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Rüfenacht & Co Worb: Jetzt ist klar, wer in die Geschäftsräume kommt
Das Rätseln hat ein Ende: In die Geschäftsräume des alteingesessenen Haushaltgeschäfts Rüfenacht & Co kommen eine Papeterie und ein Schirmgeschäft. Genauer gesagt: «Ritas Schirmwelt» und «Brodmann, die Papeterie in Burgdorf». Die Firma expandiert im Mai von Burgdorf nach Worb.
Vor dem ehemaligen Haushaltgeschäft Rüfenacht & Co an der Bahnhofstrasse 16 in Worb stand gestern ein Transporter. Die grosse Mulde daneben war schnell voll: Nach einem halben Jahr Leerstand und Ungewissheit, was aus den Räumen würde, passiert jetzt etwas.
Und zwar rasant: Innerhalb von zwei Wochen war entschieden, dass in die Räumlichkeiten die Papeterie Brodmann und Ritas Schirmwelt aus Burgdorf einziehen werden, in weiteren drei Wochen eröffnet das Geschäft.
Monatelange Ungewissheit…
Zur Erinnerung: Letztes Jahr starb der langjährige Geschäftsführer Heinz Rüfenacht kurz nach seinem 84. Geburtstag, und monatelang war unklar, wie es mit «Rüfenacht & Co» weitergehen würde (BERN-OST berichtete). Klar war später nur so viel: Seit das Geschäft Ende September 2023 definitiv geschlossen wurde, fehlte das grosse Sortiment in Worb. Viele Worber:innen haben seither wohl das eine oder andere vergeblich im Dorf gesucht.
Jetzt klebt an der Scheibe ein grosses Plakat von «Ritas Schirmwelt» und «Brodmann – Die Papeterie in Burgdorf». Darauf ein Foto vom ganzen Team und die Ankündigung: «Cool! Ab 3. Mai sind wir auch in Worb!» Und: «Wir freuen uns sehr auf dich: Rita, Alishia, Manuela, Karin, Marina, Sabrina, Salome, Daniela und Sibylle.» Die Nachbar:innen ringsum fanden auch bereits einen Flyer mit der Ankündigung im Briefkasten.
… jetzt blitzschneller Einzug
Mit der offiziellen Ankündigung hinkt Brodmann noch ein wenig hintennach. Auch, in welcher Form sie die Eröffnung am 3. Mai feiern wird, ist noch nicht ganz klar. Das ist kein Wunder: Bis vor ein paar Wochen wusste Rita Brodmann selbst noch nicht einmal, dass sie nach Worb expandieren würde. Brodmann, Geschäftsführerin, Inhaberin, kreative Kraft und Powerfrau hinter dem Burgdorfer Unternehmen, ist schnell, wenn sie etwas entscheidet.
So auch im Fall Worb: Am 27. März fuhr sie zufälligerweise am Rüfenacht-Haus vorbei, als sie ihre Angestellte Sabrina Harder zu ihrem Zuhause in Worb fuhr. Rita Brodmann sah das Haus und wusste: «Das ist es, hier möchte ich hin!» Und wenn ihr solche Gedanken durch den Kopf schiessen, dauert es nicht lange, bis sie ganz konkret Gestalt annehmen. Brodmann lacht. Sie weiss: «Ja, die Leute um mich herum drehen manchmal im Roten.»
«Tolle Zwischennutzung»
Noch am selben Tag schickte sie die Mailanfrage an die Gemeinde ab. Dann musste sie sich ein paar Tage gedulden, bis diese den Kontakt des Worber Notars Daniel Haldemann herausgefunden hatte. Und wiederum ein paar Tage, bis mit ihm alles geklärt war. Aber sobald diese Hürde genommen war, lief es wieder rassig.
Am Mittwoch, 10. April, unterschrieb Rita Brodmann den Mietvertrag. «Auf unbestimmte Zeit, von beiden Seiten kurzfristig kündbar», erzählt sie. Daniel Haldemann, Willensvollstrecker der Familie Rüfenacht, hat die Vertragsabwicklung betreut und sagt: «Das ist eine tolle Zwischennutzung, bis klar ist, was aus dem ‘Rüfenacht-Haus’ wird.»
Pop-Up-Geschäft
Auch für Rita Brodmann passen diese Bedingungen gut: So kann sie ein Pop-Up-Geschäft eröffnen und testen, ob es in Worb so gut läuft wie in Burgdorf. Deshalb wird sie die alten Räumlichkeiten nicht umbauen, sondern nur ausräumen. Schnaufend schleppen Transportarbeiter Eisengestelle und -Schubladen zum Container, und das Ladenlokal leert sich schnell.
Allerdings will Rita Brodmann vorerst nur das Erdgeschoss als Geschäftsraum nutzen: Die Räume im Untergeschoss kann sie in der kurzen Zeit nicht räumen, und vorderhand genügt ihr die Fläche im Erdgeschoss.
