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Tageselternverein Region Worb: Aufgelöst ist nicht aufgehoben

Zu wenige Betreuungsstunden, zu viele Vorgaben, zu hoher Zusatzaufwand: Der Tageselternverein Region Worb löst sich auf. Bis Ende April vermittelt der Verein Tagesbetreuungsplätze an Familien, die ihre Kinder nicht in einer Kita betreuen lassen möchten oder können. Präsidentin Prisca Lüthi erzählt, wie es danach weitergeht – und was Tagesfamilien so alles bieten.

Prisca Lüthi findet es wertvoll, dass Kinder in Tagesfamilien im Alltag und auf Spaziergängen gefördert werden. (Foto: tev-worb.ch/cw)
In Tagesfamilien lernen Kinder in kleinen Grüppchen miteinander spielen. (Foto: tev-worb.ch)

Eltern, die ihre Kinder an einem oder mehreren Tagen pro Woche betreuen lassen, sind nicht notwendigerweise auf Kitas angewiesen: Auch Tageseltern – in der Regel sind es Tagesmütter – betreuen an einzelnen oder mehreren Tagen pro Woche Kinder.

 

Tageseltern bieten andere Zeiten

Zudem, sagt Prisca Lüthi, Präsidentin des Tageselternvereins Worb, bieten Tageseltern einiges, was Kitas nicht können. Kitas seien beispielsweise für Eltern, die in Gastgewerbe oder Pflege mit unregelmässigen Zeiten arbeiten, mit ihren Öffnungszeiten ab halb sieben nicht praktisch: «Einige Tageseltern hingegen fangen schon um sechs Uhr früh an und behalten die Kinder nötigenfalls bis abends um zehn oder auch an Wochenenden.»

 

Weniger Betreuungsstunden ...

Dennoch sind die Betreuungsstunden in letzter Zeit zurückgegangen – 41'000 zählte der Tageselternverein Worb im letzten Jahr noch –, während die Vorschriften zugenommen haben. Zusammen gibt das einen zu grossen Aufwand für den Verein, der insgesamt 53 Familien, die ihre Kinder betreuen lassen wollen, an Tagesfamilien vermittelt.

 

... und mehr Aufwand

Ausserdem seien die administrativen Hürden so hoch geworden, dass man das mit der jetzigen Grösse nicht mehr finanziell auffangen könne; ab Juni kommt noch eine Bewilligungspflicht für Tageselternvereine dazu dazu, und die Tagesfamilienorganisationen sind seit 2024 nicht mehr steuerbefreit. Auch die Vergütung über Betreuungsgutscheine vom Kanton erlaubten längst keine wirtschaftliche Betriebsführung mehr. «Wir könnten den Preis für die Dienstleistung extrem anheben, dann ginge es wieder auf», sagt Prisca Lüthi. «Aber was nützt das, wenn es sich die Leute nicht mehr leisten können?»

 

Darum der entscheidende Schritt

Nur wenn der administrative Aufwand auf eine grosse Anzahl an Betreuungsstunden verteilt werden kann, ist die Wirtschaftlichkeit mit der Entschädigung vom Kanton gewährleistet. Fazit: Das ist nicht möglich, darum löst sich der Verein lEnde April 2025 auf. Das Angebot indes bleibt erhalten: Sämtliche Familien mit Betreuungswunsch, aber auch alle Tageseltern werden ab Mai vom fast dreimal grösseren Verein Emme Plus übernommen. «Die Arbeitsplätze der Betreuungspersonen und der beiden Vermittlerinnen sind gesichert und die Eltern weiterhin durch die gleichen Ansprechpersonen betreut», freut sich Prisca Lüthi. Es werde einen nahtlosen Übergang geben.

 

Für stillere und wildere Kinder «eine gute Alternative»

Damit die Anliegen der «Worber» Betreuungspersonen und Eltern auch in Emme plus vertreten sind, wird Prisca Lüthi in den Vorstand von Langnau eintreten. Sie ist sie froh über die Lösung, denn das Angebot liegt ihr sichtlich am Herzen. Sie nickt, ja, es sei eine Herzensangelegenheit: Nicht alle Kinder seien gemacht für Kita und Tagesschule, in denen manchmal laute, wilde und grosse Gruppen zusammentreffen. «Einige sind stiller, und Kinder sollen manchmal zur Ruhe kommen können.» Gerade ruhigere Kinder – aber auch die wilderen – seien gut aufgehoben bei Tageseltern.

 

Lernen im Alltag

«Es ist ein wertvolles Angebot, persönlich und individuell, und eine gute Alternative», fasst Prisca Lüthi zusammen. Bei den Tagesfamilien würden die Kinder auch «nicht nur bespasst».  Einkaufen, kochen, backen, basteln, spazieren, spielen und zusammen essen: «Die Kinder werden gefördert wie in Spielgruppen und lernen im Alltag statt in Kürsli, beispielsweise den Umgang mit Schnitzerli und Schere.» Aber auch in Bezug auf Sprache hätten die Betreuungspersonen viel Einfluss auf die Tageskinder, betont sie: «Die Sprachförderung wird ganz automatisch im Familienalltag integriert.» 

 

Höhere Ansprüche ...

Betroffen von der Übergabe sind gegenwärtig Familien aus den Gemeinden Worb, Rüfenacht, Muri-Gümligen, Richigen, Enggistein, Boll, Stettlen, Bigental und Schlosswil. Die Eltern seien insgesamt anspruchsvoller geworden, sagt Prisca Lüthi: «Sie möchten ihre Tageseltern am liebsten ganz nah bei sich, damit es gut in ihren Alltag passt.»

 

... und weniger Tageseltern

Demgegenüber steht das Problem, dass immer weniger Frauen und Männer bereit sind, Tageskinder zu betreuen. «Das war schon immer schwierig, jetzt ist es noch schwieriger geworden.» Umso mehr wollte der Verein rechtzeitig die Weichen für die Zukunft stellen: «Wir wollten das jetzt machen, solange wir finanziell noch durchkommen, und nicht warten, bis es zu spät ist.»

 

[i] Hier finden Sie mehr Informationen zum Tageselternverein Region Worb und zum Tageselternverein Emme Plus. Tagesmütter erhalten in einer Grundausbildung das nötige Wissen rund um pädagogische Grundlagen, Kinderpflege und Gesprächsführung mit Eltern. Sie lernen, was sie bei einem Unfall tun müssen, werden über rechtliche Fragen aufgeklärt und lernen, was sie punkto Nähe und Distanz dürfen. Die pädagogisch ausgebildeten Vermittlerinnen des Vereins überprüfen das Fachwissen regelmässig. Sie achten darauf, dass die Vorgaben vom Kanton eingehalten und die jährlichen Weiterbildungen durch Fachleute gemacht werden. Der Kanton vergütet die Dienstleistung via Betreuungsgutscheine, und zwar je nach Einkommen der Eltern von 0 Franken bis maximal 8.50 Franken.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
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Erstellt: 23.03.2025
Geändert: 23.03.2025
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