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Schwand Münsingen: Post-Corona Politfestival im August
Auf dem Münsinger Schwand findet im August das «Freedom Festival» statt. Organisiert wird es vom Verein Free Economic Forum. Wie Recherchen von BERN-OST ergaben, werden Bands und Dutzende Redner:innen auftreten, die aus dem coronakritischen und verschwörungsaffinen Umfeld stammen, teilweise mit Nähe zu rechtsextremen Kreisen und zur deutschen Reichsbürgerszene. Gesponsert wird das Festival unter anderem von den «Freiheitstrychlern».
Wenn man die Website des Freedom Festivals studiert, wird schnell klar, dass Musik hier nicht die Hauptrolle spielt. Drei Tage dauert das Festival. Angekündigt auf der Aussenbühne sind gerade einmal sechs Bands, vier weitere Bands und DJs sind für Indoor angekündigt.
«Lauwarm» und Corona-Hymnensänger
Eine davon ist «Lauwarm», die Reggae Band, die letzten Sommer zuerst in einer Berner Beiz und anschliessend am Redaktionsfest der Zeitung Weltwoche vieldiskutierte Konzerte gab. Weiter spielen der Zürcher Sam Moser, der mit «Das Mass ist Voll» einen Anti-Coronamassnahmen-Song schrieb und an diversen Demos sang und der Österreicher Liedermacher Oliver Gassauer. Gassauer ist Partner des «Neuen Denknetzwerks Österreich», das unter anderem die «deutschsprachige Kultur» stärken will und von einer herrschenden «marxistischen kapital- und konsumorientierten Wirtschaft» spricht.
Mehr Politik als Musik
Organisiert wird das Festival vom «Free Economic Forum», das eng mit der «Free Cities Foundation» (siehe weiter unten) zusammenarbeitet, gesponsert wird es von der «Libertären Partei» und dem «Team Freiheit», die beide auch Redner:innen schicken, von den «Freiheitstrychlern» sowie von «Einundzwanzig», einem Podcast zum Thema Bitcoins. Als Götti tritt die «Atlas Initiative» auf.
Länger als das Musik-Lineup ist denn auch die Liste der Redner:innen. Über 30 Leute sollen laut Website des Festivals an Podiumsdiskussionen auftreten.
Markus Krall: Gegen allgemeines Wahlrecht
Einer der bekanntesten Namen ist Markus Krall. Der umstrittene deutsche Autor ist im Vorstand der «Atlas Initiative», die sich für eine liberale Marktwirtschaft einsetzt. Er war im Goldhandel tätig und schrieb Bücher wie «Die bürgerliche Revolution», in denen er einen gewählten «König» mit Vetorecht vorschlägt. Er plädiert dafür, Sozialhilfeempfänger:innen das Wahlrecht zu entziehen.
Gegen die staatliche Ehe
Einen Auftritt haben auch Vertreter der «Libertären Partei Schweiz». Die Partei will einen Minimalstaat ohne staatliche Leistungen und Subventionen, ist für die Legalisierung von Drogen und gegen die staatliche Ehe. Auf den Schwand wird Parteipräsident Martin Hartmann kommen. Ebenfalls anwesend sein wird der Präsident der «Free City Foundation» Titus Febel. Die Gruppierung mit Sitz in Deutschland setzt sich für autonome und selbstverwaltete Städte und Gemeinden ein und war schon bei der Libertären Partei Schweiz zu Gast.
Bier zahlen mit Bitcoins
Ein wichtiges Thema scheinen auch Krypto-Währungen zu sein. So tritt Rino Berini von der Bitcoinhandelsfirma «House of Satoshi» mit Niederlassung in Bern auf. Ausserdem tritt ein Bitcoin-Podcast als Sponsor auf, gibt es eine «Bitcoin Lounge» und sind nebst Bargeld am Festival auch Bitcoins zugelassen.
Gruppen gegen Corona-Massnahmen
Ein Grossteil der Redner:innen und ihrer Organisationen kann man im engeren oder weiteren Sinn der Bewegung gegen die Corona-Massnahmen zuordnen. Aus der Schweiz sind das: Das «Aktionsbündnis Urkantone» (gegen WHO und Corona-Politik), «Aufrecht Schweiz» (gegen Corona-Massnahmen und Medienfinanzierung, für alternative Währungen), «Aletheia» (gegen Impfen), «Team Freiheit» (Aus «Stopp Lockdown Petition» entstanden, pro Atomstrom, gegen SRG, der Vorstand besteht zum Grossteil aus Mitgliedern der Jungen SVP und des Jungfreisinns), das «Verfassungsbündnis Schweiz» (gegründet als Anti-Massnahmengruppe, für Friedensverhandlungen mit Russland), die «Fördergesellschaft Demokratie Schweiz» (Gegen Corona-Massnahmen, berufen sich auf Rudolf Steiner) sowie die «Safe Blood Donation» (vermittelt Blutspenden von ungeimpften Personen).
Verein «Graswurzle» mit Verbindungen zur «Staatsverweigerungsszene»
Mit dabei ist auch der Schweizer Verein «Graswurzle», der sich ebenfalls während der Corona-Pandemie gegründet hat. Gründerin Prisca Würgler kämpfte gegen Masken in der Schule und wurde deswegen freigestellt. «Graswurzle» setzt sich nach eigenen Angaben für Homeschooling und Selbstversorgung ein. Regionalgruppen gibt es unter anderem in Münsingen, im Worblental und im Emmental. Laut der Sekteninformationsstelle der reformierten Kirchen «Relinfo» hat der Verein enge Verbindungen zur Staatsverweigerungsszene und zu rechten Esoterikkreisen sowie zum «Freilerner Netzwerk», das alternative Schul- und gemeinsame Homeschoolingstrukturen aufbauen wird.
Festival ist auf Sigis Biohof
Das Schwand-Areal wurde im letzten Dezember vom Konkursamt versteigert. Der überraschende Käufer war Stephan Zihler mit seiner Firma WBS AG aus Konolfingen. Er erhielt den Zuschlag für fünf Millionen Franken. Die Versteigerung ist noch nicht rechtskräftig und hängt wegen einer Beschwerde beim Bundesgericht (BERN-OST berichtete). «Das Festival findet nicht auf dem Land der WBS AG statt», lässt Zihler gegenüber BERN-OST ausrichten: «Wir hatten keinerlei Kontakt mit den Initianten und legen Wert darauf, dass unsere Firma nicht mit dieser Szene in Verbindung gebracht wird.» Der Austragungsort befindet sich auf dem Land von Urs Siegenthaler, der dort einen Bio-Bauernhof betreibt. Dieser war bis Mittwochabend nicht erreichbar für eine Stellungnahme.
* Ein missverständlicher Teil des Artikels wurde aufgrund einer Intervention nachträglich entfernt. Den «Zeit»-Artikel, auf den wir uns bezogen hatten, finden Sie hier (Bezahlschranke), hier geht es zum Wikipedia-Artikel.
Quellen: Wo nicht anders bezeichnet stammen die Informationen von den eigenen Websites der beschriebenen Organisationen
Erstellt:
01.06.2023
Geändert: 08.06.2023
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