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Worb: Im Buchladen kann vorderhand weitergeschmökert werden

Lange war ungewiss, wie es mit dem Buchladen Schmökerei in Worb weitergeht: Zu wenig Kundschaft, zu viel Konkurrenz, vor allem aber rabiate Rückzahlungsbedingungen für den Corona-Kredit – das Geschäft war in seiner Existenz bedroht. Inzwischen kann Inhaberin Anna Christen aufatmen: Dank finanzieller Unterstützung von begeisterten Kundinnen und Kunden kann sie die Buchhandlung weiterführen. Vorerst.

Anna Christen freut sich: Ihre Buchhandlung und Papeterie «Zur Schmökerei» überlebt bis auf weiteres. (Foto: cw/zvg)
So ist die Geschichte des Überlebens auf einem Plakat neben dem Eingang zu lesen.

Die Gründe für die Krise in der Buchhandlung Schmökerei in Worb waren vielfältig: Stetige Teuerung beim Einkauf, happige Mehrkosten für Wasser und Strom, vorübergehend die Konkurrenz durch das Pop-Up-Geschäft Papeterie Brodmann an der Bahnhofstrasse – und über allem noch der Corona-Kredit, auf den quasi über Nacht und einige Tage rückwirkend Zinsen erhoben wurden. «Es war ein Potpourri aus Gründen», erklärt Anna Christen, Inhaberin der Schmökerei.

 

Alte und neue Kundschaft gewinnen…

Nach vielen Wochen des Bangens konnten sie und ihr Team anfangs 2025 endlich aufatmen: Es geht weiter. Wie sie das geschafft haben, ist unter anderem auf dem Plakat neben der Eingangstür zu lesen, im Gespräch erklärt Anna Christen das so: «Gegen eine Schwierigkeit konnten wir aktiv vorgehen: Wir haben uns darangemacht, ehemalige Kundschaft wiederzugewinnen und zusätzlich neue zu gewinnen.» Weil Online-Handel und Grosslieferanten die Buchhandlungen stark konkurrenzieren, können sich diese nicht nur auf ihre Privatkundschaft verlassen, sondern müssen Institutionen für sich gewinnen.

 

…unter anderem auch Grosskundschaft

Das haben Anna Christen und ihr Team schwungvoll angepackt und sämtliche Schulen, Bibliotheken, Gemeindeverwaltungen und Firmen aus der Region angeschrieben. So hätten sie sich mittlerweile schon einen soliden Stamm an Grosskund:innen schaffen können, sagt die Buchhändlerin, die in Bern auch die Buchhandlung Klamauk führt.

 

Den Corona-Kredit abstrampeln…

Gegen eine andere Schwierigkeit hingegen konnten sie aktiv nicht viel ausrichten: Ein Corona-Kredit über 60'000 Franken, der nach dem CS-Debakel rückwirkend verzinst werden muss, belastete das Budget hart. «Wir müssen über sechs Jahre hinweg je 10'000 Franken rückzahlen», erklärt Anna Christen. Bei einer Gewinnmarge im Buchhandel von 30 Prozent heisse das, dass jährlich zusätzliche 30'000 Franken Umsatz hereinkommen müssen – kein Pappenstiel.

 

…mit privater Unterstützung

Das bewog sie und ihr Team, dennoch auf ein Angebot zurückzugreifen, das sie zu Beginn vehement abgelehnt hatten: «Schon bei den ersten Anzeichen des Kriselns haben Kund:innen spontan angeboten, die Buchhandlung durch private Spenden zu unterstützen», erzählt Christen. «Das allerdings wollten wir anfangs auf gar keinen Fall annehmen, weil wir das komisch gefunden hätten.» Mit der Zeit begannen sie die Frage dann aber doch intensiv zu diskutieren. Und sie kamen zum Schluss: «An sich möchten wir nicht. Aber in diesem speziellen Fall...»

 

«So tolle spontane Reaktionen»

Das Team beschloss, die angebotene Hilfe für genau diesen Zweck – Rückzahlung des Corona-Kredits – anzunehmen. «Es ist so toll, all die spontanen Reaktionen auf unseren Hilferuf», sagt Christen heute. Beträge von zehn Franken, aber auch solche bis hinauf zu 1500 Franken trudelten ein, und diese Unterstützung zeigte, dass der Entscheid richtig war, den sie kurz zuvor mutig gefasst hatten: «Wir schaffen es, die Schmökerei bleibt geöffnet.» Für ein definitives Aufatmen reicht es allerdings nicht: Wie es weiterläuft, hängt auch von der Kundschaft ab.

 

Neues Sortiment gegen Frühjahrsflaute

«Im März und April sind die kritischen Momente im Jahr», weiss Anna Christen aus Erfahrung: «Dann ist noch weit und breit kein Schulanfang in Sicht, und es zieht die Leute ins Freie – schlechte Zeiten für den Buchhandel.» Der Hoffnungsschimmer: Ostern liege gut dieses Jahr, und sie hat schon zahlreiche Ideen, um ihr Sortiment anzupassen – alle Neuerscheinungen bei den Büchern zum einen, aber auch neue Geschenkboxen oder lokale Postkarten für die Papeterieabteilung.

 

Zehn-Jahres-Jubiläum – und noch viel länger

Damit hat sie für den Moment unternommen, was machbar ist. Alles andere muss sich im Lauf des Jahres weisen. Anna Christen hofft, dass sie nicht nur im August das Zehn-Jahres-Jubiläum feiern kann, sondern dass die Schmökerei auch danach noch lange in Worb bestehen kann.

 

[i] Buchhandlung und Papeterie «Zur Schmökerei», Bahnhofplatz 1, 3076 Worb, Tel: 031 839 03 54


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 18.02.2025
Geändert: 18.02.2025
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