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Reformbäckerei Vechigen: Vorläufig doch noch frisches Bio-Brot!

Das Ende einer Ära nahe, teilte im November die Reformbäckerei Vechigen ihren Kund:innen mit, sie werde Ende Januar 2025 schliessen. Der Hauptgrund: Bäcker:innenmangel. Schon bald zeigte sich, dass es vielleicht doch weitergehen könnte. Jetzt steht es fest: Zumindest für das nächste halbe Jahr bäckt ein kleineres Team eine kleinere Menge, vor allem für Kundschaft aus Vechigen und Umgebung.

Das verkleinerte Team der Reformbäckerei: Chrige, Patrik, Flo und Conni (Foto: reformbaeckerei.ch)

Die Reformbäckerei Vechigen werde nach fast 40 Jahren Ende Januar endgültig schliessen, hatten Geschäftsführerin Anna Hersberger und ihr Vater Patrik Hersberger ihrer Kundschaft im November mitgeteilt. Viele bedauerten das. Jetzt ist ein Silberstreifen am Horizont aufgetaucht: Eine Bäckerin und ein Bäcker, so die neue Nachricht vonseiten der Reformbäckerei, wollen übernehmen.

 

Teure Rohstoffe, arbeitsintensiv, keine Fachkräfte

«Nach vielen schlaflosen Nächten und Diskussionen» hätten sie beschlossen, die Reformbäckerei per 31. Januar 2025 in ihrer heutigen Form zu schliessen, liessen sie letzten November verlauten. Die viele, letztlich zu teure Arbeit, die stetig steigenden Preise für die hochwertigen biologischen Zutaten, und am Ende noch der Fachkräftemangel: Das alles, so erklärte damals Anna Hersberger, habe zu diesem Entscheid geführt.

 

Ein Lichtblick…

Jetzt ist «Ende Januar» vorbei – und es sieht nicht mehr so düster aus. «Nachdem ein Ende unausweichlich schien, hat sich wieder einiges verändert», schrieb Patrik Hersberger, der die Reformbäckerei Vechigen vor 38 Jahren gründete, auf der Website. Er wird die Geschäftsführung wieder selbst übernehmen, weil sich seine Tochter Anna ab Februar beruflich neu orientiert hat. Seine optimistische Botschaft: «Ein Neustart ist möglich.»

 

…dank den engagierten Bäcker:innen…

Wie ist das möglich? Die Rohstoffe bleiben teuer, ebenso die harte Handarbeit. Aber in Vechigen habe der Faktor Mensch geholfen, wie Hersberger auf der Website fröhlich mitteilt: «Mit Conni und Flo sind zwei Bäcker:innen da, die weiterfahren und Verantwortung übernehmen wollen!» Er als Altbäcker wolle «gerne mithelfen, die Reformbäckerei am Leben zu erhalten und sie bestenfalls in neue Hände zu geben». Irgendwie, ergänzt er per Telefon, sei das wieder ähnlich wie zu seinen Anfangszeiten, bevor die Nachfrage so gross und der Betrieb übermässig anstrengend geworden war.

 

...Conni…

Das Team jedenfalls ist guter Dinge. Bäckerin-Konditorin Cornelia «Conni» Stadler, 44, ist seit zwei Jahren dabei und freut sich sehr, dass es vorläufig weitergeht: «Hier ist alles anders, ich habe nie vorher so gearbeitet.» Sie meint damit die kunstvolle Handarbeit mit lang geführten Teigen, das ganz andere Verarbeiten von weichen, fast flüssigen Dinkelteigen, die man nach dem Portionieren sofort in Kernen oder Schroth wenden muss, weil sie sonst zerfliessen: «Es ist eine spannende Arbeit und ich kann voll hinter all den hochwertigen Rohprodukten stehen.» Sie findet anderes Brot seither oft nur noch wenig aromatisch und möchte auch nicht mehr anders arbeiten.

