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Trinkwasser in der Region Bern: Der Weg des Wassers

Quelle
Berner Zeitung BZ

Die Bewohner der Region Bern trinken Wasser aus dem Emmental und dem Aaretal. Die grössten Reserven liegen in Kiesen. Dort wird das Trinkwasser aus dem Grund geholt. Dann fliesst es.

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Kiesen: In diesem Häuschen befindet sich ein Brunnen. (Bilder: Stefan Anderegg)
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Bern: Am Brunnen vor dem Pumpwerk in der Schönau nimmt Bernhard Gyger einen Schluck Wasser.
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Belp: Derzeit wird das Wasser aus der Belpau nicht benötigt.
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Die Reise entlang des Trinkwassers dauert mehr als drei Stunden. Sie beginnt in Kiesen, wo das Wasser im Boden gesammelt wird, und endet in der Schönau in Bern, wo es wieder an die Erdoberfläche sprudelt. Der Weg geht über Stock und Stein, über weite Felder und enge Strässchen, in Wälder und tief hinab in den Untergrund. Unter der Erde ist es angenehm kühl, oben an der Sonne sommerlich heiss.

Auf dem ganzen Weg im Auto und zu Fuss trinkt Bernhard Gyger, der Chef der Wasserversorgung der Region Bern, keinen einzigen Schluck Wasser.

Kiesen: Wo Schotter und Kies das Regenwasser filtern

Ein sechseckiges Häuschen an einem Waldrand bei Kiesen im Aaretal. Hier steckt Gyger den Schlüssel ins Schloss, öffnet die Tür und tritt hinein. In der Mitte des Gebäudes befindet sich ein Brunnen. Er gibt den Blick frei auf den Grundwasserspiegel, der bis zwei, drei Meter unter die Erdoberfläche reicht. Das ist das Wasser, das die Bewohner der Region Bern später trinken.

In Kiesen befindet sich die grösste der drei Grundwasserfassungen des Wasserverbunds mit fünf Brunnen. Gebaut wurde sie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg – nun wird sie gerade erweitert. Rund um die Brunnen sind mehrere unterirdische Filterrohre sternförmig angelegt. «Damit wird das Wasser aus dem Grundwasserstrom der Aare gesammelt», sagt Gyger.

Das Wasser war als Regen vom Himmel gefallen, sickerte langsam durch Schotter- und Kiesschichten, wurde gefiltert und gereinigt. Jetzt ist es so sauber und frisch, wie Wasser nur sein kann. Nun wird es, nachdem es einmal angesaugt wurde, gänzlich ohne Pumpen gefördert. So fliesst es weiter zum Pumpwerk in Belp und schliesslich nach Bern. Strom wird dafür nicht benötigt. «In diesem Wasser steckt keine Energie», sagt Gyger.

Pro Minute kommen derzeit in Kiesen 40 000 Liter oder 40 Kubikmeter Wasser zusammen. Das entspricht etwa der Menge, die die 210 000 Personen in der Region Bern pro Minute verbrauchen. Pro Sekunde also nicht einmal ein ganzer Kubikmeter.

Zum Vergleich: In der Aare nebenan fliessen an diesem Tag etwa 250 Kubikmeter Wasser pro Sekunde Richtung Bern.

Belp: Wo Hunde das Wasser verschmutzen könnten

Die Reise Richtung Bern geht weiter. Auf einem kleinen Feldweg in Belp stoppt Gyger das Auto. Hier in der Belpau bildet ein Geflecht aus kleinen Bächen und kleinen Seen ein einzigartiges Auengebiet.

An diesem Morgen wird die Idylle von Hundegebell gestört – was immer wieder vorkommt. «Eigentlich gilt hier in der Schutzzone Leinenpflicht», sagt Bernhard Gyger. Er hat überhaupt keine Freude daran, dass die Hunde im Wasser baden – selbst wenn die Erreger, die auf diesem Weg ins Grundwasser gelangen könnten, nur eine minime Gefahr darstellen.

Wie in Kiesen befindet sich in Belp eine Grundwasserfassung. Derzeit ist sie auf Stand-by geschaltet. Denn das Wasser aus Kiesen und vor allem jenes aus Aeschau im Emmental wird bevorzugt. Dort befindet sich die dritte Wasserfassung des Verbunds. «Sie liefert das qualitativ beste Wasser», sagt Gyger. Auf Quellwasserfassungen verzichtet der Wasserverbund hingegen aus qualitativen Gründen mittlerweile weitgehend.

Ein paar Hundert Meter weiter hält Gyger noch einmal an. Von aussen sichtbar ist nur ein flaches Betonbauwerk mit einer grossen Metallabdeckung. Er schiebt sie zur Seite – darunter führt eine Treppe mehrere Meter hinab. Hinter einer weiteren Tür tut sich auf zwei Stöcken die eigenartige Welt des Pumpwerks Belpau auf.

Zwischen roten Pumpen und grauen Leitungen bieten kleine Luken einen Einblick in tiefblaue Wasserbassins. «Von hier können wir das Wasser aus Kiesen wie auch jenes aus Belp ins Reservoir Gurten pumpen.»

Bern: Wo ein Fischschwarm die Qualität testet

Die Reise endet in Bern im Pumpwerk Schönau, wo sich auch der Geschäftssitz des Wasserverbunds befindet. Von hier aus wird das Wasser in die drei grossen Reservoirs in der Region gepumpt. Für die Feinverteilung bis in die Haushalte sind die Gemeinden und lokale Versorger wie Energie Wasser Bern zuständig.

Ein letztes Mal nimmt Gyger eine Treppe in den Untergrund. Zu einem Dutzend Helfern, die pausenlos die Qualität des Trinkwassers überprüfen: Ein Schwarm Elritzen wird in einem Aquarium von einer Kamera überwacht. «Würden sie sich über längere Zeit im gleichen Sektor aufhalten, wäre etwas nicht in Ordnung.» Dann würde das System Alarm schlagen.

Aber jetzt ist das Wasser so einwandfrei wie schon in Kiesen. Als letzte Sicherheit wird es mit Ultraviolett bestrahlt – das ist alles. Nach rund 20 Kilometern und sechs Stunden fliesst es mit 11,1 Grad aus dem Brunnen beim Pumpwerk Schönau, da, wo sich die Aareschwimmer so gerne benetzen.

Das Wasser ist gut. Jetzt nimmt Bernhard Gyger doch noch einen Schluck.

[i] DER WASSERVERBUND

Der Wasserverbund Region Bern (WVRB) wurde 1974 gegründet und ist der grösste Wasserversorger im Kanton Bern. Er versorgt dreizehn Gemeinden mit Trinkwasser: Bern, Bolligen, Bremgarten, Frauenkappelen, Ittigen, Kehrsatz, Kirchlindach, Meikirch, Ostermundigen, Stettlen, Wohlen, Vechigen und Zollikofen. Das Wasser stammt vorwiegend aus den drei Grundwasserfassungen Kiesen, Belpau und Aeschau (siehe Haupttext). Zur Infrastruktur gehören weiter 20 Reservoirs und 220 Kilometer Wasserleitungen. Der WVRB beschäftigt 14 Angestellte, die meisten von ihnen sind Brunnenmeister.


Autor:in
Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 13.07.2016
Geändert: 13.07.2016
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