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Tacconellis in Worb: Leben direkt am Rand der Baustelle

Auf der Fahrt mit dem Blauen Bähnli von Worb nach Langenloh fällt einen die ungemütliche Lage des Wohnhauses am Fuss der Wislen auf. Direkt am Rand des tiefen Baugrabens für die neue Umfahrungsstrasse scheint das Haus der Familie Tacconelli am Hang zu kleben.

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Tacconellis Haus: Leben über der Baugrube. (Bilder: Therese Stooss)
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Als die Familie Tacconelli 1995 das hundertjährige Haus kaufte und bezog, war der Bau der Umfahrungsstrasse schon seit Jahren ad acta gelegt worden. Man versicherte ihr, dass es ewig dauern würde, bis ein neues Projekt spruchreif werde. Aus dieser Ewigkeit wurden nur gerade vier Jahre bis Behörde und Planer bei ihr vorsprachen. In der Zwischenzeit hatten Tacconellis das Haus sanft renoviert und hinter dem Haus einen wunderschönen Sitzplatz gebaut.

 

Oben am Hang weiden ihre Schafe und Kaninchen, Hühner und Truthähne bevölkern den Umschwung. Unter dem Haus wurde ein grosser Gemüsegarten angelegt, das Anwesen hatte sich zu einem kleinen Paradies entwickelt. Und dann kam das Ungemach mit Riesenschritten auf sie zu. Die Verhandlungen mit den Zuständigen der Bauherrschaft und der Behörde waren mühsam und harzig und die Familie hatte keine Chance auf einen gerechten Ausgleich. Zuerst bot man ihnen die Alternative einer Hotelunterkunft oder einer gleichwertigen Unterkunft. Wo die zu finden war, konnte niemand vorbringen. Somit war das Verlassen des Hauses für die mindestens drei Jahre dauernde Bauphase kein Thema und für immer wegzuziehen unvorstellbar. So unterschrieben sie 2012 die Zustimmungserklärung und das Unausweichliche nahm seinen Lauf. Die grossen Baumaschinen fuhren im Frühling 2013 vor und begannen mit dem Abtragen der Erde. Zuerst verschwand der Garten und direkt vor dem Haus wurden die Bauwände platziert. Der Zugang zum Haus erfolgte durchs Baugelände. Je nach Witterung glich der Weg einer Sumpflandschaft und war ohne Stiefel nicht zu bewältigen. Mit dem Bau der Passerelle verbesserte sich zwar die Situation, abenteuerlich ist sie aber immer noch. Es ist ein abgesicherter Privatzugang, vor der Brücke muss jedoch die Baupiste für die Lastwagen überquert werden.

 
Für ihre momentanen Lebensumstände brauchen Tacconellis viel Energie und Kraft.  Die seit Wochen andauernden Lärmimmissionen durch das Abtragen der untersten Felsschichten mit Zertrümmern und Fräsen sind besonders belastend. Am meisten leidet Hund Lilly. Sie verkriecht sich  tagelang schlotternd ins Bett und kommt nur in der Mittagspause und am Abend zum Vorschein. Ebenfalls schwierig ist es für Tochter Fiona, die öfters Spätdienst hat und tagsüber die nötige Ruhe nicht finden kann. Erst nach hartnäckigen Interventionen erreichte die Familie, dass zumindest die stündige Mittagspause und der Arbeitsschluss um 17.00 eingehalten werden.
 
Anna-Maria Tacconelli erzählt, dass es auch zermürbend sei, sich dauernd wehren zu müssen, vor allem, weil die zuständigen Personen der Bauleitung meist gestresst und eilig seien und weiteren Diskussionen am liebsten aus dem Weg gehen würden. So fühlt sie sich oft nicht ernst genommen. Doch ein Kränzchen windet sie den Bauarbeitern. Sie seien sehr rücksichtsvoll und zuvorkommend. Das grösste Problem jedoch ist der Staub. Der Baustaub ist hartnäckig und klebt in jeder Ritze fest. Auch wenn die Türen und Fenster den ganzen Tag geschlossen sind, dringt er ins Haus und lässt sich kaum entfernen. Die täglichen Staubwolken setzen zudem der Aussenfront des Hauses enorm zu und so sieht es bereits ziemlich in Mitleidenschaft gezogen aus.
 
Mit dem Haus leidet auch die Familie. Sie hofft, den nötigen Durchhaltewillen bis zum Ende der Bauzeit aufzubringen, um dann ihre Liegenschaft wieder auf Vordermann bringen und geniessen zu können. Die vorherige idyllische Abgeschiedenheit wird wohl nicht wiederkehren, denn vor ihrem Anwesen führt künftig ein öffentlicher Wander- und Radweg durch.

Autor:in
Therese Stooss, Worber Post, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 13.08.2014
Geändert: 13.08.2014
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