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Stettlen: Routiniert und ruhig durch das zweite Mal
Die Traktanden waren wenig aufregend, Budget und Finanzplan 2025 bis 2029 wie immer in der Dezemberversammlung. Aber beim Traktandum Vier «Verschiedenes» zeigte sich, dass unter diesem Punkt alles Mögliche versteckt sein kann. Christian Kaderli konnte froh sein, dass er in seinem Jahr als Gemeindepräsident schon viel Routine gewonnen hat.
Es war des Gemeindepräsidenten Christian Kaderli «zweites Mal», und er leitete routiniert durch die Dezember-Gemeindeversammlung. Der Sängersaal in der Linde Stettlen war zu drei Vierteln voll. Bei 2259 Stimmberechtigten in Stettlen, sagte Kaderli mit einem Schmunzeln, heisse das, dass «nicht ganz alle da» seien.
«Wie die Wetterprognose»
Für 2025, so leitete er in die finanziellen Belange ein, sei ein Aufwandüberschuss budgetiert, danach sehe es langsam besser aus. Allerdings seien das nur Prognosewerte, bei denen laufend geschraubt, angepasst und auch mal gestrichen werden müsse: «Das ist wie die Wetterprognose: Es kann eintreffen oder nicht, das ist also kein Versprechen.»
So viel kosten Einwohner:innen die Gemeinde
Klar und gut verständlich erklärte die für Finanzen zuständige Gemeinderätin Sandra Knopp Pisi die Finanzplanung. Diese gebe einen Überblick über die mutmassliche finanzielle Lage, basierend auf heutigen Zahlen, erläuterte sie: «Ziel ist es, langfristig finanziell gesund zu bleiben.» Sie zeigte auch, mit welchen wichtigen Annahmen die Gemeinde – unter vielen anderen – rechne: Alle neuen Einwohner:innen kosten die Gemeinde 1’600 Franken pro Jahr, jedes Schulkind gar 10’000 Franken pro Jahr. «Das heisst, sie kosten die Gemeinde, bringen aber – meistens – auch Steuern.»
Wolkig bis 2028, sonniger ab 2029
Bis 2028, wie von Christian Kaderli angekündigt, zeigte Knopp Pisis Prognose auf die Finanzen noch Wolken, sprich negative Jahresabschlüsse. «Ab 2029 kehren wir dann in die schwarzen Zahlen zurück», versprach sie. Ein Grund für das anhaltende Minus liege in der Entwicklung des Bernapark, die viel später und langsamer stattgefunden habe und erst jetzt wieder ins Rollen komme. Ab 2029 rechne man dann mit einer Mehrwertabschöpfung von ungefähr einer Million pro Jahr – je nachdem, wie gebaut werde.
Mit 66 zu 0 akzeptiert
Die sonnige Aussicht tröstete offenbar über das Minus von 546'000 Franken hinweg: Das Budget 2025 wurde mit 66 Stimmen ohne Gegenstimme angenommen. Die Steueranlage bleibt wie bisher bei 1,57 und die Liegenschaftssteueranlage ebenfalls wie bisher bei 1,2 Promille.
Und dann das «Verschiedene»
Unter Varia gab unter anderem die Velosicherheit rund um die Baustelle beim Bernapark zu reden, für die allerdings der Kanton zuständig ist. Und dann ploppte der Punkt auf, der in der Gemeinde schon seit langem brodelt: der Wasserbauplan. Als «Weihnachtswunsch an den Gemeinderat» brachte ein Einwohner sein Votum vor: Seit über 20 Jahren werde an dem Projekt gearbeitet und 1,48 Millionen Franken seien verplant worden – mit wenig sichtbarem Fortschritt, und momentan sei nichts zu hören. «Wäre es nicht an der Zeit, Gesprächsgruppen zu bilden?», fragte er, und forderte: «Das muss unter präsidialer Leitung geschehen, Christian Kaderli muss in die Hosen und etwas einfädeln.»
Ziel: Wasserbauplan nächstes Mal bereit
Der Angesprochene entgegnete ruhig, genau das sei geplant und er werde sich um das Dossier Wasserbau kümmern: «Ziel ist, dass an der nächsten Gemeindeversammlung der Wasserbauplan bereit ist.» So lange gedauert habe es, weil die Frage, wie viel Wasser eigentlich herunterkommt, neu berechnet werden müsse, erklärte Kaderli. Und weil die Einsprachen noch behandelt werden müssen. «Aber dann werden wir Gespräche mit der Wasserbauingenieurin und dem Regierungsstatthalteramt führen.»
Reden. So oder so.
Das stellte den Votanten nicht zufrieden. Er fand: «Warum nicht mit den Einsprechern direkt reden? Man muss ja nicht grad eine juristische Lösung suchen!» Sein Vorschlag lautete, eine Dialoggruppe aus Gemeinde, Feuerwehr, Landwirtschaft und Eigentümer:innen zu bilden. Kaderli entgegnete, das sei doch der Weg, den er vorhabe: Inhaltlich über offene Punkte zu reden und Einigung zu suchen. Einfach gemeinsam mit den Sachverständigen. Abschliessend sagte er: «Ich glaube, dass wir das auf den Boden bringen.»
Dorfkultur pflegen...
Einen schönen Kontrapunkt zur Uneinigkeit punkto Wasserbau bildete dann der Aufruf einer «Einheimischen von Stettlen, die schon betagt ist», wie sie sich selbst bezeichnete: Sie kenne ihr Dorf gar nicht mehr, bedauerte sie, und deshalb plädiere sie herzlich dafür, einander doch bitte wieder mehr zu grüssen – und zwar auch die Ausländer:innen. «Man könnte einmal allen grüessech sagen und einander in die Augen schauen – das ist doch ein Geschenk!»
...und sich über den Tannenbaum freuen
Ausserdem dankte sie den Leuten von Gemeinde und Werkhof und äusserte eine «Riesenfreude, dass Stettlen einen so schönen Tannenbaum» habe. Für ihre Voten erntete sie spontanen Applaus. Es waren zwar nicht die letzten Sätze an diesem Abend, aber eine schöne Einleitung für das vorweihnächtliche Apero der Gemeinde.
[i] Neue Website und neuer Leiter der Gemeindeverwaltung: Erstmals nahm Christian Gautschi den Platz von Verena Zwahlen ein. Die langjährige Gemeindeschreiberin ist unlängst in Pension gegangen, wollte aber ausdrücklich nicht an dieser Stelle verabschiedet werden. Gautschi stellte die neue Website der Gemeinde Stettlen vor: Eine modernisierte Plattform, von der man je nach Wunsch Pushnachrichten per Abo erhalten oder selbst online oder per App suchen könne. Diese ersetze den bisherigen Amtsanzeiger. Aber, das betonte Gautschi, und Gemeindepräsident Kaderli doppelte nach: «Wir sind auch künftig persönlich vor Ort auf der Gemeindeverwaltung anzutreffen.»
Erstellt:
08.12.2024
Geändert: 11.12.2024
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