Kartenwelt und Schulsackwelt
Sie eilt zwischen den abgebauten Gestellen durch und deutet mit einer grossen Armbewegung auf eine Fläche von rund 80 Quadratmetern: «Hier kommt die Kartenwelt hin; verteilt auf mindestens 30, 40 Kartenständer werden wir ein Sortiment anbieten, wie es sonst wohl kaum zu finden ist.»
Beschwingt dreht sie sich um und deutet auf die Wand in der linken hinteren Ecke: Dorthin kommt die Schulsackwelt, «so viele Schulsäcke, dass man die renovationsbedürftige Wand dahinter gar nicht sehen wird». Sie blickt auf die Uhr. Demnächst kommt der Präsident des Gewerbevereins, und sie hat noch einiges zu tun, bis das Geschäft zur Eröffnung bereitsteht.
Fliegende Planung…
Dennoch wirkt Rita Brodmann nicht gestresst, und sie mag offensichtlich, was sie tut. Daher bringt es sie nicht aus der Fassung, wenn sie in den Geschäftsräumen ein paar Überraschungen antrifft. Sie eilt treppab und leuchtet in die finsteren Lagerräume: Dort hat sie vor ein paar Tagen nach einigem Suchen die Heizung gefunden und festgestellt, dass sie noch lief. Der Öltank stand allerdings leer, und sie musste kurzum eine Tankfüllung ordern. Gegenwärtig kümmert sie sich darum, ob sie für das Geschäft zusätzliche Mitarbeiter:innen benötigt.
Sie steigt zurück in das Erdgeschoss. Lässt den Blick schweifen, erteilt den Transportmännern eine Anweisung und überlegt kurz mit Mitarbeiterin Marina Ryser, wie sie mit einem massiven Eisen-Glasgestell verfahren wollen. Beobachtet man Rita Brodmann beim Wirbeln, überrascht es nicht, dass sie nicht alles schön ordentlich im Voraus festgelegt und angekündigt hat, sondern eher fliegend plant.
… so wie seinerzeit mit «Ritas Schirmwelt»
So spontan eröffnete sie auch vor zehn Jahren aus der Not heraus «Ritas Schirmwelt»: Als die «Grauholz-Post» und «MyZytig» 2014 eingestellt werden mussten, blieb sie als Verlegerin dieser Zeitungen auf den Mietverträgen für die Redaktionsräume sitzen. Rasch füllte sie die leeren Räume mit vielen Ideen – und vor allem mit vielen farbigen Regenschirmen, hergestellt in kleinen Manufakturen im nahen Ausland und der Schweiz.
In Burgdorf bietet sie heute eine Auswahl von rund 1000 verschiedenen Schirmen. «Das Geschäft in Worb wird nicht die ganze Palette enthalten», erklärt sie. Den teuersten Regenschirm für 500 Franken werde sie wohl nicht im Worber Sortiment führen, «hier wird der teuerste wohl 200 Franken kosten». Die Schirme, aufgespannt und dekorativ aufgehängt, sollen «fröhliche Farbtupfer» in das Ladenlokal bringen.
Bisher nur positive Rückmeldungen
Rita Brodmann ist glücklich, dass sie und ihr Team auf Facebook und persönlich schon zahlreiche positive Rückmeldungen zu ihrem neuen Geschäft erhalten haben. Das ist nicht selbstverständlich: Viele Worber:innen hatten den Wegfall der Firma Rüfenacht & Co bedauert, die 95 Jahre lang fest zu Worb gehörte.
Wie sehr «der Rüfenacht» zum Dorf gehörte, hat sie dieser Tage schon hautnah miterlebt: «Als meine Mitarbeiterin Sabrina Harder letzte Woche mit dem Ausräumen begann, trat eine Frau in den Laden, zog ihren Wasserkocher aus der Tasche und erklärte, er sei defekt, und sie möchte einen Ersatz dafür», erzählt Rita Brodmann.
«Sein Geist verbreitet gute Schwingungen»
Dann dreht sie sich um und zeigt auf ein gerahmtes Foto des verstorbenen Patrons Heinz Rüfenacht. «Sein Geist ist immer noch gut spürbar und verbreitet gute Schwingungen», sagt sie. «Ich begrüsse ihn jedesmal kurz, wenn ich morgens hereinkomme.» Sie werde dem Foto im Laden ein schönes Plätzchen geben, verspricht sie.
Wie immer die Zukunft aussieht: Vorläufig kommt neues Leben in das alte Rüfenacht-Haus – nicht mit einem alteingesessenen Mitglied der Familie Rüfenacht, aber mit einer umtriebigen Rita Brodmann.
[i] Am 3. Mai eröffnet Papeterie Brodmann und Ritas Schirmwelt an der Bahnhofstrasse 16 in Worb.
Erstellt:
16.04.2024
Geändert: 16.04.2024
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