• Region

Worb: Grüne Inseln gegen Hitzestaus

Betonflächen sollen aufgerissen und begrünt werden: Das fordert die SP+Grüne-Fraktion Worb in einem Postulat. «Damit könnten Hitzestaus vermieden und die Lebensqualität verbessert werden.» Ob das nötig ist oder Luxus? Nach einer Kürzestdiskussion im Grossen Gemeinderat war die Frage geklärt.

Öffentliche Plätze entsiegeln: Grüne Inseln helfen gegen Hitzestau. (Foto: pixabay.com)

In der Schweiz war diesen Sommer noch nicht viel zu spüren von Hitzewellen. Aber in Südeuropa stöhnen die Menschen unter Temperaturen von über 40 Grad. Besonders in Städten mit Steinhäusern und asphaltierten Strassen und Plätzen staut sich die Hitze im Sommer oft bis ins Unerträgliche.

 

Überbaute Zentren bis zu 10 Grad wärmer

Das besorgt die SP+Grüne-Fraktion Worb. «In überbauten Zentren kann die Temperatur bis zu 10 Grad wärmer sein als in der ländlichen Umgebung, weil versiegelte Flächen Hitze stark absorbieren und in der Nacht nicht richtig abkühlen.» So schreiben sie im Postulat mit dem Titel «Begrünung öffentlicher Flächen», das sie dem Worber Gemeinderat einreichten.

 

Ein Entsiegelungsplan soll vorantreiben

SP+Grüne verlangen darin: Öffentliche versiegelte Flächen wie asphaltierte Strassen, Parkplätze und Freiflächen sollen aufgebrochen werden, «entsiegelt». Und zwar gezielt, mit einem Entsiegelungsplan, den die Gemeinde ausarbeitet. Ausserdem soll auf einer Zeitlinie mit Meilensteinen festgelegt werden, wie diese Entsiegelung umgesetzt werden soll. «Damit können die Entsiegelung und Begrünung aktiv und koordiniert vorangetrieben werden.»

 

Schulstrasse mit Grüninseln…

Der Gemeinderat teilte in seiner Stellungnahme mit: «Der Gemeinderat anerkennt den Handlungsbedarf bezüglich Hitzeminderung, insbesondere in den Dorfzentren von Worb und Rüfenacht.» Und weiter: «Die Schulhausstrasse wurde im Sinne des Schwammstadt-Gedankens mit Grüninseln, welche direkt durch das Strassenwasser befeuchtet werden, umgesetzt.»

 

…und Bäume in der Hinterhausstrasse

Ausserdem seien mit der Sanierung der Hinterhausstrasse deutlich mehr Bäume im Strassenraum geplant. «Auch die neuen Überbauungen im Zentrum von Rüfenacht sind im Aussenraum von viel Grün mit Bäumen und Büschen geprägt.» Das klingt vielversprechend.

 

Kühlungseffekt gegenüber Nutzbarkeit

Aber ganz einfach scheint das Vorhaben dennoch nicht zu sein: «Bei der Entsiegelung von öffentlichen Hartbelagsflächen muss immer eine Abwägung zwischen dem angestrebten Kühlungseffekt und der Nutzbarkeit der Flächen für bestimmte Zwecke, welche im öffentlichen Interesse stehen, getroffen werden», gibt der Gemeinderat in der Stellungnahme zu bedenken. «Ebenso ist auf die Umsetzbarkeit von Unterhaltsarbeiten, wie zum Beispiel der Einsetzbarkeit einer Wischmaschine, zu achten.»

 

«Zeichen der Zeit erkannt»…

Ob das Postulat als erheblich erklärt werden soll, rief im Grossen Gemeinderat eine Kürzestdiskussion hervor: Rolf Maurer (SP) zeigte sich «zwar etwas verwirrt» über die Antwort des Gemeinderats: «Es sind viele Argumente dagegen aufgeführt», fand er. Aber: Der Gemeinderat habe das Postulat dennoch als erheblich erklärt, darüber sei er sehr erfreut: «Das heisst, man hat die Zeichen der Zeit erkannt.»

 

…oder «Faulheit und Luxusanforderung»?

Markus Bigler (SVP) hingegen plädierte klar, das Postulat als nicht erheblich zu erklärten. Er zeigte sich seinerseits «erfreut zu hören, dass unterbaute Flächen schlecht begrünbar sind»: Er fand, von Worb aus sei man in kurzer Zeit im Naherholungsgebiet und im Wald. «Das ist Bequemlichkeit und Faulheit und eine Luxusanforderung, wenn man nicht ein paar Schritte gehen mag.»

 

Egal, es passt zum Projekt «Klimagarten»…

Sein Votum mochte offensichtlich nicht zu überzeugen: Feuchtkalter Sommer hin oder her, das Postulat wurde als erheblich erklärt. Und das passt gut zu den Plänen der Gemeinde, denn der Gemeinderat hat dem Projekt «Klimagarten» des Departements Umwelt zugestimmt.

 

…und zu heisse öffentliche Flächen werden begrünt

«Es wird in den Jahren 2024-26 geplant und umgesetzt», schreibt der Gemeinderat in seiner Stellungnahme. Teil dieses Projektes sei es auch, zu heisse öffentliche Flächen zu begrünen. Da passt das Postulat offenbar nahtlos hinein: «Ein Entsiegelungsplan kann als Ergänzung dieses Projektes erstellt werden.»

 

[i] Grün gegen Hitzestaus: Spanien leidet seit Jahren unter Hitze und Dürre, die Regierung sucht intensiv nach Möglichkeiten, den Hitzestau vor allem in Städten zu vermeiden. Welch enorme Wirkung Begrünung sogar im Kleinsten haben kann, fand ein Forscher in Santiago de Compostela per Zufall heraus. Und Barcelona hat sogar einen Tree Master Plan entwickelt, um das städtische Mikroklima zu verbessern.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 11.07.2024
Geändert: 11.07.2024
Klicks heute:
Klicks total: