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Drama in sechs Akten: Wirren um SP-Nachfolge in Oberdiessbach

Thomas Friedli von der GLP wird ab April in den Gemeinderat von Oberdiessbach nachrutschen. Das hat Christoph Kaufmann von der OML-Liste gegenüber BERN-OST bestätigt. Bis es soweit war, mussten einige Hürden genommen werden. Ein Drama in sechs Akten, welches zeigt, auch in der Lokalpolitik laufen Absprachen. Warum am Ende Friedli Ja sagen musste, zeigt diese BERN-OST Recherche.

Da lachten noch alle, die OML-Gemeinderatsliste vom Herbst 2021: Von links unten: Markus Arnet, Sandro Arnet, Reto Schneider und Ulrich Hugi. Dahinter: Thomas Friedli, Anita Aebersold und Lena-Maria Friedli. (zvg)
Thomas Friedli von der GLP sagte erst ab und danach zu. Ab April sitzt er im Gemeinderat. (Foto: zvg)
Christoph Kaufmann wollte, aber konnte nicht nachrutschen. (Foto: zvg)
Reto Schneider wollte, aber durfte nicht nachrutschen. (Foto: zvg)
Gemeinderat Ulrich Hugi (parteilos) gab 11. Dezember seinen Rücktritt bekannt. (Foto: zvg)
SP-Co-Präsient Christoph Joss: "Wir sind im Gespräch mit einzelnen Leuten, die sich das nun überlegen." (Foto: zvg)

Es begann Ende Dezember. Ulrich Hugi, parteiloser Gemeinderat in Oberdiessbach gab bekannt, dass er auf Ende März von seinem Amt zurücktritt. Hugi wurde im Herbst 2021 gewählt. Er holte das beste Resultat auf der OML-Liste, der Liste mit dem sperrigen Namen Oberdiessbach-Mitte-Links, ein Bündnis zwischen der SP und den Grünliberalen. Nach Hugis Rücktritt sagte Christoph Joss, SP-Co-Präsident in Oberdiessbach gegenüber BERN-OST: "Wir sind im Gespräch mit einzelnen Leuten, die sich das nun überlegen." Soweit alles klar. Doch es kam anders.

 

1. Akt – Wer darf nachfolgen?

Normalerweise rutscht bei einem Rücktritt die Person nach, welche bei der Wahl am zweitmeisten Stimmen geholt hat. Auf der OML-Liste war das Thomas Friedli, Mitglied der Grünliberalen. Im Dezember hiess es, Friedli werde wohl nicht nachrutschen, da er geschäftlich viel in Deutschland zu tun habe.

 

SP-Chef Joss wusste dies und fragte jemanden an, der gar nicht auf der OML-Liste kandidierte, den parteilosen Christoph Kaufmann. Kaufmann wurde bei den letzten Wahlen von der OML-Liste in die Kommission für Tiefbau gewählt. Kaufmann antwortete, er werde sich dies überlegen.

 

2. Akt – Der neue Kandidat

Kaufmann war Joss’ Wunschkandidat, ein junger Wirtschaftsingenieur, der neu in Oberdiessbach zugezogen war. Joss’ Problem war: Wie kriegt er Kaufmann bloss in den Gemeinderat? Bei der Wahl 2021 erhielt Lena-Maria Friedli (GLP) am drittmeisten Stimmen, hinter ihr, Sandro Arnet, dann Markus Arnet. Lena-Maria Friedli wollte nicht nachrutschen.

 

Sie ist derzeit im dritten Lehrjahr und hat keine Zeit. Auch Sandro und Markus Arnet sagten ab, weil beide von Oberdiessbach wegziehen. Und jetzt kommen wir zu Joss’ Problem. Der nächste auf der Liste, wollte Gemeinderat werden, aber die SP-Leitung will ihn nicht: Reto Schneider.

 

3. Akt – der unerwünschte Kandidat

Schneider kandidierte bereits zum zweiten Mal auf der SP-Liste. Im Oberdiessbacher Wahlherbst kriegte er nur einen der hinteren Listenplätze. Schneider war damals SP-Mitglied, notabene das einzige auf der OML-Liste. Es gab Reibereien rund um die Wahlen, worauf Schneider nach den Wahlen beschloss, die Partei zu verlassen. Bei der SP war man erleichtert, doch jetzt, im Frühjahr 2023, meldet Schneider seinen Anspruch auf den freien Sitz im Gemeinderat.

 

4. Akt – Der Plan

Dass Schneider nicht der Wunschkandidat war, ist verständlich. Reto Schneider hatte die SP und das Bündnis verlassen. Meistens verlaufen solche Austritte nicht harmonisch. Deshalb versuchten jetzt Kollegen von der OML-Liste Reto Schneider dazuzubringen, auf den Sitz zu verzichten. Thomas Friedli soll Schneider gesagt haben, wenn sie beide verzichten würden, dann könnte Christoph Kaufmann in den Gemeinderat einziehen. Friedli war bereit dazu, Schneider nicht. Die OML-Leitung versuchte es mit einem Buebetrickli.

 

5. Akt – Das Buebetrickli

Als Schneider aus der SP austrat, verschickte er ein Mail an die SP-Leitung, sinngemäss schrieb er: "Ich verlasse die SP und die OML und wünsche euch für die Zukunft alles Gute." Mit diesem Mail versuchten nun die SP-Oberen den Gemeinderat von Oberdiessbach zu überzeugen, dass Schneider verzichtet und Kaufmann nachrutschen kann. Da aber Kaufmann vom Volk nie für den Gemeinderat Stimmen erhielt, ging der Gemeinderat nicht darauf ein. Er fiel nicht auf das Buebetrickli rein, worauf die OML den Antrag zurückzog. Dies bestätigte Gemeindeschreiber Oliver Zbinden gegenüber BERN-OST.

 

6. Akt – Der letzte Ausweg

Nun hatte die SP ein Problem. Die SP und die OML wollen Reto Schneider nicht und Thomas Friedli, wollte nicht Gemeinderat werden. Aber jetzt musste er, weil nur so konnte die OML den Gemeinderatssitz halten. Wenn Friedli zusagt, kommt es für die OML gut. Friedli ist berechtigt, Joss aus dem Schneider und die SP hat einen Nachfolger für Ulrich Hugi.

 

Ende gut, alles…

So kam es dann auch. Thomas Friedli (GLP) wird die OML im Gemeinderat vertreten. "Er freut sich auf das Amt", sagt Christoph Kaufmann von OML. Im April wird Friedli das Amt übernehmen.

 

[i] Für Markus Arnet, der von Oberdiessbach wegzieht, schlägt OML Kaja Vela (parteilos) vor für die Finanzkommission. Friedli und Vela müssen an der Gemeinderatssitzung vom 8. März noch bestätigt werden.

 

[i] Bei den Wahlen 2021 verteilten sich die Stimmen auf er OML-Liste folgendermassen. Die OML-Liste holte damit einen Sitz im 7er Gemeinderat:

Ulrich Hugi (parteilos) 297 Stimmen

Thomas Friedli (GLP) 254 Stimmen

Lena-Maria Friedli (GLP) 215 Stimmen

Sandro Arnet (Juso) 201 Stimmen

Markus Arnet (parteilos) 200 Stimmen

Reto Schneider (SP) 198 Stimmen

Anita Aebersold (parteilos) 182 Stimmen


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 14.02.2023
Geändert: 14.02.2023
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