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Oberdiessbach geht neue Wege: «Im Idealfall wird es besser und günstiger»
Der Gemeinderat von Oberdiessbach will die Elektrizitätsversorgung auslagern. Statt gemeindeintern soll sich eine öffentlich-rechtliche Anstalt um den Strom kümmern. Im Mai kann das Volk über das Vorhaben abstimmen. Was ist davon zu halten?
Die Elektrizitätsversorgung – also woher die Bürgerinnen und Bürger von Oberdiessbach den Strom beziehen – gehört der Gemeinde. Bisher hat sich Gemeindeschreiber Oliver Zbinden um den Einkauf des Stroms gekümmert. Ab Januar nächsten Jahres will der Gemeinderat dies auslagern. Das heisst, es soll eine neue Firma gegründet werden, welche diese Arbeit übernimmt. Die Stromversorgung bliebe dennoch Eigentum der Gemeinde.
Die Anstalt und der Strom
Am Mittwochabend haben Gemeindepräsidentin Bettina Gerber und Gemeindeschreiber Oliver Zbinden an einem Info-Abend erläutert, was sich beim Strom in Oberdiessbach ändert. Die künftige Elektrizitätsversorgung EVO soll in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ausgegliedert werden, deren Sitz in Oberdiessbach bleiben soll. Die EVO soll eine Geschäftsstelle, eine Revisionsstelle sowie einen Verwaltungsrat erhalten, in dem die Gemeinde einen Sitz einnehmen wird. Um die Leitung der Elektrizitätsversorgung soll sich eine Geschäftsführerin oder ein Geschäftsführer kümmern.
Eine Million zum Start
Zum Start gewährt die Gemeinde der künftigen Elektrizitätsversorgung ein Darlehen in der Höhe von 1.2 Millionen Franken. Das Darlehen muss von der EVO innert zehn Jahren zurückbezahlt werden. BERN-OST wollte von Gemeindepräsidentin Bettina Gerber (Die Mitte) wissen, warum dieser Schritt nötig ist und was sich für die Strombezügerinnen in Oberdiessbach ändert.
BERN-OST: Bettina Gerber, was sind die Hauptgründe für die Auslagerung?
Bettina Gerber: Der Strommarkt ist zunehmend komplizierter geworden. Sei es Strom einkaufen, aber auch Stromrechnungen stellen. Zurzeit trägt der Gemeindeverwalter die ganze Verantwortung allein. Wir möchten dies auf mehrere Schultern verteilen, ihm und dem Gemeinderat sollen Fachpersonen zur Seite gestellt werden.
Was hat sich verändert? Bis jetzt ging es ja auch, warum gehts jetzt plötzlich nicht mehr?
Es würde schon so weitergehen wie bisher. Gleichzeitig merken wir, dass sich etwas ändern muss. Es wird Zeit, dass die grosse Last auf mehr Schultern verteilt wird. Es ist auch nicht so, dass es bisher schlecht gemacht wurde, im Gegenteil.
Was wird sich ändern mit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Anstalt?
Es gibt einen Verwaltungsrat, der die strategischen Vorgaben vom Gemeinderat umsetzen wird. Dieser ist verantwortlich, dass wir weiterhin günstige Preise haben und über ein Netz verfügen, welches sicher und stabil ist. Aber wir brauchen auch jemanden, der die Geschäftsführung übernimmt. Diese Leistung kann man einkaufen, das machen andere Gemeinden auch. Ziel ist es, dass die Gemeindeverwaltung ihre eigentlichen Aufgaben wieder wahrnehmen kann.
Sind die Jobs schon vergeben?
Nein, noch nicht, wir haben weder für die Geschäftsführung noch für die Verwaltungsratsmandate Personen angefragt.
Wie autonom ist diese öffentlich-rechtliche Anstalt?
Es ist so, dass sie eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen wird, mit einer Geschäftsführung und einem Verwaltungsrat. Einzige Eigentümerin dieser Anstalt bleibt aber unsere Gemeinde. Im Anstaltsreglement gibt es sehr klare Vorgaben, wie diese Anstalt zu führen ist. Zudem wird ein Gemeinderat einen Sitz im Verwaltungsrat einnehmen, so dass der Informationsfluss sichergestellt ist.
Was ändert sich für die Leute, die den Strom beziehen?
Es sollte auf jeden Fall nicht schlechter werden, im Idealfall wird es besser und günstiger. Was dazu kommt, die Vorgaben vom Bund mit dem neuen Strommantelerlass werden nochmal zunehmen. Wir brauchen dringend Unterstützung, dass alle Abläufe und Formalitäten eingehalten werden können.
Was passiert mit dem Strompreis?
Preislich wird es eventuell günstiger. Falls sich der Strommarkt tatsächlich so entwickelt, dass der Strom generell günstiger eingekauft werden kann. Es gibt aber viele Herausforderungen zu bewältigen, wie beispielsweise Photovoltaikanlagen, die gebaut und ins Netz eingespeist werden. Es gibt Stromkunden, die im freien Markt sind und zurückkommen oder auch wieder gehen. Das sind die Herausforderungen, mit denen man im Alltag leben muss.
Nehmen wir beispielsweise Worb. Dort erhält man die Rechnung von der BKW. Warum wählt Oberdiessbach nicht diesen Weg und verkauft an die BKW oder jemand anderen?
Das wäre sicher eine Möglichkeit. Aber vielleicht drückt der Schuh noch zu wenig. Damit würden wir einmalig Geld einnehmen. Aber wir möchten weiterhin die Gewinne der Elektrizitätsversorgung - falls es dann auch welche gibt – in den allgemeinen Haushalt der Gemeinde Oberdiessbach zurückfliessen lassen. Wir gehen davon aus, dass dies weiterhin gewinnbringend betrieben werden kann.
Die Gemeinde Oberdiessbach produziert keinen Strom selber? Ist kein kleines Wasserwerk vorhanden?
Nein.
[i] Über die neue Form dieser Anstalt wird am 18. Mai an der Urne abgestimmt. Das Stimmvolk wird über das Reglement der öffentlich-rechtlichen Anstalt sowie über ein Darlehen in der Höhe von 1.2 Millionen Franken abstimmen.
Erstellt:
24.01.2025
Geändert: 24.01.2025
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