- Kultur
Néstle Konolfingen: Imagepolitur im Dorfmuseum?
Die Nestlé-Fabrik in Konolfingen feiert ihr 125-jähriges Bestehen. Im Dorfmuseum Alter Bären gibt es dazu eine Sonderausstellung, die wesentlich von der Nestlé mitgetragen wird. Eine gute Gelegenheit, den Milchpulver-Skandal der 70er Jahre vergessen zu machen.
Ein Weltkonzern mit einem Umsatz von 89,5 Milliarden Franken im letzten Jahr macht eine Ausstellung in einem Dorfmuseum, das von einem Verein getragen wird. Ein Glücksfall fürs Museum: „Ohne die Investitionen der Nestlé hätten wir die Ausstellung nicht machen können“, sagt Willi Blaser vom Dorfmuseum alter Bären. Es sei eine ganz aussergewöhnliche Ausstellung mit grossem Aufwand. Das Museum erwartet dementsprechend viele Besucher.
Fokus Milchpulver
Die Ausstellung zeigt die Geschichte der Fabrik von der Berneralpen Milchgesellschaft zur heutigen Nestlé-Fabrik und dem Nestlé Research Center. Es gehe darum, wie wichtig die Nestlé für Konolfingen sei, sagt Blaser. Besonders das Milchpulver, welches die Nestlé in Drittweltländer exportiert, werde extrem thematisiert.
Nestlé produziert in Konolfingen unter anderem Babynahrung und schreibt sich auf die Fahnen, dass „heute weltweit eine Million Kleinkinder pro Tag mit Produkten aus Konolfingen ernährt werden,“ wie in einer Medienmitteilung zum Jubiläum steht.
Keine Rede vom Skandal
Tut die Nestlé da etwas für ihr Image? Immerhin klagte eine Studie mit dem deutschen Titel „Nestlé tötet Babys“ das Unternehmen in den 70ern an, für den Tod tausender Kinder in der dritten Welt verantwortlich zu sein. Dem Unternehmen wurde aggressives Marketing und das Vernachlässigen von Hinweisen auf die notwendige Hygiene bei der Zubereitung des Milchpulvers vorgeworfen. Erst letztes Jahr zeigte ein Bericht des SRF auf, dass die Kritik am Unternehmen in Bezug auf Milchpulver anhält.
„Nein, wir wollten einfach das Jubiläum in einem würdigen Rahmen feiern“, sagt der ehemalige Fabrikdirektor Erich Stritt. Blaser sieht das anders: „Die Nestlé macht mit der Ausstellung sehr viel für ihr gutes Image. Es geht darum, was die Firma der ganzen Bevölkerung bringt.“ Und: „Der Milchpulver-Skandal wird nicht thematisiert.“ Trotzdem sei die Ausstellung keine Propagandaaktion wie sie die Nestlé sonst betreibe: „Es ist keine ‚Wäutskampagne’.“
Imagepolitur zum Schnäppchenpreis
Das Dorfmuseum habe die Ausstellung einen vierstelligen Betrag gekostet. Die Nestlé ihrerseits beteiligte sich im gleichen Rahmen: „Wir haben unter einem fünfstelligen Betrag für die Ausstellung ausgegeben“, sagt Stritt. Viel Geld für das Museum, wenig für Nestlé.
Nestlé war auch bei der Konzipierung der Ausstellung stark involviert. „Vor vier Jahren erhielten wir von der Nestlé eine Leihgabe, welche wir nun ausstellen konnten,“ sagt Blaser. Im Dorfmuseum gibt es seit da auch das Nestlé-Zimmer, in dem eine Ausstellung mit einem Teil der Leihgaben dauerhaft gezeigt wird. Für die aktuelle Ausstellung gab es einen Ausschuss aus Nestlé- und Museumsleuten. Wieviel kritischer Spielraum da dem Museum in der Darstellung des Themas blieb, bleibt offen.
[i] Zum Newsbericht über die neue Ausstellung im Dorfmuseum alter Bären: "Konolfingen - Die Fabrik, die Konolfingen zum Dorf machte" vom 20.5.2017
[i] Zum Beitrag des SRF "Nestlé und sein Milchpulver: Eine Erfolgs- und Leidensgeschichte" vom 18.02.2016
[i] Die Ausstellung ist noch noch bis am Sonntag, 28. Mai und am Sonntag, 4. Juni, Mittwoch, 7. Juni und Sonntag, 18. Juni geöffnet. Weitere Informationen auf der Webseite des Dorfmuseums Alter Bären
Erstellt:
27.05.2017
Geändert: 27.05.2017
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