieht das nicht anders aus als in anderen Vereinen und Gesellschaften.
Schöne Erlebnisse …
Dabei klingt es durchaus verlockend, wenn Monika Brand von all den vielen Geschichten erzählt, die sie zusammen bei Musikreisen, Theaterproben und Konzerten erlebt haben. Einmal sei sogar die ganze Musikgesellschaft zur Hochzeit eines Paars nach Deutschland gereist: Die beiden hatten einmal in Vechigen gewohnt und waren in dieser Zeit Mitglieder bei der Musikgesellschaft. «Das war ein tolles Erlebnis.»
… auf gemeinsamen Reisen
Inzwischen sei es schwieriger geworden, Zeit für kleine Reisen zu finden, aber dennoch seien das immer Highlights. «Es ist schön, einmal Zeit anders zu miteinander zu verbringen und mit den Instrumenten woanders spielen – das gibt eine spezielle Stimmung.» Sie schmunzelt, ja, auch manches Paar habe sich bei Theater- oder Konzertproben kennengelernt.
Theaterproben waren zu viel
Theaterproben allerdings gibt es schon seit fünfzehn Jahren keine mehr: Der Aufwand, nebst den Konzertproben die Drei-Akter mit tragischem Hintergrund einzustudieren, wurde zu gross. Die letzten Aufführungen, diesmal von kürzeren Lustspielen, zeigten, dass es über die Feiertage einfach zu knapp wurde, Musik- und Theaterproben einzustudieren. «Stattdessen besannen wir uns darauf, dass wir ja eigentlich ein Musikverein sind», sagt Monika Brand – am Jubiläumskonzert ein Musikverein mit einem extrabreiten Repertoire.
Neue Mitglieder dank Musikfest?
Damit will die Musikgesellschaft nicht zuletzt versuchen, ehemalige Mitglieder wieder zu begeistern. Sie lädt dafür alle Ehemaligen persönlich zum Konzert ein. Ein Lockvogel, sagt Präsidentin Monika Brand, könnte das eidgenössische Musikfest sein, das nächstes Jahr in Biel stattfindet: Das erste seit dreissig Jahren, an dem die Musikgesellschaft Utzigen wieder teilnehmen wird. Eines fiel wegen Corona aus, andere waren zu weit weg oder der Aufwand war zu gross. «Musikfeste sind aber besonders motivierend, und am ‘Kantonalen’ letztes Jahr haben wir dementsprechend gut abgeschnitten.»
Engagement für die Jungen
Ein wichtiges Anliegen ist ihr als Präsidentin, sich um die Jungen zu kümmern: «Man muss offen sein und sich engagieren, damit sie kommen und bleiben», sagt sie: «Wir müssen sie mit einem breitem Musikrepertoire halten – und dabei das Gleichgewicht finden, um trotzdem unser altes Publikum nicht zu verlieren.» Das gute Gespür für den Umgang mit Älteren und Jüngeren, und das hilft ihr jetzt, muss sie auch in ihrem Beruf als Pflegefachangestellte haben.
Uniform ist teuer …
Ob die Musikgesellschaft am Jubiläumsanlass optisch auch mit einer neuen Uniform überraschen wird? Monika Brand schüttelt den Kopf. «Nein, die Uniformen von 2008 sind noch wie neu, sie gefallen uns noch immer gut und sie sind bequem.» Sie werden die Blasmusiker:innen deshalb noch eine Weile begleiten. Denn eine Musikuniform hat stolze Preise: Rund 2000 Franken müsse man rechnen.
…heute wie früher
Um wieder zur Geschichte des Musikvereins zurückzukehren: 1938 besuchte die Musikgesellschaft Utzigen erstmals ein Musikfest in Uniform. «Damals kosteten die Uniformen um die 112 Franken», weiss die Präsidentin. Wenn das auch nach einem wesentlich bescheideneren Preis aussieht, war das wohl kurz vor dem zweiten Weltkrieg eine mindestens so stolze Summe. So wandeln sich die Zeiten. Und doch bleibt einiges gleich: die Freude am gemeinsamen Musizieren.
[i] Jubiläumskonzert «Musikalische Zeitreise» der Musikgesellschaft Utzigen: 15./16./19./22. März 2025, Informationen finden Sie hier.
[i] Das Jubiläum wird ausserdem auch am 1. Augustfest der Musikgesellschaft Utzigen präsent sein, der eigentliche Jubiläumsakt findet am 20. September 2025 statt.
[i] Die Musikgesellschaft Utzigen, gegründet 1850, wuchs in den 1950er Jahren auf 30, 40 Mitglieder an, den Höhepunkt erreichte sie vor ein paar Jahrzehnten mit stolzen 50 Mitgliedern, zurzeit sind 35 Mitglieder aktiv. Seit den Sechzigerjahren sind auch Frauen zugelassen, inzwischen zählt die Musikgesellschaft, die als reine Männergesellschaft begonnen hatte, mehr Frauen als Männer. Heute fehlen der Musikgesellschaft vor allem junge Mitglieder ab 20 Jahren. Interessierte können sich melden bei Präsidentin Monika Brand, praesident@mgutzigen.ch.
Erstellt:
12.03.2025
Geändert: 12.03.2025
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