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Vincent und Lucien Praz: Zwei Brüder auf dem Weg an die Spitze

Die beiden Brüder Vincent und Lucien Praz aus Konolfingen fahren beide begeistert Ski. Nicht nur am Wochenende, nein, die beiden wollen im Weltcup mitfahren. Bei Lucien könnte dies diesen Winter erstmals gelingen. BERN-OST hat mit ihnen gesprochen.

Lucien und Vincent Praz im Training. (Foto: zvg)
Für Ski, Schuhe, Übernachtungen müssen pro Fahrer jedes Jahr 25'000 Franken privat bezahlt werden. (Foto: zvg)

«Seit er dreijährig ist, will Lucien Skirennfahrer werden», sagt seine Mutter Ursula Praz über ihn. Mit drei stand er erstmals auf den Ski, mit sieben fuhr er sein erstes Rennen. Sein jüngerer Bruder Vincent stand bereits als Zweijähriger auf den Ski und fuhr sein erstes Rennen mit fünf.

 

Die beiden standen am Montag den ganzen Tag auf den Ski. Vincent trainiert in Adelboden, Lucien am Schilthorn, «die Schneebedingungen sind gut», sagt er. Auf dem Schilthorn und in Adelboden wird sogenanntes Snowfarming betrieben. Man konserviert Schnee (aus dem letzten Winter) den Sommer hindurch. Damit wird dann eine Piste präpariert, worauf die Skifahrer trainieren können.

 

Heute stehen die beiden vor einer neuen Saison sowie vor dem Sprung auf die internationale Bühne. Wir haben mit den beiden Skitalenten über Schnee, Ausbildung und Weltcup gesprochen.

 

BERN-OST: Vincent Praz (16), wie ist es, auf Schnee aus dem letzten Jahr zu fahren?

Vincent Praz: Dadurch das der Schnee über den ganzen Sommer an einem Ort bleibt, wird es an einigen Stellen sehr hart und eisig, was für uns zum Trainieren top ist.

 

In welchen Disziplinen fährst du Rennen?

Slalom, Riesenslalom, Super-G und Abfahrt.

 

Wer ist dein Vorbild?

Lucas Braathen, weil er die Sache locker angeht und sehr stark fährt im Riesenslalom sowie im Slalom.

 

Wie oft trainierst du und wo?

Im Sommer mache ich drei bis bis Krafttrainings mit dem Athletiktrainer in Wimmis und Grosshöchstetten. Dazu kommen Ausdauer- und polysportive Trainings allein mit dem Rennvelo oder mit dem Team irgendwo.

 

Und auf den Ski?

Im Sommer und Herbst trainiere ich in Gletschercamps in Saas Fee und Stelvio (Italien) oder in der Skihalle in Peer (Belgien). Ab Oktober haben wir Trainings auf der Tschentenalp in Adelboden und auf dem Schilthorn auf Snowfarmingpisten. Danach trainieren wir in verschiedenen Skigebieten im Berner Oberland.

 

Du sammelst jetzt Geld, wozu?

Ich habe ein Crowdfunding Projekt auf die Plattform Lokalhelden.ch gestartet und suche Paten oder Gönner via Sporthilfe.

 

Das Ziel ist, einen Teil der Kosten einer FIS Saison zu decken, da geht es um Material, Athletiktrainer, Verbandsbeitrag, Trainingscamps und Übernachtungen während der Rennsaison.

 

Wann und wo findet dein erstes Rennen statt?

Die ersten FIS Rennen werden ab Ende November losgehen. Auf dem Programm stehen Riesenslalom und Slalom und die werden in Zinal im Wallis ausgetragen.

*****

Jetzt zum älteren Bruder Lucien Praz (19). Letzte Saison hattest du mit Verletzungen gekämpft – wie geht es dir heute?

Ende Januar habe ich mir leider das Schlüsselbein gebrochen. Nach der Operation fiel ich fünf Wochen aus und konnte erst im März wieder Rennen fahren, indem ich meine ersten Europacuprennen bestritt. Seither bin ich wieder voll einsatzfähig und konnte die Sommervorbereitung für die kommende Saison erfolgreich bestreiten.

