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Imkerin Heidi Baumgartner: "Ich bin nicht nur auf Honig aus"
Heute ist Weltbienentag. BERN-OST hat mit Imkerin Heidi Baumgartner aus Mirchel gesprochen. Sie prognostiziert für dieses Jahr eine reiche Obsternte durch den guten Bienenfrühling, erzählt, was sie ausser Honig von den Bienen erntet und wie den bedrohten Bienen geholfen werden kann.
BERN-OST: Heidi Baumgartner, wie geht es Ihren Bienen aktuell?
Es geht ihnen gut. Wir hatten einen ganz guten Frühling mit sehr gutem Wetter und vielen "Söiblumeme". Die Felder blieben lang stehen, somit fanden die Bienen viel Nahrung. Ich denke, es gibt einen guten Obstertrag dieses Jahr, weil dadurch auch die Bestäubung gut war.
Wie war das letzte Jahr?
Im Kanton Bern hatten gewisse Imker:innen sehr hohe Verluste von Bienenvölkern. Ich hatte eine gute Überwinterung. Da ist schön, weil es jetzt so ein guter Frühling ist.
Wie viele Völker haben Sie?
Im Sommer sind es 40 bis 50 Völker. Ich habe mehrere Bienenstände im Kanton verteilt.
Das gibt sicher zu tun.
Das Imkern ist kein Hobby mehr. Das Bike kann man mal hinstellen und wenn man Zeit hat, kann man es wieder nehmen. Beim Imkern geht das nicht. Da sind lebende Tiere. Das Imkern ist aber auch kein Beruf, weil man kaum Geld damit verdient. Ich sage immer, es ist eine Berufung. Ich bin im Moment jeden Morgen bei den Bienen.
Wieviel Honig ernten Sie pro Jahr?
Letztes Jahr gab es fast kein Honig, nur 100 bis 200 Kilo. Aber manche Imker:innen sagen: "Wir sprechen nicht über den Honigertrag." Die Priorität ist, dass die Bienen gesund sind. Die Wachsernte ist mir auch wichtig. Der Bienenwachs nimmt Rückstände, also Umweltgifte auf. Es ist für mich ganz wichtig, dass ich meinen eigenen Wachskreislauf habe. So kann ich den alten Wachs aussortieren - und damit die Rückstände. Den Jungvölkern kann ich so selber neue Mittelwände geben. Das sind Wachsplatten, auf denen die Bienen ihre Waben anlegen. Mit Bienenwachs stelle ich auch Produkte her.
Auch die Pollenernte ist mir wichtig. Es gibt heuer wohl 20 bis 30 Kilo. Die Pollen werden als Nahrungsergänzung gebraucht. Sie sind das Eiweiss der Pflanzen und enthalten Vitamine und Mineralstoffe. Man kann täglich ein bis zwei Löffelchen davon einnehmen. Die Pollen sind die "Hösli" der Bienen. Man legt ein Gitter in den Bienenstock, durch welches sie durchschlüpfen und dabei einen Teil der Pollen abstreifen. Was sie reinnehmen, reicht ihnen aber noch für sich selber. Und jetzt haben sie viel zu viel. Ich ernte die Pollen noch bis Ende Mai.
Ich ernte zudem Propolis. Das ist Kittharz, das die Bienen sammeln, um den ganzen Bienenkasten auszukleiden, Spältchen zu korrigieren und um alles sauber zu halten. Man sammelt die Propolis mit einem Gitter, welches man oben in den Bienenkasten legt. Das verkitten sie dann. Die Propolis ist ein natürliches Antibiotika. Wir Imker:innen dürfen es nur zur äusseren Anwendung anbieten. Zum Beispiel bei Fieberbläschen und zur Mundpflege. Ich mache aus der Propolis einen Alkoholauszug.
Ich bin also nicht nur auf die Honigernte aus, sondern lasse einen gewissen Teil beim Volk, damit die Bienen gesund bleiben.
Heute ist Weltbienentag: Dabei geht es auch um die Wildbienen. Die Leute stellen Wildbienenhotels auf und pflanzen Bienenwiesen. Reicht das, um die bedrohten Insekten zu retten?
Das ist super, wenn die Leute Gutes für die Bienen tun. Man hört immer wieder, dass die Honigbienen die Wildbienen vertreiben. Grundproblem ist meiner Meinung nach aber, dass wir ein schlechtes Nahrungsangebot haben. Im Emmental kommt das jetzt, wo die Blüte der Apfelbäume, des Löwenzahns und des Raps durch ist. Jetzt geht’s länger, bis es für die Bienen wieder Nahrung gibt. Wir haben 620 verschiedene Arten von Wildbienen, wovon die Hälfte auf der roten Liste stehen, also gefährdet sind. Das mit dem Vertreiben ist nicht das Problem. Die Wildbienen gingen erst in den letzten Jahren zurück. Im Emmental hatte es früher zudem viel mehr Honigbienen als heute. Es ist also super, wenn man wieder schaut, dass das Nahrungsangebot divers ist. Es geht also um die Biodiversität. Die Wildbienen leben alleine. Wenn sie das Blümchen, das sie brauchen, nicht mehr haben, sind sie weg. Die Honigbiene kann sich auffangen, weil sie im Volk lebt. Sie hat zudem mit den Imker:innen eine Vertretung, die ihr zufüttern kann. Die Honigbiene ist immer der Gradmesser der Natur, weil wir immer sehen, wie es ihr geht. Den Wildbienen geht noch schlechter als den Honigbienen.
Ich setze mich auch bei den Pestiziden stark ein. Mindestens ein Verbot für den Hausgebrauch sollte kommen. Den Garten kann man verwildern lassen, Ecken mit etwas Sand und Holz einrichten. Dann kommen die Insekten wieder zurück. Ameisenbekämpfungsmittel ist zum Beispiel ein Insektizid. Es wäre gut, wenn man eine andere Lösung finden würde.
Ein Lösungsansatz ist auch, wieder Früchte zu essen, die Früchte sind und nicht Früchte, die aus der Maschine kommen. Die Hälfte der Pestizide, die eingesetzt werden, braucht es, damit ein Apfel schön aussieht. Wir sollten auch mal einen Apfel mit einem Fleckchen essen. Und Lebensmittel in Bio-Qualität.
Die biodiversen Blühstreifen in der Landschaft sind übrigens sehr wichtig für uns. Es ist wunderbar, wenn die Bienen dort viel Nahrung finden. Ich motiviere die Leute auch immer, Gemüse blühen zu lassen. Blühende Kräuter sind auch gut. Da haben auch die Menschen etwas davon.
[i] Heidi Baumgartner imkert seit 13 Jahren. Seit 2020 ist sie eidgenössisch diplomierte Imkerin. Sie wohnt in Mirchel, wo sie auch ein kleines Imkerlädeli mit ihren Produkten betreibt. Auf nächstes Jahr will sie auf Bio-Imkern umstellen. Das Label Bio betrifft in dem Fall die Arbeitsweise und nicht, wo die Bienen ihren Honig holen. Beim Bio-Imkern achtet man zum Beispiel auf einen eigenen Wachskreislauf und muss den viel teureren Bio-Zucker verwenden, damit die Bienen eine möglichst gesunde Ernährung haben.
[i] Der Weltbienentag wird von der UN ausgerufen und findet seit 2018 jeweils am 20. Mai statt.
[i] Honig aus der Region und Tipps für den Bienenschutz finden Sie unter swisshoney.ch.
Erstellt:
20.05.2022
Geändert: 20.05.2022
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