 

…Flo…

Ähnlich geht es dem 26-jährigen Bäcker-Konditor Florian «Flo» Sommer. Er hatte zuvor in Betrieben gearbeitet, in denen er sein Berufswissen nicht gebührend einbringen konnte. Als er sich im Sommer bewarb und im November zum Team stiess, konnte er endlich sein Handwerk richtig anwenden – und war auf Anhieb begeistert: «Hier schätze ich die Sorgfalt mit den Rohstoffen, die Liebe zur Arbeit und die Herausforderung mit den speziellen Teigen.» Umso froher ist er, dass das Team, das bei seinem Start schon vom Ende sprach, jetzt doch weitermacht. Und erst noch mit kürzeren Arbeitszeiten: Statt um zwei Uhr nachts starten die Backtage je nach vorbestellter Menge künftig um sechs Uhr früh. «Das ist ein ganz klarer Vorteil, so kann ich daneben doch noch ein normales Sozialleben pflegen», freut sich Flo.

 

…und Chrige…

Die Dritte im Bunde ist Christine «Chrige» Vifian, 61, seit rund vier Jahren als Allrounderin im Team der Reformbäckerei dabei und laut ihrer Kollegin Cornelia Stadler «unsere  absolute Sablé-Queen». Sie selbst sagt: «Ich freue mich wahnsinnig, dass es weitergeht.» Es sei eine schöne Chance für Junge, dass etwas Altes bestehen bleibe, ja, dass «Altes in die Hände von Jungen weitergeht». Und nicht zuletzt freut sie sich darüber, dass das Zwischenmenschliche im Team sehr wichtig ist. «Das wird gut!», sagt sie optimistisch.

 

…gemeinsam mit Patrik

Auch Patrik Hersberger, der Gründer der Reformbäckerei, freut sich auf die neue Zusammenarbeit zu viert. Er betont, für ihn sei jede:r einzelne genau gleich wichtig: «Es geht nur mit allen zusammen!» Und tatsächlich ist spürbar: Das Team startet in die neue Runde nach dem Motto «Gemeinsam und mit frischem Mut».

 

Vor allem für Vechigen…

Für die Kundschaft heisst das: Gebacken wird weiterhin Mittwoch, Donnerstag und Freitag, allerdings nur auf Vorbestellung. Auch Nussgipfel, Mohnschnecken, Dinkel- und vegane Sablés stehen laut Bäckerin Cornelia Stadler weiterhin auf dem Programm. Aber es werden nicht mehr über 20 Bioläden in der Region beliefert wie zuvor. Die neue Strategie gemäss Patrik Hersberger lautet vielmehr: «Wir konzentrieren uns vorerst einmal auf unsere Kundschaft aus Vechigen und Umgebung.» Daneben werde nur noch den Hallerladen in Bern beliefert.

 

…und vor allem gemütlicher

Diese abgespeckte Variante soll verhindern, dass das Team in der völligen Überlast landet, wie dies im den letzten Jahr manches Mal passiert war. Nebst dem späteren Arbeitsbeginn am Morgen seien auch längere Backpausen eingeplant. «Was sicher sein muss, sind mehr Ferien», hatte Patrik Hersberger schon im November angekündigt. Und das will er durchziehen: Ganze elf Wochen Ferien seien für dieses Jahr eingeplant. Er hofft, dass mit diesen Neuerungen nicht nur mehr Luft für Erholung bleibt, sondern dass dadurch die Arbeit allen wieder mehr Freude macht. «So bleibt der Schwung, und es entsteht Raum für Kreativität.»

 

Mitte 2025 wird entschieden

In der zweiten Februarwoche, also nach der Sportwoche, wird das Viererteam zusammen im neuen gemächlicheren Tempo loslegen und beobachten, wie sich das bewährt. Alle sind gespannt, wie es anläuft. Denn bis dahin sei es sehr schwierig abzuschätzen, ob sie von Anfragen förmlich überschwemmt werden, oder ob es sich gut einpendle. Wie es nach dem «Testhalbjahr» weitergeht, wird sich Mitte 2025 weisen: Im Sommer wird das Team seine Erfahrungen überprüfen und entscheiden, ob und wie die Reformbäckerei Vechigen weiterläuft.

 

[i] Reformbäckerei Vechigen


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.02.2025
Geändert: 04.02.2025
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