 

Du bist jetzt im FIS-Kader, was heisst das?

Das bedeutet, dass ich mich international mit den besten Skifahrern der Welt messen kann. Für mich ist das aber nicht so neu wie für meinen Bruder, der heuer seine erste FIS-Saison bestreitet.

 

Sieht man dich bald bei den Skirennen im Fernsehen?

In diesem Winter werde ich sicher das eine oder andere Mal live zu sehen sein, zum Beispiel im Europacup. Aber bis ich offiziell im Schweizer Fernsehen zu sehen sein werde, dauert es realistischerweise noch ein bis zwei Jahre.

 

Wie schwierig ist es im Weltcup mitzufahren?

Man muss sich unter den Besten im eigenen Land etablieren können. Dafür muss man sich in den Rennserien - wie im Europacup oder in Amerika/Kanada - einen Weltcup-Startplatz erkämpfen.

 

Was fehlt dir noch zu diesem Schritt?

Konditionell und skitechnisch hat sich bei mir in den letzten Jahren viel getan. Jetzt muss ich dranbleiben und versuchen, mich Tag für Tag zu verbessern. Gepaart mit einer verletzungsfreien Saison werden wir sehen, was passiert.

 

Was passiert, wenn du es nicht in den Weltcup schaffst?

Diesen Sommer habe ich das Sportgymnasium an der Feusi Bern erfolgreich abgeschlossen. Mit der Matura stehen mir alle Türen offen. In Zukunft möchte ich auf jeden Fall studieren, ob in Form eines Fernstudiums kombiniert mit dem Skisport oder einem normalen Studium, werde ich nächsten Sommer entscheiden.

 

Auch du sammelst jetzt Geld, wozu?

Als Skirennläufer hat man einen hohen Aufwand. Vor allem die vielen Reisetage sind teuer. Deshalb bin ich auf der Suche nach einer Sporthilfe Patenschaft oder nach direkten Sponsoren.

 

Wie oft trainierst du pro Woche?

Schwer zu sagen. Sommertraining/Konditionstraining fünf bis sechs Mal pro Woche. Winter-/Schneetraining vier bis fünf Mal pro Woche.

 

Wann findet dein erstes Rennen statt?

Die ersten Rennen sind am 23. November in Zinal geplant, ein FIS-Riesenslalom. Ob es bei diesem milden Herbstwetter genügend Schnee hat, bleibt abzuwarten.

 

[i] Vincent und Lucien Praz sind beide Mitglied beim Berner Oberländischen Skiverband. Der Verband organisiert Trainer und übernimmt die Transportkosten. Für die Aufwendungen für das Ski-Material, die Unterkunft sowie Mentaltrainer, kommen die Eltern auf. Die jährlichen Kosten pro Athlet belaufen sich auf etwa 25'000 Franken.

 

[i] Unterstützung für Vincent Praz über lokalhelden.ch

 

[i] Unterstützung für Lucien Praz via seine Website

 

[i] Da beide Jungs tagsüber im Schnee trainierten, wurden beide Interviews per Email geführt.   

 

[i] Beim Snowfarming werden gegen Ende Winter an geeigneten Standorten im Freien mehrere Meter mächtige Haufen aus technischem Schnee produziert und mit einer Isolierschicht, z.B. Sägemehl oder Hackschnitzel, bedeckt. Diese isolierende Schicht schützt den darunterliegenden Schnee vor dem Schmelzen. Der so konservierte Schnee dient als Basis für die Präparation von Langlaufloipen, Skipisten oder Sprungschanzen am Anfang des Folgewinters. Snowfarming ermöglicht weitgehend einen wetterunabhängigen frühen Start in die Wintersaison oder Schneegarantie am Tag X für eine Sportveranstaltung. (Quelle: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL)


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 12.11.2024
Geändert: 12.11.2024
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