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Schule Oberthal: Nach Rotterdam – dank einem Foodtruck
Dieser Tage sind die Oberstufenschüler:innen Oberthal fleissig unterweg: Sie verkaufen in der Region selbstgemachte Sandwiches – per Foodtruck und Mofa-Lieferservice. Damit verdienen sie sich einen grossen Teil ihrer Reise nach Rotterdam. «Sie sind mit Feuereifer dabei», freut sich Lehrerin Christine Burkard. Ob das Geld am Ende sogar noch für einen Zwischenstop beim Eiffelturm reicht?
Am Montagmorgen um sechs Uhr früh ging es los: Frisches Brot backen, zwei Stunden lang im Akkord Sandwiches streichen und belegen, einpacken, bereitstellen und losfahren. 1500 Sandwiches haben die Schüler:innen der Oberstufe Oberthal in der ersten Woche ihres Projekts «Broodjes automaat» – Sandwichmaschine – bereits verkauft, und damit reicht das Geld schon fast bis Rotterdam.
Noch 1500 Sandwiches bis zum Eiffelturm
Wenn sie in der zweiten Woche weitere 1500 Sandwiches schaffen, haben sie ihr Maximalziel erreicht: Dann können sie einen grossen Teil ihrer Oberstufenreise bezahlen, und das Geld reicht sogar noch, um auf der Rückreise in Paris einen Zwischenstopp zu machen und einen Blick auf den Eiffelturm zu werfen.
Das ist kein Nasenwasser
In diesen Tagen haben die 18 Jungs und vier Mädchen aber vor allem gemerkt: Ein Nasenwasser ist es nicht, einen Sandwich-Lieferservice zu betreiben. Auch nicht für zwei Wochen. Es braucht exakte Vorbereitung, gute Planung und vollen Einsatz. Und manchmal ein grosses Stück Überwindung, wenn es draussen noch dunkel und eisig kalt ist und der Wecker schon kurz nach fünf Uhr klingelt.
Die Jugendlichen tragen viel Verantwortung
Aber es macht allen auch eine Menge Spass. «Die Schüler:innen fühlen sich als Teil davon und machen super mit», freut sich Lehrerin Christine Burkard. Das sei auch die Bedingung, «das würde sonst nicht laufen». Sie leitet das Projekt zusammen mit ihrem Kollegen Sascha Wüthrich, und beide überlassen absichtlich den Jugendlichen die meiste Verantwortung. «Wir koordinieren das Ganze, mindestens 90 Prozent machen sie selbst.»
«Firmenstandort» im Backhaus St. Martin
Der «Firmenstandort» für diesen Einsatz ist das Haus St. Martin in Oberthal, eine Institution für Menschen mit Unterstützungsbedarf. Genauer genommen das Backhaus: «Es ist toll eingerichtet, mit einer Teigmaschine und einem Holzofen und genug Platz, um nebeneinander zu stehen und Sandwiches zu streichen», sagt Christine Burkard. Und in einem anderen Gebäude steht ihnen sogar ein Büro zur Verfügung, in dem sie und ihr Kollege Sascha Wüthrich alle Fäden in der Hand behalten können.
«Von Oberthal in die Welt»
Auf die Idee mit dem Sandwichservice war die Klasse gekommen, weil sie unbedingt eine Oberstufenreise ins Ausland machen wollte: Eine solche unternimmt die Oberstufe alle drei Jahre, nach dem Motto «von Oberthal in die Welt», wie Christine Burkard es formuliert. «Dank diesem Dreijahresturnus kommen alle Jugendlichen einmal auf eine grosse Reise.»
Ziel Riesenhafen in Rotterdam…
Das Ziel, so beschloss die Klasse nach den Sommerferien, sollte Rotterdam sein: Per Nachtzug hinfahren, dort den Riesenhafen und den Unterseehafen besichtigen, von dort aus noch weiter fahren ans Meer – alle waren begeistert. Weil diese Reise deutlich mehr kostet als eine normale Schulreise, wollte die Klasse zumindest einen Teil davon selbst verdienen. «Die Startidee ‘Foodtruck’ war dann schnell geboren», erinnert sich Christine Burkard.
…dank Foodtruck-Anhänger von «Le Schnauz»
Nach den Herbstferien ging es dann an die Projektplanung: Die Schüler:innen schrieben Firmen an, entwarfen ein Logo und planten, was sie anbieten wollten. «Heisse Suppe und frische Sandwiches» lautete der Beschluss. Und wie das manchmal so gut passt: Eine Bekannte von Christine Burkard führt in Solothurn den Foodtruck-Service «Le Schnauz» und wollte den einen Anhänger ohnehin ausrangieren, daher stellte sie ihn der Klasse gerne zur Verfügung. «Er passte wunderbar für unseren Zweck», freut sich die Lehrerin.
Die «Töfflijungs» waren sofort dabei
Rasch wurden auch die Köchin der Tagesschule und der Hauswart an Bord geholt, sie halfen den Schüler:innen, Zutaten zusammenzustellen und zu berechneten, und sie entwarfen ein Schild für den Foodtruck-Anhänger. Und ebenso rasch kam die Idee, man könnte mit einem Lieferservice die Sandwiches auch an Orte verteilen, an denen der Foodtruck nicht gerade steht. Burkard lacht: «Da waren unsere ‘Töfflijungs’ sofort dabei!»
«Reise nicht einfach fertig serviert»
Einer von ihnen ist Sven Pauli, 14, der noch halb krank ist und nicht Auskunft geben möchte. Dafür ist sein Vater Stefan Pauli gerne bereit, denn er findet das Projekt toll und hat auch den Anstoss für diesen Beitrag gegeben: «So werden die Kinder sehr praxisnah unterrichtet», lobt er: «Sie erhalten nicht alles fertig serviert, sondern müssen sich Gedanken machen und Probleme lösen.» Er findet es allgemein gut, dass sie sich so die Schulreise nach Rotterdam verdienen: «Die Reise bekommt so einen ganz anderen Wert.»
Da bekommt das Rechnen einen Sinn
Tatsächlich, freut sich auch Christine Burkard, können mit einem solchen Projekt alle wichtigen Skills trainiert werden: «Die Jugendlichen lernen Selbstständigkeit und haben den Alltagsbezug, das Rechnen beispielsweise scheint plötzlich viel sinnvoller, wenn man Mehlmengen oder Suppenzutaten berechnen muss!» Es sei deshalb nebst der Verdienstmöglichkeit eine grossartige Lernumgebung. «Und das schönste an Projekten ist zu sehen, wie alle mitdenken und mitmachen.»
Fast erfroren? Egal, wir fahren!
Um fünf Uhr früh aufstehen, um sechs Uhr Händewaschen, Zutaten bereitstellen und loslegen: Es läuft wie geschmiert, und in der zweiten Woche waren der Montag und der Freitag sogar im Voraus komplett ausgebucht. Entsprechend begeistert arbeiteten die Gruppen. «Manchmal sind die ‘Lieferanten’ auf ihren Töffli fast erfroren, aber sie wollten unbedingt ausliefern», schmunzelt Christine Burkard.
Der Ex-Gemeindepräsident schöpft Suppe
Damit sie und ihr Kollege «Büro und Backen» betreuen können, haben sie im Verkauf überraschende Hilfe erhalten: Ex-Gemeindepräsident Andreas Steiner steht jeweils über den Mittag im Foodtruck, schöpft Suppe und verkauft Sandwiches. «Für uns ist das natürlich eine schöne Unterstützung», freut sich das Lehrerteam. Und das Publikum freut es offensichtlich auch: Die ersten 60 Liter gingen in der ersten Woche schnell weg, auf die zweite Portion – wiederum 60 Liter – freuen sich bei diesen Temperaturen bestimmt etliche.
Favoriten «Den Haag» und «Berda»
Bei den Sandwiches haben sich inzwischen die Favoriten herauskristallisiert: «Sandwich ‘Den Haag’ mit Pouletschnitzel und ‘Berda’ mit Schinken und Salami sind immer schnell ausverkauft», sagt Christine Burkard. Die Zutaten zu den Sandwiches stammen von Käserei, Metzgerei und Eierlieferanten aus der Region: «Die Schülerinnen und Schüler haben mitgedacht und auch die Sandwichideen abgesprochen.» Sie seien sich sofort einig gewesen, dass sie nicht billige Ware aus dem Grosshandel beziehen, sondern auf Qualität setzen wollen: «Es soll anders und besonders sein.»
«So kommen wir weit!»
Das Konzept funktioniert offensichtlich gut. Noch bis Ende Woche läuft das Projekt «Broodjes automaat» der Oberstufe Oberthal. «Wenn es so weiter geht, kommen wir weit», freut sich Christine Burkard. Gemäss Sandwichmeter reicht es dann nicht nur bis ans Meer bei Rotterdam, sondern tatsächlich noch für den Kurzbesuch beim Eiffelturm.
Hier geht's zum «Broodjes automaat»
Erstellt:
21.01.2025
Geändert: 21.01.2025
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